Es gibt eine Vielzahl von Gründen für Unternehmen, die betriebliche Weiterbildung und die Investitionen in die eigenen Mitarbeiter/-innen auszubauen. Der Wettbewerb um den Führungskräftenachwuchs und der Fachkräftemangel sind gerade für mittel-ständische Unternehmen eine Motivation, um mit der Personalentwicklung auch Fachkräfte aus den eigenen Reihen zu fördern und dient als Instrument zur Bindung.
Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen haben in den letzten Jahren deutlich mehr in die berufliche Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investiert, wie auch aus einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit für 2014 hervorgeht. Der kontinuierliche Anstieg betrieblicher Qualifizierungsmaßnahmen legt nach den Erklärungen des IAO nahe, dass nicht nur die insgesamt deutlich gestiegene Beschäftigung, sondern auch „strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt“ den Bedarf erhöht haben, so die Forscher.
Neben den steigenden beruflichen Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten hat vor allem der Mangel an Fachkräften den Arbeitsmarkt spürbar erreicht. Der harte Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte ist gerade für mittelständische Unternehmen ein Motiv, um mit Personalentwicklungsmaßnahmen auch den Nachwuchs aus den eigenen Reihen stärker zu fördern und zu binden.
Personalpolitische Motive für betriebliche Weiterbildung:
Kompetenzen der Mitarbeiter ausbauen 88,5 %
Steigerung der Mitarbeitermotivation 79,4 %
Beitrag zur Mitarbeiterbindung 71,1 %
Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber 54,3 %
Quelle: IW-Weiterbildungserhebung 2014
Passend zu diesen Weiterbildungstrends hatte auch die Landesregierung von Baden-Württemberg im Rahmen des Förderprogramms „Innovative Konzepte in der beruflichen Weiterbildung“ im vergangenen Jahr ein Pilotprojekt der Gemeinschaftsinitiative „vhs-4business“ finanziell unterstützt, das nun im Juli 2015 erfolgreich abgeschlossen wurde.
Zehn mittelständische Unternehmen, darunter renommierte Firmen wie Hengstenberg (Esslingen), EHEIM (Deizisau), IST Metz (Nürtingen), MADER (Leinfelden-Echterdingen), SE Elektronic (Göppingen), Putzmeister (Aichtal) und Inductoheat (Reichenbach) haben sich daran mit eigenen Nachwuchskräften beteiligt.
Ganz im Sinne der Weiterbildungsanforderungen und -motive im Mittelstand wurde mit dieser neuen Kooperation ein Personalentwicklungsinstrument geschaffen, mit dem die eigenen Nachwuchskräfte in einer Verbundlösung gefördert und entwickelt werden. Nicht nur die regionale Zusammenarbeit, auch die flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten haben das Traineeprogramm ausgezeichnet: die inhaltlichen Themenblöcke wurden gemeinsam definiert und entsprachen damit dem ganz aktuellen Bedarf der teilnehmenden Unternehmen und ihren Trainees.
„Ziel eines Pilotprojektes ist es, einen neuartigen Ansatz zu entwickeln und aus ersten Erfahrungen heraus dann zu optimieren“ erläutert Andreas Beck von der Volkshochschule Esslingen. Vor allem die in den Unternehmen durchgeführten Trainingsmodule, der branchenübergreifende Erfahrungsaustausch und die inhaltliche Flexibilität seien überaus positiv bewertet worden. Mit einer fachlichen Ausrichtung in den Bereichen „Teamleitung mittlere Führungsebene“ und „Technischer Vertrieb“ werde man 2016 diesen Netzwerk-gedanken weiter entwickeln und im Dialog mit den Unternehmen noch intensiver am fach-lichen und personalpolitischen Bedarf orientieren.
Eine vergleichbare Verbundlösung in der Personalentwicklung, in der die Inhalte gemeinsam festgelegt und von Mentoren begleitet werden, gäbe es in der regionalen Bildungslandschaft noch nicht.
„Der steigende Weiterbildungsbedarf der Unternehmen, die besonderen Notwendigkeiten im Mittelstand und die aktuelle Entwicklung der Bildungsanbieter zu Dienstleistern und Bildungspartnern finden in diesem Konzept einen ganz pragmatischen, bedarfsgerechten und regionalen Lösungsansatz“, davon zeigt sich der Fachbereichsleiter aus Esslingen überzeugt.
Die Vorteile einer unternehmensübergreifenden Qualifizierung, die nicht vorgegebene, zertifizierungsrelevante Inhalte vermittelt, sondern sich im Dialog mit den Beteiligten und auch am individuellem Bedarf immer wieder neu erfindet, sei eine logische Ergänzung zu angebotsorientierten Rahmenlehrplänen, eine konzeptionelle Herausforderung und eine reizvolle Netzwerkperspektive mit viel Überzeugungsarbeit für die Region.
Schließlich ist auch die Gemeinschaftsinitiative „vhs-4business“ der Volkshochschulen Esslingen, Göppingen, Kirchheim und Nürtingen das Ergebnis eines erfolgreich etablierten Netzwerkgedankens: mit ihrem jährlichen Weiterbildungsangebot von über 100 Seminaren in zehn Themenbereichen konnte die Kooperation der Bildungsträger seit 2013 bereits über 900 Anmeldungen aus Unternehmen im gemeinsamen Einzugsbereich registrieren und dabei – entsprechend den bundesweiten Umfrage- und Entwicklungstrends – insbesondere mittelständische Firmen in der beruflichen Weiterbildung unterstützen. Mit der Erweiterung ihrer Kursangebote in den Tagesbereich und der Ansprache von Berufstätigen sehen sich die in „vhs-4business“ verbundenen Volkshochschulen auch als zugelassene Träger nach dem neuen Bildungszeitgesetz (BzG BW) und in Kombination mit Fördermitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF-Fachkursförderung) als Bildungspartner der regionalen Wirtschaft gut aufgestellt.
Aktuelles Seminarprogramm 2015/16 (PDF): www.vhs-4business.de
Foto: Die Teilnehmer/-innen des proffit-Traineeprogramms 2014/15 bei der Zertifikatsübergabe
PM