Grüne und Bauern kommen sich näher, zumindest was die langfristigen Ziele anbelangt

Die Lage der Landwirte sind nicht nur im Landkreis Göppingen prekär, die Erlöse gehen wegen der anhaltenden Überproduktion in Europa immer weiter zurück, gleichzeitig steigen die Produktionskosten nicht zuletzt wegen immer neuer Auflagen. Ausgleichzahlungen der Politik reichen nicht aus, die Kosten der Auflagen auszugleichen, Landwirte, die aber versuchen, den Einkommensverfall durch immer mehr Produktion auszugleichen, landen in der Sackgasse.

30.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche gibt es im Landkreis, mit weiteren 20.ooo Hektar forstwirtschaftlichen Flächen werden somit über 80 % der Flächen von rund 800 Land- oder Forstwirten bewirtschaftet. Gut 40 % der Landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaften heute noch im Vollerwerb. 2/3 der Betriebe haben Futterbau und Rinderhaltung auf ihrem Betrieb. Dr. Heiner Krehl, Chefredakteur der landwirtschaftlichen Wochenzeitung BWagrar und Moderator der Podiumsdiskussion des Kreisbauernverbandes in Eislingen, erläuterte zu Beginn der Veranstaltung die Bedeutung der Landwirtschaft für den Landkreis Göppingen.

Wie schon zu vorangegangenen Wahlen hat der Landesbauernverband auch zu dieser Landtagswahl am 13. März einen Forderungskatalog zusammengestellt, in dem aber die Bereiche Biolandwirtschaft, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucherschutz nicht vorkommen. Noch immer vertritt der Bauernverband vorrangig konventionell wirtschaftende Landwirte, die aber nicht nur zurzeit mit einer Überproduktion und damit einhergehenden Preisverfall kämpfen müssen. Trotzdem bestimmten auch bei dieser Podiumsdiskussion die Bereiche Abbau von Bürokratie und Auflagen und Abbau von Hindernissen zur Produktionsausweisung die Thematik.

Vor diesem Hintergrund bangen die Landwirte um den Bestand ihrer Höfe, den kaum noch ein Nachkomme will den Hof übernehmen. Nicht nur die Preise, auch, so formulierten es selbst Landwirte, auch das Image der Landwirte in der Bevölkerung ist schlecht. Die Landwirte haben kaum noch eine Lobby. Ein Landwirt brachte es deshalb auf den Punkt: Die Landwirtschaft muss weg von der Massenproduktion zum Weltmarktpreis hin zur Qualitätsproduktion für die man dann entsprechend mehr Geld bekommt. Und hier treffen sich die Forderungen der Landwirte mit der der grünroten Landespolitik: regionale Produktion qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel, die auch in der Region vermarktet werden. Die hat Zukunft, da es in Baden-Württemberg selber keine Überschüsse gibt (nur gut 40 % des verzehrten Schweinefleisches werden in Baden-Württemberg erzeugt) und der Verbraucher heute vielfach Produkte bevorzugt, die in der Region erzeugt wurden, auch wenn sie etwas teurer sind.

Waren Podiumsdiskussionen des Kreisbauernverbandes früher ein Heimspiel für die CDU-Bewerber, so konnte der Göppinger CDU-Landtagskandidat Simon Weißenfels vor allem mit seinem Versprechen punkten, bei einer Regierungsübernahme viele Gesetze und Verordnungen der grünroten Landesregierung zurückzunehmen. Um es um das Umbruchverbot von Grünlandflächen oder die Ausweisung von Ausgleichsflächen handelt, so Weißenfels, die CDU werde wieder ideologiefrei für die Landwirtschaft eintreten. Gleichwohl verteidigte er den Zuschnitt des Ministeriums für ländliche Räume und Verbraucherschutz zu dem auch die Landwirtschaft genauso wie der Tourismus gehört. Ein eigenständiges Landwirtschaftsministerium mache keinen Sinn mehr. Von Bürokratie und Bevormundung der Landwirtschaft hält auch der FDP-Kandidat, Gärtnermeister Martin Keass, nichts. Er tritt für die Schaffung eines eigenen Landwirtschaftsministeriums ein. Der Geislinger Kandidat der Grünen, der selbstständige Unternehmer Eckhart Klein, plädierte für eine zukunftsorientierte Landwirtschaft, in der sich die Unternehmer ihren Weg suchen, auch indem sie auf den Verbraucher zugehen und deren Wünsche berücksichtigen.

Von der SPD war kein Vertreter erschienen, sehr zu m Bedauern des Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes, den CDU-Bundestagsabgeordneten Hermann Färber.

