Südwest-Wirtschaft mit guten Exporterwartungen für 2017 – Brexit führt zu Verlagerung des Auslandsengagements hin zu anderen Märkten

Baden-württembergische Betriebe erwarten für das laufende Jahr mehr Exportgeschäfte. Die Unternehmen rechnen aber auch mit erhöhten Risiken, besonders durch vermehrte Handelsbarrieren wie strengere Sicherheitsanforderungen, aufwändige Zertifizierungen und höhere Zölle. Das zeigt die neue Umfrage „Going International“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). 
„Die baden-württembergische Exportwirtschaft blickt generell positiver in die Zukunft als noch vor einem Jahr“, sagt Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der für den Bereich Außenwirtschaft im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) federführenden IHK Region Stuttgart. Im Frühjahr 2017 hatten sich an der jährlich durchgeführten Umfrage 320 Betriebe in Baden-Württemberg und rund 2.200 Unternehmen bundesweit beteiligt. „Die gute Konjunktur in vielen Weltregionen sorgt dafür, dass Baden-Württemberg seine Rolle als Zugpferd im deutschen Export weiterhin voll ausspielen kann“, meint Richter. Laut „Going International“ ist der Export immer noch die bei weitem häufigste Form des Auslandsengagements: 91 Prozent der im Ausland aktiven baden-württembergischen Firmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, exportieren ihre Produkte. Auf Rang zwei der beliebtesten Formen des Auslandsengagements folgen Tochterunternehmen oder Niederlassungen mit rund 42 Prozent. Selbständige Kooperationspartner und Repräsentanzen oder Vertriebsbüros unterhalten jeweils etwa 33 Prozent der Betriebe.
Aktuell exportieren baden-württembergische Unternehmen vorrangig Kleinwagen und Kleinwagenteile, Maschinen und Pharmazeutische Erzeugnisse. Die Ausfuhr von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen sowie von Elektrischen Ausrüstungen gewinnt immer mehr an Bedeutung. In der vorliegenden Umfrage haben zwei Drittel der meist produzierenden Betriebe im Südwesten angegeben, geschäftlich in der Eurozone aktiv zu sein, ein Drittel in der EU, ein Viertel in Nordamerika und 20 Prozent in China. Für ihre Auslandsbeziehungen mit China, der Eurozone und dem Asien-Pazifik-Raum sind die Südwest-Unternehmen besonders zuversichtlich. Verunsicherung herrscht dagegen für Geschäfte mit Nordamerika (NAFTA), die Region Ost-/Südosteuropa, Russland und die Türkei. „Die aktuellen Abschottungsbestrebungen einiger Länder bedeuten größere Barrieren für den Handel unserer Unternehmen. Ein offener Markt ist jedoch Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg, hier wie überall“, so Richter.
Alarmierend ist die Zunahme an Handelshemmnissen: 33 Prozent aller teilnehmenden Betriebe haben 2016 generell mehr Barrieren gespürt, im Vorjahr lag der Wert noch bei 32 Prozent. Sieht man genauer hin, bemerken immer mehr Unternehmen verstärkte Sicherheitsanforderungen, aktuell sind es 61 Prozent gegenüber 54 Prozent im Vorjahr. Auch die lokalen Zertifizierungsanforderungen wie etwa Lieferantenerklärungen bereiten zunehmend Sorge: Für 57 Prozent der antwortenden Unternehmen bestehen hier Handelsbarrieren. Höhere Zölle machen jedem fünften Unternehmen zu schaffen. Diese Hemmnisse befürchten die Betriebe am meisten für ihre Geschäfte in Ost-/Südosteuropa inklusive Russland und Türkei, für China und für transatlantische Geschäftsbeziehungen. „Die Unternehmen beobachten die politischen Entwicklungen in den USA, in Russland und der Türkei mit Sorge. Für die baden-württembergischen Unternehmen heißt das, mit innovativen Ideen weiterhin wettbewerbsmäßig am Ball bleiben. Der Export ist und bleibt unsere Stärke“, betont Richter.
Der bevorstehende Brexit bereitet den Unternehmen im Südwesten zusätzlich Sorgen: 60 Prozent der Befragten gaben an, im Vereinigten Königreich aktiv zu sein. Es ist Deutschlands siebtwichtigster Handelspartner. Für die Verhandlungen des Austritts aus der EU betrachten 92 Prozent der Unternehmen den Erhalt des freien Warenverkehrs und die Vermeidung zusätzlicher Zollbürokratie als wichtigsten Punkt. Fast jeder zehnte Betrieb mit Investitionen im Vereinigten Königreich plant aufgrund des Brexits bereits eine Verlagerung auf andere Märkte.
Die bundesweite Umfrage „Going International 2017“ des DIHK ist mit Unterstützung von 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) erstellt worden. Die Umfrage hat ihren Ursprung in Stuttgart. Bereits 2003 wurde die erste Going-International-Umfrage in der Region Stuttgart durchgeführt.

PM

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