Landkreis hinkt wirtschaftlicher Entwicklung hinterher – BVMW-Unternehmerlounge beleuchtet Ursachen

Die wirtschaftliche Entwicklung im Kreis Göppingen hinkt der im Land und im Bund hinterher – und das trotz der guten Konjunktur. Michael Engelhardt, Geschäftsführer der Creditreform in Göppingen, erläuterte bei der Unternehmerlounge des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) in der „Orangerie“ in Uhingen einige Zahlen aus dem regionalen Monitoring, das die Creditreform jährlich erstellt und das noch im Juni für den Kreis Göppingen veröffentlicht werden soll.

BVMW EngelhardtEin wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche Bewertung ist die Zahl der Insolvenzen. Von den 11200 Unternehmen im Landkreis hätten 206 schließen müssen, so Engelhardt.  Das seien 1,84 Prozent. Landesweit liege diese Zahl bei 1,61 Prozent, in Westdeutschland bei 1,80 Prozent. Nachteilig für den Wirtschaftsstandort Landkreis Göppingen seien der fehlende Ausbau der B 10 und der A 8,  die schlechten Anschlüsse an die Autobahn, die schleppende Erschließung von Gewerbegebieten mit Datenautobahnen, das fehlende Einkaufszentrum in Göppingen, sowie Hotels. Im Gespräch mit dem  Kreisvorsitzenden des BVMW, Lothar Lehner, unterstrich Engelhardt, dass sich das produzierende Gewerbe im Kreis unabhängiger von den Autokonzernen machen und sich breiter aufstellen müsse, zudem sollte man ein Augenmerk auf Technologie- und Dienstleitungsunternehmen legen. TeamViewer oder das geplante Entwicklungszentrum von Schuler seien da gute Beispiele. Engelhardt zeichnete in dem Gespräch auch die Entwicklung der Creditreform, die 1879 in Mainz als Verein gegründet worden war und bis heute die Vereinsstrukturen erhalten hat. Als Wirtschaftsauskunftsdatei und Inkassodienstleister biete man nicht nur Informationen über die Bonität von Unternehmen, man helfe Firmen auch, wenn es um deren Bewertung gehe. In diesem Zusammengang unterstrich Engelhardt, dass mit den Daten der Unternehmen sehr sensibel umgegangen werde und Datenschutz groß geschrieben werde.

Thiphaphone Sananikone vom Mannheimer Finanzdienstleister Berninger und Sananikone war ein weiterer Gesprächsgast von Lothar Lehner. Die aus Laos stammende Finanzexpertin, die auf ihrem Gebiet als Koryphäe gilt, zeigte auf, die man auch in Zeiten niedriger Zinsen noch eine gute Rendite erwirtschaften kann, die deutlich über der Inflationsrate liegt. In den meisten Verträgen würden die entstehenden Kosten verschwiegen und die könnten sehr hoch sein, wie Sananikone an einem Beispiel erläuterte. Könnten diese Kosten, die Banken und Versicherungen erheben, wegfallen, sei eine Rendite von bis zu neun Prozent bei einem kalkulierbaren Risiko möglich.

Was bedeutet der ab 1. Juli gesetzlich geregelte Anspruch auf Bildungsurlaub  für die mittelständischen Unternehmen? Mit dieser Frage setzte sich Rechtsanwalt Jörg-Martin Walser (Göppingen) bei der Unternehmerlounge auseinander. Der Wirtschafts- und Arbeitsrechtler verwies auf den hohen bürokratischen Aufwand, der damit verbunden sei. In den Bundesländern, in denen es das Gesetz schone gebe, machten gerade mal ein Prozent  der Beschäftigten davon Gebrauch. Unternehmen, die nicht mehr als zehn Mitarbeiter hätten, können den Bildungsurlaub ablehnen. Das habe jetzt schon dazu geführt, dass Betriebe mit zwölf oder 13 Mitarbeitern ihr Personal reduziert hätten.

Mit Martin Kaess aus Albershausen stellte sich in der Unternehmerlounge der FDP-Landratskandidat für den Wahlkreis Göppingen vor. Der selbstständige Gärtnermeister aus Albershausen, der seit 1980 Mitglied in der FDP ist, will sich im Falle seiner Wahl für den Abbau von Bürokratie für den Mittelstand einsetzen. Der langjährige Gemeinde- und Kreisrat  macht sich zudem stark für einen Halb-Stunden-Takt auf der Filstalbahn bis Geislingen. Kaess hofft, dass  nach den Wahlerfolgen in Hamburg und Bremen seine Partei auch im Flächenland Baden-Württemberg locker den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft.

PM

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