Erreichbarkeit von Gewerbegebieten: Ohne Pkw geht nichts – IHK-Studie untersucht Straßen- und ÖV-Anbindung

Ohne Pkw sind die meisten Gewerbegebiete und Arbeitsplatzschwerpunkte in der Region Stuttgart schlecht erreichbar. Das ist ein Ergebnis einer Untersuchung der Universität Stuttgart im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. Die Studie analysiert die Erschließungsqualität mit dem Pkw und dem öffentliche Verkehr (ÖV) von 48 regionalen Gewerbestandorten und gibt Hinweise auf Potenziale zur Verbesserung. Dabei schneidet der Pkw oft besser ab als der ÖV. Und zwar sowohl hinsichtlich der Reisezeiten zur Hauptverkehrszeit als auch mit Blick auf die Richtlinien für integrierte Netzgestaltung. Diese beinhalten eine Klassifizierung auf Basis von Soll-Werten, die auf Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen durchschnittlich erreicht werden sollen und somit einen Qualitätsvergleich zwischen Straßenverkehr und ÖV ermöglichen.

„Viele Gewerbegebiete sind an öffentliche Verkehrsmittel gar nicht oder nicht ausreichend gut angebunden. Beschäftigte, Geschäftspartner und Kunden sind häufig auf das Auto angewiesen. Fahrverbote für Pkw, wie sie die Politik als Maßnahme zur Luftreinhaltung in Aussicht stellt, sind deshalb keine Option“, erklärt der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Bernd Engelhardt.

Eine gute Erreichbarkeit gehört laut Engelhardt zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren eines Betriebs. Nicht nur für Personen müssen die Standorte gut erreichbar sein. Auch die Anlieferung von Gütern für Handel und produzierendes Gewerbe muss sichergestellt werden. „Erhalt und Ausbau des Straßennetzes bleiben ein Muss nachhaltiger Standortpolitik“, so Engelhardt.

Zwar ist laut Studie die Qualität der Erreichbarkeit auf der Straße vor allem außerhalb der Hauptverkehrszeiten besser als ihr landläufiger Ruf. Nach wie vor bestehen jedoch Engpässe, die beseitigt werden sollten:

  • Bei Fahrten aus dem Südwesten des Landkreises Böblingen in andere Bereiche der Region. Davon ist beispielsweise das Gewerbegebiet Herrenberg Gültstein betroffen.
  • Bei Fahrten zwischen dem südlichen und östlichen Rems-Murr-Kreis in den Landkreis Ludwigsburg oder umgekehrt. Das zeigt sich bei den Analysen zu den Gebieten Eisental in Waiblingen, Heusee in Welzheim/Plüderhausen, sowie Osterholz und Ludwigsburger Straße in Asperg, Laiern in Bietigheim-Bissingen und Nord in Kornwestheim.
  • Bei Fahrten in der morgendlichen Hauptverkehrszeit aus dem Norden des Landkreises Ludwigsburg in den Raum südlich der B 10. Um vom Gewerbegebiet Ottmarsheimer Höhe aus Ziele in der Region zu erreichen, wird durchschnittlich 25 Prozent mehr Zeit benötigt als zu Schwachverkehrszeiten.
  • Bei Fahrten zu den Gebieten in Böblingen und Sindelfingen wie Flugfeld und Hulb lässt sich das Nadelöhr im Bereich der A 81 nördlich von Zuffenhausen ebenfalls deutlich erkennen.

Abhilfe schaffen könnte der Ausbau der A 81 bei Ludwigsburg und zwischen Böblingen und dem Autobahnkreuz Stuttgart. Eine verbesserte Nordostverbindung könnte die Verknüpfung zwischen den Landkreisen Rems-Murr und Ludwigsburg leistungsfähiger machen. Vor allem für Berufspendler wäre sie von Vorteil.
Die Studie zeigt auch, dass eine umfassende flächendeckende ÖV-Erschließung aller Untersuchungsgebiete nicht ansatzweise zu finanzieren wäre. Die Untersuchung liefert dennoch Hinweise, wo Investitionen in eine verbesserte ÖV-Verbindung sinnvoll wären, wie zum Beispiel im Gewerbegebiet Esslingen-Berkheim. Trotz der großen Zahl an Arbeitsplätzen ist die Anbindung dieses Standorts bislang weitgehend auf den Pkw ausgerichtet. In der morgendlichen Hauptverkehrszeit fährt der Bus in Berkheim nur halbstündlich.

Für stark frequentierte und nicht mit Schienenverbindungen versorgte Standorte in der Region plädiert die IHK dafür, den Einsatz von Schnellbussen zu prüfen, wie dies auch der ÖV-Pakt für die Region Stuttgart vorsieht.

Die Gutachter haben auch den Status quo mit einer Prognose für das Jahr 2025 verglichen. Dabei fällt auf, dass sich die Reisezeit mit dem ÖV zu vielen Gewerbegebieten insbesondere aus dem Raum Ulm heraus mit mehr als zehn Minuten deutlich verbessern wird. Stuttgart und Ulm rücken damit näher zusammen. Die schnellere Verbindung über die Neubaustrecke wirkt sich hier standortpolitisch positiv aus.

Die Studie „Expedition oder Kurztrip – Verkehrliche Erreichbarkeit ausgewählter Standorte“ wurde vom Institut für Straßen- und Verkehrswesen der Universität Stuttgart im Auftrag der IHK Region Stuttgart durchgeführt. Kriterien für die Bewertung waren unter anderem Soll-Werte von Durchschnittsgeschwindigkeiten auf Autobahnen, Bundesstraßen und Landstraßen oder die Umsteigehäufigkeit beim ÖV. Außerdem wurden die Fahrtzeiten in der Hauptverkehrszeit mit denen in der Schwachverkehrszeit verglichen. Um die Ergebnisse besonders belastbar zu machen, wurden auch echte Reisezeitdaten aus dem Bestand des Unternehmens „TomTom“ verwendet.

Die Ergebnisse stehen zum kostenlosen Download auf www.stuttgart.ihk.de, Dok.-Nr. 3137046.

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