– 3.873 Beschäftigung schaffende Maßnahmen für 71.667Langzeitarbeitslose sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein
– Wer seine Arbeitslosigkeit beendet, geht nicht unbedingt in eine Erwerbstätigkeit
Heute hat die Agentur für Arbeit die aktuellen Arbeitslosenzahlen bekannt gegeben und die positive Arbeitslosenquote gegenüber anderen Bundesländern unterstrichen. Wir lenken den Blick auf Zahlen, die die Probleme des Arbeitsmarkts in Baden-Württemberg zeigen:
Die Zahl der Arbeitslosen ist im März nur geringfügig um 4.385 Personen oder 1,8 % gesunken. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist mit einem Plus von 189 Personen eine Stagnation feststellbar, der Abbau der Arbeitslosigkeit kommt also nicht voran. Dass die Arbeitslosenquote gegenüber dem März 2015 um 0,1 % gesunken ist, liegt am Anstieg der Beschäftigtenzahlen und nicht am Sinken der Arbeitslosenzahlen. Die Diakonie weist regelmäßig darauf hin, dass sich eine positive Arbeitsmarktentwicklung fast nur bei den Kurzzeitarbeitslosen im SGB III feststellen lässt, während bei den Langzeitarbeitslosen und im SGB II kaum noch positive Veränderungen zu erkennen sind. Aktuell steigt die Arbeitslosigkeit im Rechtskreis des SGB II sogar, während sie im SGB III zurückgeht. Zusätzlich verschlechtert sich im Jahresverlauf deutlich die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit für Langzeitarbeitslose und im SGB-II-Bereich. Sie liegt jetzt bei 565 Tagen und damit um 10 Tage über dem März 2015. Der Anteil der Hartz-IV-Empfänger an den Arbeitslosen beträgt aktuell 57,5 % und ist sowohl gegenüber dem Vorjahresmonat, wie auch im Jahresverlauf gestiegen.
- Die Gesamtzahl der Beschäftigten (Januar 2016) ist gegenüber dem Vorjahr um 103.800 (plus 2,4 Prozent) auf 4.405.200 gestiegen. Dass gleichzeitig die Arbeitslosigkeit nur um 896 Personen abgenommen hat zeigt, dass die Arbeitsmarktentwicklung an den Arbeitslosen vorbei geht. Die Arbeitslosenquote sinkt wegen der steigenden Beschäftigtenzahl und nicht wegen der sinkenden Arbeitslosenzahl.
- Der relative Anteil der Hartz-IV-Bezieher (SGB II) ist gegenüber dem Vormonat auf 57,5 % gestiegen. Die absolute Zahl der SGB-II-Arbeitslosen beträgt jetzt 134.455 und ist im Februar um 202 Personen oder 0,2 %, gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um 1.853 Personen oder 1,4% deutlich gestiegen.
- 71.667 Personen oder 30,6 % aller Arbeitslosen sind länger als ein Jahr arbeitslos, das sind gegenüber dem letzten Monat nur 378 Personen und gegenüber dem Vorjahresmonat nur 405 Personen weniger.
- Betroffen von Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem Arbeitslosengeld-II-Bezieher, sie sind an der Arbeitslosigkeit mit 57,5 %, an der Langzeitarbeitslosigkeit aber mit 84,5 % beteiligt.
- Die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit beträgt für SGB-II-Arbeitslose 565 Tage – zwei Tage weniger als im Vormonat, aber 10 Tage mehr gegenüber dem Vorjahresmonat. Demgegenüber beträgt die Dauer der Arbeitslosigkeit im SGB III nur durchschnittlich 177 Tage und ist gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um 10 Tage gesunken.
- Der Bericht der Arbeitsagentur weist aus, dass zwar im Februar 62.231 Personen ihre Arbeitslosigkeit beendeten, dabei konnten aber nur 21.648 Personen aus der Arbeitslosigkeit in eine Erwerbstätigkeit übergehen.
- Nur 18,8 % derjenigen, die aus dem SGB II heraus ihre Arbeitslosigkeit beendeten, konnten auch eine Erwerbstätigkeit beginnen; von den SGB-III-Empfängern, die aus der Arbeitslosigkeit abgingen, waren das immerhin 47,2 %.
- Der Bestand an offenen Stellen beträgt 89.053, womit auf jede gemeldete offene Stelle immer noch ungefähr 3 Arbeitslose kommen.
- Die Zahl der Beschäftigung schaffenden Maßnahmen hat sich gegenüber dem Vormonat praktisch nicht geändert, gegenüber dem Vorjahresmonat ist sie erneut um 1.079 auf jetzt nur noch 3.873 Plätze reduziert worden.
Mittlerweile fordert die Bundesagentur selber, dass das SGB II besser für die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen ausgerichtet und ausgestattet werden muss (gemeinsame Presseerklärung mit Städte- und Landkreistag vom 29.02.2016), und bereits im Februar 2014 hatte die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur geschätzt, dass bis zu 25.000 Arbeitslose kaum noch Chancen auf eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt haben. Durch die nach Deutschland geflohenen Menschen wird diese Zahl noch erheblich wachsen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung muss jetzt genutzt werden, um diesen Menschen durch eine qualifizierte öffentlich geförderte Beschäftigung die Teilhabe an Arbeit zu ermöglichen und eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen.
Fachwissenschaftler weisen darauf hin, dass das Leitbild des Forderns und der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik gegen das einer befähigenden Arbeitsmarktpolitik getauscht werden muss, die nicht an den Defiziten und Vermittlungshemmnissen, sondern an der Lebenssituation und den Fähigkeiten der Menschen ansetzt, die auf Teilhabe an Arbeit und an der Gesellschaft ausgerichtet ist. Es zeigt sich immer deutlicher, dass Langzeitarbeitslose und ihre Familien ohne öffentlich geförderte Beschäftigung keine Chance mehr zur Teilhabe und zur Integration in Arbeit bekommen. Die Diakonie fordert dies seit langem und hat mit dem Passiv-Aktiv-Transfers ein realistisches Finanzierungskonzept vorgelegt, während die Bundesregierung trotz positiver wirtschaftlicher Rahmenbedingungen die Möglichkeit zu Handeln verpasst.
Weitere Hinweise unter:
http://www.initiative-pro-arbeit.de/
http://www.o-ton-arbeitsmarkt.de/
PM