Weltpremiere auf der A8: Daimler Trucks testet ersten autonom fahrenden Serien-Lkw auf öffentlichen Straßen

Jungfernfahrt mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Daimler-Vorstand Dr. Wolfgang Bernhard

Dr. Wolfgang Bernhard, im Vorstand der Daimler AG verantwortlich für Daimler Trucks & Buses, und Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, haben heute eine historische Fahrt absolviert. Als Pilot und Co-Pilot steuerten sie den weltweit ersten autonom fahrenden Serien-Lkw über die Autobahn 8 zwischen Denkendorf und Stuttgart. Bei dem Premieren-Lkw handelt es sich um einen serienmäßigen Mercedes-Benz Actros, der für die Erprobung des autonomen Fahrens auf öffentlichen Straßen mit dem intelligenten System Highway Pilot ausgestattet ist. Der Truck ist gemäß §19/6 StVZO als Versuchsfahrzeug zugelassen. Der TÜV Rheinland hatte das Fahrzeug überprüft und eine gutachterliche Stellungnahme erstellt. Auf dieser Grundlage erteilte das Regierungspräsidium Baden-Württemberg eine Ausnahmegenehmigung gemäß §70 StVZO.

„Für die heutige ,Jungfernfahrt‘ kann es wohl keinen besseren Ort geben als diesen Teil der Autobahn. Nicht nur, weil Baden-Württemberg das Geburtsland des Automobils ist – sondern auch, weil Daimler nur einen Steinwurf von hier entfernt Autos entwickelt und produziert, die weltweit Maßstäbe setzen. Das teilautonome und autonome Fahren ist ein Signal für den Aufbruch in ein neues Mobilitätszeitalter. Wir gehen damit einen wichtigen Schritt in Richtung einer intelligenteren und vor allem effizienteren Nutzung der vorhandenen Infrastruktur. Autonom fahrende und vernetzte Fahrzeuge verbessern den Verkehrsfluss und können entscheidend dazu beitragen, Staus zu vermeiden und Fahrerinnen und Fahrer entlasten. Zudem erhöhen sie die Verkehrssicherheit“, so Ministerpräsident Kretschmann. „Deswegen plant die Landesregierung derzeit die Einrichtung eines technologieoffenen Testfelds für autonomes und teilautonomes Fahren. Dieses Projekt ermöglicht es, die hierfür notwendige Technik und Infrastruktur auf Autobahnen, Überlandstraßen und innerorts zu erproben und zu erforschen. Auch der rechtliche Rahmen für das autonome Fahren soll dabei weiter entwickelt werden.“

„Unsere heutige Premiere ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zur Marktreife autonom fahrender Lkw – und hin zu einem sicheren, nachhaltigen Straßengüterverkehr der Zukunft. Bei der Weltpremiere unseres Freightliner Inspiration Trucks im Mai in den USA hatten wir angekündigt, den Highway Pilot zeitnah auch auf deutschen Straßen zu testen – dieses Etappenziel haben wir jetzt, nur fünf Monate später, erreicht. Mein Dank gilt der Landesregierung Baden-Württemberg, die uns bei diesem Vorhaben sehr unterstützt hat. Für die Entwicklung dieser Technologie bis zur Marktreife ist die sichere Erprobung im echten Verkehrsgeschehen ganz entscheidend. Das können wir jetzt angehen“, sagte Daimler-Vorstand Dr. Bernhard.

Highway Pilot ermöglicht teil-autonomes Fahren – Fahrer behält volle Kontrolle

Der Highway Pilot, wie er im heutigen Weltpremieren-Actros eingebaut ist, ermöglicht teil-autonomes Fahren. Das bedeutet: Das System kann den Lkw auf Autobahnen zwar selbst steuern – der Fahrer bleibt aber voll verantwortlich, muss den Verkehr jederzeit überwachen und auch jederzeit eingreifen können. Der Highway Pilot ist also vergleichbar mit einem Autopiloten, wie er in Flugzeugen üblich ist.

Das System beinhaltet ein Frontradar und eine Stereokamera sowie bewährte Assistenzsysteme wie den Abstands-Regeltempomat (Adaptive Cruise Control +). Die Technologie wurde für den Einsatz auf öffentlichen Straßen angepasst. Das reibungslose Zusammenspiel der Komponenten wurde ausgiebig erprobt. Zu diesem Zweck hat der Highway Pilot bereits etwa 20.000 Kilometer auf Teststrecken in Deutschland und in den USA absolviert.

Redundanz in der Sensorik macht den Testbetrieb besonders sicher. Auch auf widrige Umstände kann der Highway Pilot entsprechend reagieren. Sollte sich das Wetter oder auch die Fahrbahnmarkierung zu sehr verschlechtern, so fordert das System den Fahrer auf, wieder selbst zu lenken. Der Fahrer hat dazu ausreichend Zeit. Sollte er auf die akustischen und optischen Signale des Highway Pilot dennoch nicht reagieren, so bringt sich der Lkw selbständig und sicher zum Stillstand.

