Die Südwestwirtschaft befindet sich weiterhin in einem moderaten Aufschwung. Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), an der sich rund 3.900 Unternehmen aller Branchen und Betriebsgrößen im Land beteiligt haben. Demnach hat die Zahl der Betriebe mit guter Lageeinschätzung seit dem Sommer nochmals leicht zugenommen. Umsatz und Erträge konnten wiederholt verbessert werden. Allerdings ist die Steigerung nicht mehr so dynamisch wie im Sommer. Vor allem die international gut aufgestellte Industrie kann sich aufgrund ihrer hohen Wettbewerbsfähigkeit weiterhin behaupten – trotz Ausfall des russischen Marktes, Börsenturbulenzen, abnehmendem Wirtschaftswachstum in China und Verunsicherung durch globale Krisenherde. Trotzdem bleiben die Befragten auch für die kommenden Monate per Saldo optimistisch. Davon profitiert der Arbeitsmarkt.
„Trotz der andauernden und teils sich verschärfenden Krisen in der Welt bleibt die Stimmung in den meisten Betrieben, die an unserer Umfrage teilgenommen haben, ungetrübt“, bestätigt Georg Fichtner, Präsident der IHK Region Stuttgart und Federführer Konjunktur und Beschäftigung der IHKs in Baden-Württemberg. Positiv für die Absatzchancen der Südwestwirtschaft bewertet Fichtner die kräftigen Impulse aus den USA sowie die andauernde Erholung vieler Länder der Eurozone.
Rund 94 Prozent der befragten Unternehmen bewerten ihre aktuelle Lage mit „gut“ oder „befriedigend“ – genauso viele wie im Sommer. Nur sechs Prozent der Umfrageteilnehmer beklagen weiterhin eine schlechte Lage. Rund 28 Prozent und damit nicht mehr so viele Unternehmen wie bei der letzten Umfrage (minus fünf Prozentpunkte) erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäfte für die kommenden zwölf Monate. Dafür ist der Anteil derjenigen, die von gleichbleibenden Geschäften ausgehen, von 58 auf 62 Prozent gestiegen. Die Zahl der Pessimisten für das kommende Geschäftsjahr ist gleich geblieben.
Tragende Säule der anhaltenden Konjunktur ist aber vor allem der private Konsum, gestützt durch gute Beschäftigungslage, niedrige Zinsen und geringe Inflation. Mit 36 Prozent der befragten Betriebe gehen annähernd gleich viele wie vor vier Monaten von steigenden Exporten aus (minus zwei Prozentpunkte). Für eine gewisse Verunsicherung unter den Umfrageteilnehmern sorgen jedoch die globalen wirtschaftlichen und geopolitischen Krisenherde. Daher ist die Zahl der befragten Unternehmen, die ihre Inlandsinvestitionen erhöhen wollen, von 32 auf 28 Prozent zurückgegangen.
Die Beschäftigungsabsichten der Südwestwirtschaft zeigen dennoch stetig nach oben. So wollen zwei Drittel der Befragten ihre Belegschaften in den kommenden zwölf Monaten konstant halten. Rund ein Fünftel plant Personalaufbau, 13 Prozent müssen Stellen abbauen. Fichtner: „Angesichts einer klaffenden Lücke von rund 100.000 Fachkräften in Baden-Württemberg im kommenden Jahr, dürfte es den vielen beschäftigungswilligen Unternehmen schwerfallen, alle ihre Stellen zu besetzen.“ Der IHK-Präsident appelliert an Bundes- und Landespolitik, das gesamte Fachkräftepotenzial zu mobilisieren. Das seien vor allem gut ausgebildete junge Eltern, Ältere, Migranten, Studienabbrecher und qualifizierte Zuwanderer. Bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt stünden vor allem Sprachunterricht und Ausbildung im Vordergrund.
Branchen: Die Industrie profitiert aktuell vom Umsatzanstieg im In- und Ausland, allerdings bei nachlassender Nachfragedynamik. Die Konsumgüterindustrie befindet sich dank anhaltend positiver Verbraucherstimmung im Aufwärtstrend. Die Mehrheit der Baubetriebe geht von der Fortsetzung des Baubooms aus, rechnet aber mit zunehmendem Fachkräfteengpass. Sowohl Groß- als auch Einzelhandel melden gestiegene Umsätze, sind jedoch für die nächsten Monate eher verhalten optimistisch. Dynamischer entwickeln sich dagegen die Geschäfte des Kfz-Handels, dem es nach langer Durststrecke gelungen ist, zum restlichen Handel aufzuschließen. Dienstleistungsbetriebe bleiben auch im Herbst auf Erfolgskurs. Besonders gut laufen die Geschäfte in der Immobilienbranche sowie bei kaufmännischen und rechtlichen Beratern. Das Gastgewerbe rechnet nach einem erfolgreichen Sommer mit gleichbleibender Geschäftsentwicklung. ITK-Services sind sehr optimistisch für die nächsten Monate. Hauptsorge der meisten Dienstleister ist der Fachkräftemangel.
PM