Hochkonjunktur in Südwestwirtschaft büßt weiter leicht an Schwung ein – Brexit, schwächere Nachfrageimpulse und Personalengpässe schüren Unsicherheit

„Der Gegenwind für die Südwestwirtschaft nimmt zu, aber fast alle Betriebe trotzen ihm bisher erfolgreich und stehen weiterhin sehr gut da“, fasst Marjoke Breuning, Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage zusammen. Rund 3.800 Unternehmen aus allen Branchen, Größenklassen und Landesteilen haben an der Umfrage teilgenommen. „Der Brexit naht, der Handelsstreit der sich aus den USA gegen die EU und China richtet, ist noch nicht ausgestanden und auch auf die Binnenwirtschaft vertrauen die Betriebe nicht mehr ganz so stark wie zuvor“, fasst Breunig zusammen, was die Unternehmen sorgt. So registriert die Industrie im Land auf hohem Niveau erneut leicht schwächere Auftragseingänge aus dem Ausland. Im Aufwind sehen sich weiterhin das Baugewerbe und die Dienstleister, deren Produkte und Services stark nachgefragt bleiben.

57 Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg melden zurzeit eine gute Geschäftslage (Herbst 2018: 59 Prozent), 38 Prozent eine befriedigende Situation (36 Prozent). Etwas über 5 Prozent klagen über schlecht laufende Geschäfte (4 Prozent). Auf hohem Niveau hat sich beim Blick auf die kommenden zwölf Monate eine weitere kleine Eintrübung ergeben: Weiterhin 28 Prozent rechnen mit besseren Geschäften, jedoch nur noch 60 Prozent mit gleich guten (62 Prozent). Statt weniger als 10 Prozent der Betriebe rechnen nun fast 12 Prozent damit, dass sich ihre Situation verschlechtern wird.

Entsprechend haben sich auch die Investitionspläne entwickelt: 31 Prozent wollen mehr in Deutschland investieren als zuvor (Herbst 2018: 34 Prozent), knapp 14 Prozent haben ihre Investitionsbudgets gekürzt (11 Prozent). Die Wirtschaft Baden-Württembergs nimmt den Fuß ein wenig vom Gaspedal, sie bleibt jedoch auf Wachstumskurs. Ein Grund für die kleine Eintrübung bei den Erwartungen ist die leicht abgeschwächte Nachfragedynamik: Momentan melden 29 Prozent der Unternehmen einen ansteigenden Auftragseingang (34 Prozent), 55 Prozent registrieren eine gleichbleibende Nachfrage (53 Prozent) und 16 Prozent der Betriebe klagen über sinkende Ordereingänge (13 Prozent). Im Inlandsgeschäft werden geringere Zuwachsraten erwartet, denn 46 Prozent der Unternehmen nennen inzwischen die Inlandsnachfrage als ein Geschäftsrisiko – ein Anstieg um sieben Prozentpunkte gegenüber dem Herbst. Auch die auslandsorientierten Betriebe melden eine ähnliche Dynamik: Im Vergleich zum Jahresauftakt 2018 ist die Zahl der auslandorientierten Unternehmen, die mit steigenden Exporten rechnen, von 46 auf 35 Prozent zurückgegangen. Geringere Ausfuhren befürchten aktuell mit 14 Prozent doppelt so viele Betriebe wie vor einem Jahr.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bleibt für die Betriebe weiter ein Expansionshemmnis: Ein Viertel der Unternehmen plant, seine Belegschaft zu vergrößern. 63 Prozent wollen ihren Personalbestand konstant halten und lediglich knapp 12 Prozent der Betriebe plant einen Personalabbau. Dem steht eine Fachkräftelücke von 332.000 Personen im Land allein in diesem Jahr entgegen. Das spüren die Betriebe: Fast zwei Drittel nennen steigende Fachkräfteengpässe als bedeutendes Risiko für die eigenen Geschäftsentwicklung.

Blick in die Branchen:
In der Industrie laufen die Geschäfte dank voller Auftragsbücher weiterhin auf hohem Niveau. Die sich abschwächende Nachfrage dämpft die Lageeinschätzung sowie die Zuversicht ein wenig. Die Bauwirtschaft bleibt auf Wachstumskurs. Vor allem die rege Nachfrage im Wohnungsbau sowie im gewerblichen Hochbau sorgt für volle Auftragsbücher. Allerdings melden mehr als 80 Prozent, dass akute Personalengpässe ihr Wachstum bremsen. Handel: Steigende Umsätze und eine hohe Zufriedenheit kennzeichnen die Lage im Großhandel, auch der Blick in die Zukunft ist überwiegend optimistisch. Im Einzelhandel gelingt es derzeit nur wenigen Händlern, sich ein Stück vom wachsenden Einkommenskuchen der Konsumenten abzuschneiden. Folglich blickt man eher skeptisch nach vorne. Die konjunkturelle Entwicklung im Dienstleistungssektor hat sich seit dem Herbst kaum verändert. Das Auftragsvolumen nimmt auf hohem Niveau mit leicht verringerter Dynamik weiterhin zu, die Betriebe sind zufrieden und zuversichtlich. Überdurchschnittlich gefragt sind Informations- und Telekommunikations- sowie Beratungsdienstleister. Die erste Winterhälfte ist für die Hotels und Gaststätten im Südwesten überwiegend gut verlaufen. Bei den Gastronomen hat sich die Zufriedenheit jedoch auf hohem Niveau leicht abgeschwächt, bei den Hoteliers hingegen stimmen steigende Gäste- und Übernachtungszahlen positiver. Große Sorgen bereiten in beiden Bereichen die wachsenden Fachkräfteengpässe.

PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag

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