888 kauft William Hill

Die Würfel sind gefallen: Das börsennotierte Glücksspielunternehmen 888 kauft dem amerikanischen Caesars Entertainment das Geschäft des britischen Buchmachers William Hill ab. Der Online-Pionier 888 lässt sich den Einkauf 2,2 Milliarden britische Pfund kosten – rund 400 Millionen Pfund mehr, als Experten ursprünglich erwartet hatten. Caesars Entertainment, in dessen Besitz sich unter anderem das legendäre Casino-Resort Caesars Palace in Las Vegas befindet, behält lediglich William Hills US-Geschäft.

Das 1934 in London eröffnete Wettbüro von William Hill gehört im wettbegeisterten Großbritannien zu den bekanntesten Unternehmen der Branche. Was einst mit Pferderennen begann, umfasst mittlerweile außer traditionellen Wettbüros auch Online-Sportwetten, Online-Casinos und 888 Poker, Bingo und mehr.

Die Online-Glücksspielbranche hat in den vergangenen Jahren starke Zuwächse erzielt, was sich auch an den Aktienkursen bemerkbar gemacht hat. Weltweit lagen die Umsätze im landbasierten und virtuellen Glücksspielmarkt im Jahr 2020 bei 364 Milliarden Euro. In Deutschland entfielen auf den regulierten Markt, zu dem zu diesem Zeitpunkt nur bestimmte Sportwetten, Lotto, Toto und staatliche Casinos gehörten, rund 11,07 Milliarden Euro. Im unregulierten, weil in der Bundesrepublik nicht erlaubten Online-Markt, wurden geschätzte 2,21 Milliarden Euro umgesetzt.

Dank des neuen Glücksspielstaatsvertrags der Länder, das am 1. Juli 2021 in der gesamten Bundesrepublik in Kraft getreten ist, hat sich das geändert. Seitdem sind deutlich mehr Sportwetten aus aller Welt sowie Online-Casinos zugelassen, sofern der Anbieter eine Lizenz aus Deutschland besitzt. Für die deutschen Kunden bedeutet das den Abschied aus einer rechtlichen Grauzone, und für die Anbieter wie William Hill oder den neuen Besitzer 888 Holding bringt das neue Gesetz eine beachtliche Anzahl an potenziellen Neukunden, die bisher verunsichert waren, was erlaubt ist und was nicht. Das hat die Übernahme des britischen Buchmachers noch interessanter gemacht und ist auch Investoren nicht verborgen geblieben.

Vater Staat profitiert ebenfalls, weil Steuern und Abgaben im Online-Glücksspielgeschäft ausschließlich an das Land des Lizenzgebers fließen.

Um die begehrte Genehmigung innerhalb der Bundesrepublik zu erhalten, müssen sich die Anbieter an die damit verknüpften Auflagen halten und sich der Regulierung durch eine eigens für das Online-Glücksspiel geschaffene Aufsichtsbehörde unterwerfen.

Das beinhaltet auch eine bundesweit geltende Sperrdatei für auffällige Zocker, in die diese aufgenommen werden können, wenn sie als suchtgefährdet geflaggt werden. Spieler können sich zudem freiwillig in die Datei eintragen lassen. Hinzu kommen Limits von maximal 1000 Euro im Monat für jegliche Art von Online-Glücksspiel.

Mit 1.400 Wettbüros allein in Großbritannien ist William Hill eine der Größen in dem lukrativen Geschäft. Erwartungsgemäß gab es den auch gleich mehrere Interessenten für die geographisch beschränkte Übernahme von William Hill. Als einer der Hauptkonkurrenten von 888 galt der irische Buchmacher Boyle-Sports, der bereits im vergangenen Jahr die 31 nordirischen Standorte von William Hill übernommen hatte. Der US-amerikanische Konzern Apollo Global war ebenfalls an dem Einkauf interessiert.

Die in den diversen Ländern ansässigen Büros sind denn auch der entscheidende Faktor bei der Bewertung von William Hill. Obwohl 888 in erster Linie aufs Online-Geschäft konzentriert ist, bringen die britischen Wettbüros rund zwei Millionen Kunden mit sich. Und obwohl Großbritannien seit Brexit nicht mehr in der EU ist, sind nur die landbasierten Geschäfte davon betroffen. Online dürfen die Webseiten angeboten werden, sofern sie für deutsche Kunden eine Lizenz aus der Bundesrepublik und ansonsten für die meisten EU-Länder eine Lizenz aus einem der Mitgliedsländer vorweisen können.

Der Online-Markt boomt in den meisten Ländern, was es 888 ermöglicht hat, einen Kaufpreis anzubieten, der nur zu knapp drei Vierteln durch den eigenen Marktwert und zum Rest durch Investoren abgedeckt ist.

Der Aktienkurs von 888 Holding entwickelt sich seit fast eineinhalb Jahren mit kurzen Einbrüchen kontinuierlich nach oben. Im März 2020 hatte es einen kurzen Tiefflug unter einen Euro pro Aktie gegeben, aber dieser Ausrutscher hielt nicht lange an. Mittlerweile liegt der Kurs bei etwas mehr als vier Euro, was die Aktien auch attraktiv für Kleinanleger macht. Obwohl die Glücksspielbranche immer häufiger als vielversprechender Anlagetipp gehandelt wird, gilt hier wie stets beim Spekulieren die Maxime, dass nur Summen investiert werden sollten, auf die längerfristig verzichtet werden kann.

Eine gewisse Nervenstärke gehört außerdem dazu, um nicht bei jedem unerwarteten Kurseinbruch die Aktien abzustoßen, nur, um es bald darauf zu bereuen. Genau wie beim offiziellen Glücksspiel gehört beim Investieren ein gewisser Risikofaktor dazu, auch wenn sich dieser durch gründliche Recherche und Marktanalyse reduzieren lässt.

Im Fall von William Hill scheinen alle beteiligten Parteien zumindest derzeit zufrieden zu sein. Caesars hatte das britische Unternehmen erst im vergangenen Jahr mit Blick auf die US-Seite gekauft. Rund 2,9 Milliarden Pfund hatte sich der amerikanische Konzern den Erwerb kosten lassen – eine Summe, die sich nun um 2,2 Milliarden Pfund reduziert und Caesars den Teil von William Hill abnimmt, an dem sie von vornherein nicht wirklich interessiert waren. Die Aktienkurse gingen nach der Ankündigung des Abschlusses leicht in die Höhe.

Käufer 888 hingegen bekommt ein Unternehmen mit treuen Stammkunden, einem hervorragend ausgebauten, über ganz Großbritannien verbreiteten Netz von Standorten, und einem lukrativen Online-Geschäft, das nicht nur aufgrund der Gesetzesänderung in dem bedeutenden deutschen Markt noch vielversprechender geworden ist. In den vergangenen Jahren hat sich Glücksspiel als eine Geschäftsanlage erwiesen, in der fast alle als Gewinner nach Hause gehen können.

Fotos von unplash

 

PM

 

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