Staatliche Hilfe lässt auf sich warten – BVMW beklagt lange Bearbeitungszeiten bei der L-Bank

Unbürokratische Hilfe hat die Bundesregierung den Betroffenen des zweiten Lockdowns versprochen, doch daraus scheint nichts zu werden. Diese ernüchternde Feststellung macht Lothar Lehner, Repräsentant des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) im Kreis Göppingen. Der Antrag für die so genannte Novemberhilfe ließ lange auf sich warten und auch bei der Überbrückungshilfe II für die Monate September bis Dezember gibt es Probleme, wie Steuerberater Peter Wahler aus Zell u. A. entnervt berichtet.

Viele Solo-Selbstständige, Kleinunternehmer und Mittelständler in der Region stehen finanziell inzwischen mit dem Rücken an der Wand und die am Mittwoch von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie machen die Situation für die Betroffenen noch schlimmer. Lothar Lehner, der Repräsentant des BVMW im Landkreis Göppingen, weiß von zu vielen Betrieben, die am Ende sind, wenn sie nicht schnell Hilfe erhalten. Doch schnelle Hilfe ist zwar zugesagt jedoch noch nicht in den Unternehmen angekommen.

Der für die Novemberhilfe erforderliche Antrag steht erst seit Mittwoch, 25.11.2020 im Internet bereit. Viel zu spät, wie Lothar Lehner aus Gesprächen mit verzweifelten Betroffenen weiß. Für sie zählt nämlich jeder Tag, da die laufenden Kosten in der Regel bereits zum Monatsende abgeflossen sind. „Vielen brennt der Kittel“, so Lehner. Eine Novemberhilfe, die erst im Dezember ausbezahlt werde, suggeriert etwas anderes. Zumal die Betroffenen nach den Beschlüssen vom Mittwoch wohl auch im Dezember erst einmal keine Einnahmen haben werden, aber weitere Ausgaben. Zudem soll, so Wahler, die Novemberhilfe mit der Überbrückungshilfe II verrechnet werden. Doch was wie angerechnet wird, stehe noch in den Sternen.

Noch problematischer stellt sich die Überbrückungshilfe II da, mit denen der Staat Unternehmern für die Monate September bis Dezember helfen will. Die für die Auszahlung zuständige L-Bank lässt sich Zeit, weiß der Zeller Steuerberater Peter Wahler. Dass die L-Bank die Auszahlungen hinauszögert, könnte auch damit zusammenhängen, dass die EU erst am vergangenen Montag die Rechtsgrundlage für die Überbrückungshilfe II hergestellt hat, mutmaßt Wahler.

Doch damit nicht genug. Bei der Auszahlung der Überbrückungshilfe I, die Unternehmern für Ausfälle beim ersten Lockdown im Frühjahr helfen sollte, gibt es immer noch Probleme. Nur fünf von zwölf seiner Klienten, die einen Antrag gestellt haben, hätten inzwischen ihr Geld erhalten. Haarspalterei sei mit ein Grund für die Verzögerungen. So habe er, Wahler, einen Antrag zurückerhalten, weil er angekreuzt hatte, dass sein Mandat maßgeblich Einkünfte aus der Gastronomie beziehe. Er hätte jedoch das Kreuzchen hinter dem Wort „überwiegend“ machen müssen. „Ich habe im Duden nachgeschaut und mir die Definition der beiden Begriffe angeschaut. Bei maßgeblich stehe „entscheidend“, bei überwiegend „größtenteils“. Dem Betroffenen sei eine solche Diskussion in dieser Situation nicht mehr zu erklären“, so Wahler weiter und weiß von Berufskollegen, dass diese ähnliche Auseinandersetzungen mit der L-Bank führen. In einem solcher Fälle habe der Hick-Hack mit der L-Bank bei ihm auch zu einer unnötigen Belastung des Mandatsverhältnisses geführt, klagt Wahler.

Wie die Hilfen bearbeitet werden, zeigt auch das Bespiel eines Gastronomen aus dem Remstal, der nach eigener Aussage am 12. November nach 50 Versuchen endlich einen Mitarbeiter der L-Bank telefonisch erreichen konnte, um sich nach der Auszahlung der über den Steuerberater am 29. September beantragten Überbrückungshilfe I zu erkundigen. Der Mitarbeiter der L-Bank habe eingeräumt, dass Land unter herrsche und das System auch einige Tage defekt gewesen sei. Der Steuerberater habe, so die Auskunft der L-Bank, am 11. Oktober einen am 10. Oktober eingeforderten Nachbearbeitungsantrag eingereicht. Mit dem Hinweis, es sei bereits der 12. November, erhielt der anrufende Gastronom zur Antwort, dass man nicht wisse, wann der Antrag positiv beschieden und auszahlungsbereit sei. Der Anrufer wies darauf hin, dass der Steuerberater bereits die Überbrückungshilfe II beantragt habe. Die L-Bank laut Protokoll des Anrufers: Das wird sich auch hinziehen. Vor diesem Hintergrund schrieb der Gastronom eine Mail an Wirtschaftsminister Altmaier und Finanzminister Scholz: „Sie nageln gerade den Sargdeckel auf unsere Wirtschaft, auf die mühsam aufgebauten Existenzen von Hunderttausendenden, auf massenweise Jobs, auf Familien“. Weiter führte er an, dass viele Unternehmer schon seit geraumer Zeit auf ihre privaten Reserven und ihre Altersvorsorge zurückgreifen, um die Betriebe zu retten. „Wie lange soll das noch gut gehen?“

„Nicht mehr lange“, ist sich Lothar Lehner sicher. Der BVMW-Repräsentant befürchtet, dass durch die am Mittwoch gefassten Beschlüsse der Politik, den Lockdown bis 20. Dezember zu verlängern, viele Betriebe die Zeit nicht mehr überstehen werden. „Wir müssen uns 2021 über die Aufgabe oder Insolvenz von vielen Unternehmen nicht wundern, dies im Übrigen vor dem Hintergrund, dass die Bundeskanzlerin am 25.11.2020 bekannt gab, bei einer Fortführung des Lockdown light im Dezember, die Hilfen in der bisherigen Höhe nicht fortzahlen zu können.“ Lehner: „der BVMW wird diese Positionierung der Bundesregierung nicht akzeptieren.“

PM Lothar Lehner Selbständiger Repräsentant des BVMW e. V. 

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/wirtschaft/115498/

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.