Die Landesregierung hat die Voraussetzungen geschaffen, damit die Bürgerinnen und Bürger auf kommunaler Ebene mehr mitbestimmen können. „Wir fördern die direkte Demokratie und damit das politische Interesse und Engagement der Bevölkerung insgesamt“, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann nach der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Gemeindeordnung im Ministerrat am Dienstag (28. Juli 2015) in Stuttgart. „Zudem werden die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen sowie von Ausländerinnen und Ausländern gestärkt“, erklärte Innenminister Reinhold Gall. Die Reform werde noch diese Woche in den Landtag eingebracht und nach der Sommerpause beraten.
Die Landesregierung will auf kommunaler Ebene das Unterschriftenquorum für Bürgerbegehren von zehn auf sieben Prozent senken und das Zustimmungsquorum beim Bürgerentscheid von 25 auf 20 Prozent verringern. „Außerdem stärken wir die Mitbestimmung deutlich, indem wir Bürgerentscheide auch über den verfahrenseinleitenden Beschluss im Bauleitplanverfahren ermöglichen“, hob Staatsrätin Gisela Erler hervor. Daneben werde die Frist für Bürgerbegehren gegen einen Gemeinderatsbeschluss von sechs Wochen auf drei Monate verlängert. Dieser Punkt war ebenso wie die Absenkung der Quoren und die Erweiterung des Anwendungsbereichs bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe des Landtags von Regierungs- und Oppositionsfraktionen gemeinsam vereinbart worden.
Die Landesregierung verankert in der Gemeindeordnung auch die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen und ein Antragsrecht, um eine Jugendvertretung einzurichten. Bürgerversammlungen werden zu Einwohnerversammlungen, sodass auch Staatsangehörige aus Nicht-EU-Staaten einen Antrag unterzeichnen dürfen, um eine Einwohnerversammlung einzuberufen. Entsprechend dürfen sie auch Bürgeranträge stellen, die dann Einwohneranträge heißen.
„Wir stärken darüber hinaus die Rechte von Minderheiten und Fraktionen in den kommunalen Gremien“, unterstrich Ministerpräsident Kretschmann. Im Gesetzentwurf ist erstmals die gesetzliche Verankerung von Fraktionsrechten vorgesehen. Die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes oder die Unterrichtung des Gemeinderats durch den Bürgermeister kann künftig von einer Fraktion oder einem Sechstel der Gemeinderäte beantragt werden (statt bisher von einem Viertel der Gemeinderäte).
Bei der Anhörung hat das Innenministerium Änderungsvorschläge der kommunalen Landesverbände aufgegriffen. „Die Regierung hat ein offenes Ohr für die Anliegen der Kommunen. Die Funktionsfähigkeit der kommunalen Verwaltung liegt uns sehr am Herzen“, stellte Minister Gall fest. So wird beispielsweise ein grundsätzlicher Anspruch für die Erstattung von Betreuungskosten während der Gremiensitzungen geschaffen. Den Gemeinden und Landkreisen wird außerdem freigestellt, ob Vorberatungen in den Ausschüssen in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung erfolgen.
Die Landesregierung sorge auch für mehr Transparenz bei Sitzungen kommunaler Gremien. Vorgesehen ist, dass Tagesordnungen, Sitzungsunterlagen und Beschlüsse kommunaler Gremien im Internet veröffentlicht werden sollen.
PM