Viele landwirtschaftliche Themen sind Europa- oder Bundesthemen, in der die Landesregierung eventuell nur über den Bundesrat mitwirken kann. Die Vertreter der Parteien versicherten, dass sich die Landesregierung, egal welcher Koalition, für die Belange der Landwirtschaft in Land eintreten werde, zu unterschiedlich sind hier die Strukturen und geografischen Gegebenheiten gegenüber anderen Regionen. Viele Forderungen konnten die Landtagskandidaten deshalb auch nur aufnehmen und versprechen, sich darum zu kümmern. So bei der Forderung nach Ausnahmeregelungen für Altanlagen zur Gülle- und Silagelagerung oder bei der bodennahen Gülleausbringung.

Ein großes Problem ist der Flächenverbrauch durch immer neue Wohn- und Gewerbegebiete, durch den Bau von neuen Straßen und die Ausweisung von Ausgleichsflächen für eben diese Baumaßnahmen. Hier forderten die Landwirte die Ausweisung von Bauflächen im Außenbereich zurückzuführen und fanden hier die volle Zustimmung des grünen Kandidaten Eckhart Klein. Klein forderte zuerst die Baulücken im Ort zu schließen und Industriebrachen zu nutzen. Auch ein Straßenneubau sollte nur da stattfinden, wo er unbedingt notwendig sein, etwa bei der B10 oder beim neuen A8-Albaufstieg. Ausgleichsmaßnahmen verteidigte er: wo durch Baumaßnahmen z. B. eine Streuobstwiese verloren geht, muss an anderer Stelle eine neue geschaffen werden. CDU-Kandidat Weißenfells sah dies anders, In der Kommunalpolitik werde es immer schwieriger, sinnvolle Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen, so dass man auch auf manche verzichten kann.

Diskussionsbeiträge aus den Reihen der Landwirte befassten sich auch mit dem Sinn einer Wasserentnahmegebühr von 8 Cent/m3, unter der Landwirte wegen des hohen Wasserverbrauchs auch bei Bewässerungen zu leiden haben, mit der Windenergie und der landwirtschaftlichen Ausbildung.

Landwirtschaftliche Auszubildende gehen zurzeit zur Berufsschule nach Ulm, sinkende Schülerzahlen lassen eine schulische Ausbildung im Kreis nicht mehr zu. Alle Kandidaten stehen weiterhin zu einer fundierten dualen Ausbildung der Landwirte. Die Bildung ist die Basis eines beruflichen Erfolges, so Klein. Weißenfels sieht einen Wettbewerb um die klügsten Köpfe, auf die sich auch die Landwirtschaft einstellen müsse.

Kontrovers wurde auch in Eislingen über die Landesschulpolitik diskutiert. Klein verteidigte die Ganztagsgemeinschaftsschule und wurde hierbei auch von einem Landwirt unterstützt, der die Ganztagsbetreuung als den einzigen Ausweg sah, Defizite aus dem Elternhaus auszugleichen. Auf Bundesebene setze die CDU ebenfalls auf das Zwei-Säulen-Modell, so Klein, nur in Baden-Württemberg fordert sie weiter drei Säulen aus Haupt-, Realschule und Gymnasium. Kaess bestätigte, dass Eltern die Haupt- und die Werkrealschulen nicht annehmen, forderte aber dennoch ihren Erhalt. Die Gemeinschaftsschule ist „Scheiß“, so Kaess wörtlich. Weißenfels erläuterte, wie jede Kommune um ihren Standort kämpft und wenn andere Schulen nicht angenommen werden, aus Ausweg die Gemeinschaftsschule gewählt wird. Er forderte, wie auch die Grünen, eine regionale Schulentwicklungspolitik. Wiedereinführen will er die verbindliche Grundschulempfehlung und will damit die Eltern wieder entmündigen. Die Eltern haben zu sehr ihren eigenen Staus als das Wohl des Kindes im Auge, so die Befürworter des vor Lehren vorgegebenen Schulweges.

Im Schlußstatement nannten die Kandidaten den Grund, warum Landwirte ihre Parteien wählen sollen. Weißenfels stellt sich an die Seite der Landwirte und will Verordnungen zurückführen. Kaess sollen sie wählen, weil er ehrlich und korrekt ist und Bio zu stark gefördert wird. Klein setzt sich für ein innovatives, ökologisches und soziales Baden-Württemberg ein und will die Produktion von Bioprodukten, weil sie vom Verbraucher gefordert werden, fördern.

Foto v. l. Hermann Färber, Simon Weißenfels, Eckhart Klein und Martin Kaess

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