Behindertenbeauftragte als Herzstück neuen Gesetzes – Grüner Landtagsabgeordneter Thomas Poreski beim Stammtisch von STeiGle und den Grünen

Treppenhäuser beim Orthopäden, zu kleine Aufzüge für Rollstühle, neugebaute Ärztehäuser ohne automatische Türen, in die man dann auch noch erst über unnötige Schwellen gelangt: Wenn Betroffene über die Barrieren reden, die ihnen tagtäglich in den Weg gelegt werden, geht ihnen der Gesprächsstoff nicht aus. Neu eingerichtete und unabhängige Behindertenbeauftragte in allen Land- und Stadtkreisen sollen jetzt Abhilfe schaffen, so Thomas Poreski, Reutlinger Landtagsabgeordneter der Grünen, bei einem Diskussionsabend des Geislinger Stadtbehindertenrings STeiGle und des Ortsverbands Helfensteiner Land von Bündnis 90 / Die Grünen in den Altenstädter Bronnwiesen.

Poreski Klein KohleVergangenen Dezember verabschiedete der Stuttgarter Landtag mit den Stimmen der grün-roten Koalition und der CDU ein neues Gesetz, das die Rechte von Behinderten stärken und Benachteiligungen abbauen helfen soll (Landes-Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz, LBGG). Herzstück der Reform ist die Einrichtung von unabhängigen Behindertenbeauftragten in allen Land- und Stadtkreisen. Diese neu zu bestellenden Behindertenbeauftragten sind nicht weisungsgebunden und direkt vom Land Baden-Württemberg finanziert. Wer sich auf diese Stellen bewirbt, braucht nicht notwendigerweise eine Verwaltungsausbildung, aber wer selbst gehandicapt ist, soll bevorzugt eingestellt werden. So habe in Reutlingen nun mit Marc-Oliver Klett ein nahezu Blinder das Amt übernommen, in Tübingen der seit seiner Kinderzeit schwerstbehinderte Willi Rudolf. Wenn möglichst viele kompetente und engagierte Menschen mit Handicap diese Aufgaben in Zukunft übernehmen könnten, wäre dies ein deutliches Signal für bessere Inklusion und Teilhabe, betonte Eckhart Klein, Landtagskandidat und Ortsvereinsvorsitzender der Grünen im Helfensteiner Land.

Spätestens bis Anfang kommenden Jahres muss jeder Kreis eine derartige Stelle eingerichtet und besetzt haben, Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern wie Geislingen wird dies lediglich empfohlen. Stadtrat Bernhard Lehle (GAL) berichtete, dass dies derzeit in Geislingen nicht vorgesehen sei – anders als beispielsweise im kleineren Metzingen.

Die Beauftragten fungieren als Ansprechpartner, Berater und Vermittler, vor allem aber obliegt ihnen, selbst zu überprüfen, ob Barrierefreiheit gewährleistet ist, etwa bei öffentlichen Bauvorhaben oder im Nahverkehr. Sie müssen zu diesem Zweck stets beteiligt und gehört werden und haben das Recht auf vollständige Akteneinsicht.

„Verkehrte Welt“, kommentierte Gisela Kohle vom Stadtbehindertenring, dass es immer die Behinderten selbst sein müssen, die die eigentlich doch gesetzlich vorgeschriebene Barrierefreiheit und Inklusion anmahnen, einfordern und immer wieder überprüfen und gegebenenfalls sogar einklagen müssten. Thomas Poreski räumte ein: „Das Gesetz hat noch nicht die ‚heile Welt‘ hergestellt, aber die Bedingungen dafür geschaffen, dass vieles besser wird.“ Dafür sei die Mitarbeit der Betroffenen und ihrer Verbände – wie dem Geislinger STeiGle – erwünscht und leider unerlässlich.

Foto v.l.n.r.: MdL Thomas Poreski, Eckhart Klein (Grüne) und Gisela Kohle (STeiGle) beim Diskussionsabend in den Altenstädter Bronnwiesen

PM

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