Die Landesregierung sowie der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag, die Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände, der Baden-Württembergische Handwerkstag, der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie und der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Baden-Württemberg haben sich in einer gemeinsamen Erklärung für mehr gesellschaftliche Teilhabe von Flüchtlingen durch verstärkte Integration in den Arbeitsmarkt ausgesprochen. „Es ist ein wichtiges Signal, dass wir gemeinsam mit allen Partnern Flüchtlingen eine langfristige Perspektive bieten wollen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Freitag (24. Juli 2015) in Stuttgart. „Wir ermöglichen dadurch nicht nur den Flüchtlingen selbst, sondern auch dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt Chancen für die Zukunft. Dies ist Teil einer gelebten Willkommenskultur und ein wichtiger Impuls der Wirtschaft.“
Der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Nils Schmid betonte: „Ich bin stolz auf die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die sich aktiv bei der Betreuung der Flüchtlinge einbringen. Wir wollen gemeinsam zeigen, dass wir all jenen, die die aktuellen Herausforderungen vorschieben, um Hass und Rassismus zu schüren, konsequent entgegen treten.“
Der Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags Dr. Peter Kulitz unterstrich: „Die Unternehmen sind gewillt, qualifizierte Flüchtlinge in ihre Belegschaften aufzunehmen – wenn Planungssicherheit garantiert ist. Ich setze mich deshalb gemeinsam mit der Landesregierung entschieden dafür ein, dass ein gesetzlich verankertes Bleiberecht für Flüchtlinge in Ausbildung schnellstmöglich kommt.“
„Die beste Grundlage für eine gelingende gesellschaftliche Integration ist die schnelle Integration in das Beschäftigungssystem. Wir unterstützen daher alle Anstrengungen, die dazu einen sinnvollen Beitrag leisten“, sagte auch Dr. Rainer Dulger, Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg (Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände): „Dann werden aus Fremden Kollegen, aus Kollegen schließlich Freunde.“
Das baden-württembergische Handwerk und der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie unterstützen die Erklärung ebenfalls. „Unser Handwerksmotto ‚Bei uns kommt es nicht darauf an, wo man herkommt, sondern wo man hinwill‘, gilt gerade auch für Flüchtlinge. Es gibt keine bessere Integration als durch Arbeit und Ausbildung. Und wer tüchtige Arbeit in Berufsfeldern leistet, die bei uns für Engpässe sorgen, sollte losgelöst von allen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen eine unbefristete Bleibeperspektive erhalten. Hier muss noch mehr Dynamik in die Flüchtlingspolitik“, sagte Rainer Reichhold, der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstag. Und Dr. Hans-Eberhard Koch ergänzte für den Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie: „Wir alle wissen, wie sehr die Zuwanderung unser Land seit Jahrzehnten in vielerlei Hinsicht bereichert. Gegenwärtig haben wir es in der Hand, Menschen in Not eine Perspektive zu bieten. Und wir freuen uns über motivierte und kreative Menschen, die helfen, Baden-Württemberg voranzubringen.“
Dies unterstützt auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes des Bezirks Baden-Württemberg Nikolaus Landgraf: „Die Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft ist eine humanitäre Aufgabe, bei der wir alle gefordert sind. Die Menschen sollten möglichst schon in den Aufnahmestellen die Sprache erlernen und die Chance bekommen, sich auf die Aufnahme einer Ausbildung oder Berufstätigkeit vorbereiten können.“
Gemeinsame Erklärung der Regierung des Landes Baden-Württemberg und der baden-württembergischen Wirtschaft sowie der baden-württembergischen Gewerkschaften
Weltoffenes Baden-Württemberg: Humanitäre Verpflichtung und Zukunftschance Baden-Württembergs
Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht wie noch nie und die Zahl der Flüchtlinge nach Europa steigt weiterhin stark an. Es ist eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe und humanitäre Verpflichtung, allen Flüchtlingen angemessen zu begegnen und ihren jeweiligen Hintergründen gerecht zu werden. Drängende Aufgaben wie die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen stehen momentan ebenso im Vordergrund wie die zügige Durchführung von Asylverfahren.
So wichtig diese Aufgaben sind, sie dürfen nicht den Blick auf die mittlere und lange Frist versperren. Die nachhaltige Integration der Flüchtlinge ist eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Baden-Württemberg. Hierzu bedarf es einer ehrlich gemeinten Willkommenskultur. Anschläge auf aktuelle oder geplante Flüchtlingsunterkünfte verhindern und zerstören diese Willkommenskultur. Mehr noch: Sie sind niederträchtig und kriminell. Umso mehr ist der positive Beitrag der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu würdigen, die sich um die Betreuung der zu uns kommenden Flüchtlinge kümmern.
Eine gelebte Willkommenskultur ersetzt keine eigene Verpflichtung oder Eigeninitiative. Sie ermöglicht es vielmehr Flüchtlingen erst, sich durch die Wahrnehmung gezielter Angebote sowohl öffentlicher Stellen als auch privater Einrichtungen in unsere Gesellschaft zu integrieren. Dabei spielt das Erlernen der deutschen Sprache unbestreitbar die wichtigste Rolle. Gesellschaftliche Teilhabe aber kann nur gelingen, wenn auch der Start ins Berufsleben auf dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt gelingt. Die Wirtschaft im Südwesten ist bereit, Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit aufzunehmen. Hierzu brauchen diese eine langfristige Bleiberechtsperspektive, die Möglichkeit einer schnellen Anerkennung ihrer ausländischen schulischen und beruflichen Qualifikationen sowie auf ihre individuelle Situation angepasste Weiterbildungsangebote. Die genannten Voraussetzungen zu verbessern ist eine gemeinsame Herausforderung des Landes, der Gewerkschaften und der Wirtschaft.
Auch wenn die Aufnahme von Flüchtlingen zunächst eine humanitäre Aufgabe darstellt, sollten die hieraus entstehenden Chancen für die Zukunftssicherung des Landes Baden-Württemberg nicht ungenutzt gelassen werden. Zwar trifft der demographische Wandel Baden-Württemberg in geringerem Umfang als andere Bundesländer, jedoch wird die Bevölkerung Baden-Württembergs ohne Zuzug von außen doch langfristig deutlich abnehmen. Technischer Fortschritt wird dies nur in begrenztem Umfang ausgleichen können. Und dies auch nur, so lange genügend junge kreative Köpfe an den Ideen für morgen tüfteln. Die jetzt anstehende Aufnahme von Flüchtlingen ist deshalb nicht nur eine Bewährungsprobe, ob Baden-Württemberg seiner humanitären Verpflichtung gerecht werden kann. Sie gibt auch die Gelegenheit, die Zukunft des Landes selbst zu sichern. Humanitäre Verpflichtung und Zukunftssicherung Baden-Württembergs gehen Hand in Hand.
Die Unterzeichner werden daher weiter für ein weltoffenes und tolerantes Baden-Württemberg eintreten und sich gegen Fremdenhass und Ausgrenzung wenden.
Stuttgart, im Juli 2015
Winfried Kretschmann MdL Dr. Nils Schmid MdL
Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Minister für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg
Dr. Peter Kulitz Dr. Rainer Dulger
Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- Präsident der Landesvereinigung Baden-
und Handelskammertags e.V. Württembergischer Arbeitgeberverbände e.
Rainer Reichhold Dr. Hans-Eberhard Koch
Präsident des Baden-Württembergischen Präsident des Landesverbands der Baden-
Handwerkstags e.V. Württembergischen Industrie e. V.
Nikolaus Landgraf
Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Baden-Württemberg