Shaping Future Transportation – Daimler Trucks gestaltet die Zukunft des Transports

Daimler Trucks geht beim autonomen Fahren als Pionier voran. Im Juli 2014 hat der Lkw-Weltmarktführer in Magdeburg den Mercedes-Benz Future Truck 2025 vorgestellt. Diese Studie des Lkw der Zukunft zeigte, dass Daimler Trucks über alle Technologien verfügt, die für das autonome Fahren notwendig sind. Nur ein knappes Jahr später, im Mai dieses Jahres, feierte der Freightliner Inspiration Truck seine Weltpremiere. Im US-Bundesstaat Nevada erhielt er die weltweit erste Straßenzulassung für einen autonomen Lkw.

Sowohl beim Mercedes-Benz Future Truck 2025 als auch beim Freightliner Inspiration Truck handelt es sich um Konzeptfahrzeuge – mit dem heutigen Mercedes-Benz Actros mit Highway Pilot schickt Daimler Trucks nun erstmals einen autonom fahrenden Serien-Lkw auf öffentliche Straßen.

„Wir sind wie kein anderer Hersteller in der Lage, Technologien über alle Geschäftseinheiten und Marken hinweg zu implementieren. So können wir Innovationen rund um den Globus vorantreiben“, sagte Dr. Bernhard. „Unser Anspruch lautet ‚Shaping Future Transportation‘. Mit der heutigen Premiere lösen wir dieses Versprechen einmal mehr eindrucksvoll ein.“

Autonom fahrende Lkw bieten erhebliche Vorteile

Gerade im Straßengüterverkehr eröffnet autonomes Fahren erhebliche Vorteile. Erstens steigt dadurch die Sicherheit: Das Highway-Pilot-System wird nie müde oder unaufmerksam, sondern ist immer aktiv – zu 100 Prozent. Eine Studie von Daimler Trucks ergab zudem, dass die Ermüdung von Fahrern um 25 Prozent sinkt, wenn sie vom monotonen Spurhalten entlastet werden und anderweitige Aufgaben übernehmen können. Dies wird in künftigen Entwicklungsstufen des autonomen Fahrens möglich sein.

Zweitens erhöhen autonome Trucks die Effizienz: Durch optimales Schalten, Beschleunigen und Bremsen verbrauchen sie weniger Diesel – und senken so auch die CO2–Emissionen. Daimler Trucks erwartet hier Einsparungen von bis zu fünf Prozent. Das internationale Beratungsunternehmen Frost & Sullivan geht sogar von einer Reduktion um etwa sieben Prozent aus.

Drittens bieten autonom fahrende Lkw einen attraktiveren Arbeitsplatz: Dass der Fahrer einen großen Teil der Strecke dem Highway Pilot überlassen kann, reduziert den Stress im Cockpit deutlich. Künftige Technologiestufen werden es außerdem ermöglichen, dass der Fahrer sich interessanten Nebentätigkeiten zuwendet – etwa Dokumentationsaufgaben an einem Tablet-PC.

Diese Vorteile zahlen sich insbesondere aus, weil die Laufleistung von Lkw sehr hoch ist: Im Fernverkehr legen deutsche Trucks pro Jahr durchschnittlich 130.000 Kilometer zurück – Pkw erreichen im Schnitt 14.000 Kilometer.

Politik und Behörden müssen nun notwendigen regulatorischen Rahmen für autonomes Fahren schaffen

Um den Mercedes-Benz Actros mit Highway Pilot auf die Straße bringen zu können, bedurfte es einer Ausnahmegenehmigung durch das Regierungspräsidium Baden-Württemberg. Mit dieser Genehmigung darf der Truck nun bundesweit mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Stundenkilometern auf Autobahnen teil-autonom fahren.

„Von dieser Möglichkeit, unseren Highway Pilot im realen Verkehrsgeschehen zu erproben, werden wir ausgiebig Gebrauch machen“, kündigte Dr. Bernhard an.

Der Daimler-Vorstand forderte Politik und Behörden dazu auf, den notwendigen regulatorischen Rahmen zu schaffen, damit autonome Trucks künftig auch ohne Ausnahmengenehmigung in Deutschland fahren können. Damit die Highway-Pilot-Technologie in den nächsten Jahren auf den Markt kommen kann, so Dr. Bernhard, müsse erstens die neugefasste Wiener Konvention in deutsches Recht übertragen werden. Dies sei Voraussetzung dafür, dass der Fahrer das Steuern des Lkw Assistenz-Systemen überlassen darf. Hier müsse das Bundesverkehrsministerium tätig werden.

Zweitens seien Bundesverkehrsministerium und Kraftfahrt-Bundesamt gehalten, schon jetzt den Zertifizierungsprozess für die Zulassung von autonom fahrenden Serien-Lkw anzustoßen.

Drittens sei Brüssel gefordert, die Richtlinie ECE R79 anzupassen, die autonomes Fahren bislang nur bis zu einer Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern erlaubt.

Die von der Bundesregierung Mitte September vorgestellte Strategie „Automatisiertes und vernetztes Fahren“ und das von der Landesregierung Baden-Württemberg geplante Testfeld für autonomes Fahren begrüßte Dr. Bernhard ausdrücklich. Ziel müsse sein, dass in Deutschland, wo die ersten Lkw überhaupt fuhren, auch die Lkw der nächsten Generation zuerst fahren.

PM

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