Anhaltende politische und wirtschaftliche Krisen rund um den Globus erschweren den Außenhandel für die Südwestwirtschaft. In der Umfrage „Going International“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gibt mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen an, 2015 eine Zunahme von Handelshemmnissen erlebt zu haben. An der jährlich durchgeführten Befragung haben sich im Frühjahr 2016 218 Betriebe in Baden-Württemberg und rund 2.000 Unternehmen bundesweit beteiligt.
Verstärkte Sicherheits- und lokale Zertifizierungsanforderungen werden bei der Hälfte der Befragten, die gestiegene Handelshemmnisse beklagen, als größte Handelsbarrieren empfunden. Besonders zu schaffen machen den Unternehmen in Baden-Württemberg die Auswirkungen von Krisen und Sanktionen in Ost- und Südosteuropa, Russland und der Türkei. Die Geschäftsbeziehungen zu diesen Ländern beurteilen die Unternehmen in der Umfrage demzufolge als sehr schlecht. „Der Außenhandel trägt bei vielen Unternehmen jedoch nach wie vor einen wesentlichen Beitrag zum Gesamtumsatz bei“, sagt Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und Federführer Außenwirtschaft im Baden-Württembergischen Industrie und Handelskammertag (BWIHK). Über ein Drittel der an der Befragung teilnehmenden auslandsaktiven Betriebe in Baden-Württemberg erzielen zwischen 60 und 100 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit dem Auslandsgeschäft. Etwa 60 Prozent der Befragten beschäftigen Mitarbeiter im Ausland – mit steigender Tendenz; im Jahr 2015 waren es vier Prozentpunkte und in 2014 sogar acht Prozentpunkte weniger. Die Anzahl der im Ausland tätigen Mitarbeiter ist jedoch im Verhältnis zu den gesamten Belegschaften eher gering. Laut Richter ein Zeichen für die anhaltende Standorttreue der Unternehmen. Bei den Formen des Auslandsengagements der Unternehmen im Südwesten liegt der Export mit etwas mehr als 90 Prozent vorne, gefolgt von Tochterunternehmen oder Niederlassungen mit rund 43 Prozent. Auf Rang drei steht die Hilfe selbständiger Kooperationspartner mit knapp 33 Prozent. Repräsentanzen oder Vertriebsbüros unterhalten etwa 26 Prozent der Betriebe, rund 23 Prozent importieren nach Deutschland zum Verkauf. Die Eurozone ist für 93 Prozent der Befragten die wichtigste Handelsregion. Es folgen sonstige EU-Staaten, die Schweiz und Norwegen (67 Prozent). Auch mit Nordamerika (knapp 47 Prozent) und China (43 Prozent) unterhalten die baden-württembergischen Unternehmen rege Geschäftsbeziehungen. Die Geschäftssituation in der Eurozone bewerten die meisten Unternehmen positiv. Auch Nordamerika, sonstige EU-Mitgliedsstaaten, Schweiz und Norwegen schneiden gut ab. Bei China halten sich positive und negative Stimmen die Waage. Sorgen bereitet der Wirtschaft das dortige nachlassende Wirtschaftswachstum. Mit einer stärker auf den Binnenmarkt ausgerichteten Volkswirtschaft steht der Export nicht mehr so stark im Fokus der chinesischen Politik wie bisher. Folgen sind Exporteinbrüche, Wachstumsabschwung, Turbulenzen an den Aktienmärkten sowie Abwertung der chinesischen Währung. Die aktuellen Geschäftsbeziehungen zu Afrika, Nah- und Mittelost und Lateinamerika bewerten die baden-württembergischen Unternehmen allesamt negativ. Positive Geschäftsbeziehungen erwarten die Unternehmen zukünftig vor allem vom Nordamerikanischen Raum, der Euro-Zone und der sonstigen EU, Schweiz und Norwegen. Noch im vergangenen Jahr wurde Europa nur auf Rang sechs der Zukunftsmärkte gesehen. Die Region Asien/Pazifik fällt von Platz eins zurück auf Rang vier. China wird sogar insgesamt leicht negativ bewertet. Richter: „Wenn wir trotz der Dynamik in Asien weltweit weiter vorne mitspielen wollen, brauchen wir verlässliche Partner.“ Eine Einigung mit Abschluss bei den Verhandlungen über ein Investitions- und Handelsabkommen mit den USA (TTIP) ist daher aus Sicht des BWIHK unabdingbar für erfolgreiche US-Geschäfte. „Handelsabkommen sorgen immer für einen besseren Marktzugang. Dabei geht es nicht nur darum, Zollkosten zu reduzieren. Speziell mit den USA, dem wichtigsten baden-württembergischen Handelspartner, geht es um den regulativen Bereich, die technischen Zulassungen, die heute in den USA notwendig sind und bei den Unternehmen aktuell hohe Kosten verursachen“, so Richter weiter. Baden-württembergische Unternehmen schicken mehr als ein Zehntel ihrer Exporte in die Vereinigten Staaten. In der Umfrage beurteilen fast 60 Prozent der Unternehmen den Abbau nicht tarifärer Handelshemmnisse wie Doppelzertifizierungen oder doppelte Konformitätsprüfungen als sehr wichtig. An zweiter Stelle stehen mit 56 Prozent einfache Ursprungsregeln, die der Systematik bestehender EU-Abkommen entsprechen. Eine einfachere und transparentere Zollabwicklung wäre für 53 Prozent der Unternehmen sehr wichtig, ebenso wie der Abbau von Zöllen. Von einer mittelstandsfreundlichen Ausrichtung von TTIP ohne Absenkung europäischer Standards würde laut Richter der deutsch-amerikanischen Handel von Waren und Dienstleistungen langfristig profitieren. Weitere Presseinformationen finden Sie unter http://www.bw.ihk.de/veroeffentlichungen/pressemitteilungen
PM