Statement von Susanne Scheck, Vorsitzende der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz zur Zukunft der Personalausstattung und Lage der Pflege im Krankenhaus

Gestern stellten die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft, ver.di und der Deutsche Pflegerat ein gemeinsames Konzept vor, um die von der Bundesregierung beschlossenen und parlamentarisch verabschiedeten Personaluntergrenzen in Kliniken effektiver zu gestalten.

Zur aktuellen Lage der Pflege in Krankenhäusern bei uns im Südwesten sowie den Herausforderungen für die Pflege im klinischen Bereich folgt ein Statement von Susanne Scheck, Oberin und Vorstandsvorsitzende der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz.

Das Statement in voller Länge:
„Der Gedanke, den die Politik mit den eigeführten Personaluntergrenzen verfolgt, ist an sich ein guter, erster Schritt in die richtige Richtung.
Die aktuellen Personaluntergrenzen gelten jedoch nicht für alle Bereiche und Stationen, sondern nur für ausgewählte, als besonders kritisch eingeschätzte Abteilungen der Klinik, u.a. für die Intensivmedizin bzw. die Kardiologie. Wir benötigen kompetente, zukunftsfähige Lösungen für das gesamte System Krankenhaus.
Ein weiterer Kritikpunkt an den derzeit geltenden Regelungen ergibt sich aus dem bestehenden Personalmarkt: Es kann kein neues Pflegepersonal eingestellt werden, wenn es kurzum keine verfügbaren Kräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Der Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften hat uns auch in Württemberg fest in der Hand.
Die Gewinnung ausländischer Fachkräfte kann kurzfristig für Linderung sorgen. Auch um den Notstand, den wir aktuell erleben, abzufedern.

Die Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz e. V. ist ein gemeinnütziger Zusammenschluss von professionellen Pflegekräften mit dem Zweck der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege. Sie ist Teil der weltweiten Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung.
Als eingetragener Verein mit rund 1.800 Mitgliedern ist die Schwesternschaft demokratisch und überkonfessionell organisiert. Neben der Ausbildung im Pflegebereich zählen Förderung, Weiterqualifizierung, Interessenvertretung und Absicherung der Mitglieder zu ihren Kernaufgaben.
Die Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz e. V. ist eine von 31 DRK Schwesternschaften mit bundesweit rund 21.000 Mitgliedern. Dachorganisation ist der Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. in Berlin.

Wir als Rotkreuzschwesternschaft haben hier ab 2013 bereits Erfahrungen im Rahmen eines Modellprojekts zur Gewinnung von Fachkräften in der Pflege aus Drittstaaten gewonnen. Die Bewerbungslage von ausländischen Fachkräften und Auszubildenden ist bei uns als Rotkreuzschwesternschaft sehr gut. Doch die bürokratischen Richtlinien sind noch immer zu hoch. Es dauert nach wie vor zu lange, Fachkräfte aus Drittstaaten in Deutschland einzusetzen.

Integration kann nur gelingen, wenn wir mit Verständnis und Einfühlungsvermögen auf unsere neuen, ausländischen Pflegekolleginnen und -kollegen eingehen. Dies leben wir durch unsere Rotkreuzgrundsätze.
Um die Pflege und somit das Wohlergehen und die Sicherheit von Patienten krisenfest aufzustellen, ist es umso wichtiger, die bestehenden Pflegekräfte zu unterstützen und in ihrem Arbeitsalltag zu stärken.
Es ist unsere Aufgabe, für die Pflege einen gemeinsamen Weg zu finden. Berufsübergreifend, kompetent und realistisch.

Wir benötigen mehr junge Menschen, die für die Pflege Interesse entwickeln. Die Ausbildung von Pflegefachkräften ist von entscheidender Bedeutung. Daher freut es uns als Württembergische Schwesternschaft sehr, dass unsere Ausbildungszahlen stabil sind. Zurzeit bilden wir rund 300 vorwiegend junge Menschen in der Pflege aus.
Begeisterung für einen Beruf schafft man nicht primär über Bezahlung. Diese muss stimmen, die intrinsische Motivation ist jedoch gerade bei jungen Erwachsenen ein relevanterer Faktor.

Mitbestimmung und Wertschätzung sind die Instrumente, auf die es ankommt. Die Pflege sollte als überlebenswichtiger Bestandteil des Systems Klinik wesentlich an den Entscheidungsprozessen beteiligt sein. Entscheidungsfreiräume, die es ermöglichen, den Menschen in den Mittelpunkt der aktuell sehr organisationsgesteuerten Prozesse zu stellen, sind gefragt.

Darüber hinaus wird auch der Aspekt eines modernen Arbeitsumfeldes zusehends ausschlaggebend. Pflegende in ihren Zwanzigern möchten nicht ihr digitales Selbstverständnis an der Tür zur Klinik abgeben und in die Zeit vor der Digitalisierung zurückfallen.

Die Aktivierung von Pflegekräften, die ihren Beruf nicht mehr ausüben, ist essenziell. Frauen, die sich in der Familienphase befinden, sind wertvolle, künftige Mitarbeiterinnen. Eine Frau mit Familie kann sich und ihr Umfeld organisieren und verfügt über großes Fachwissen. Es müssen Strukturen geschaffen werden, um diesen Frauen eine flächendeckende Rückkehr in die Pflege zu ermöglichen.

Seien es Kindertagesstätten oder familienfreundliche, individuelle Arbeitszeiten, die an der Lebensrealität der Frauen orientiert sind. Auch für andere Berufsgruppen in den Kliniken wird dies immer relevanter. Denn auch die Medizin wird zunehmend weiblich. Für Frauen steht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Im Vordergrund. Diesen Ansatz eines geänderten Lebensmodells gilt es zu beachten.

Ein weiterer relevanter Hebel zur Stärkung der Pflege sind Fort- und Weiterbildungen sowie die zunehmende Akademisierung. Wissen und das Gefühl, kompetent Handeln zu können, stärken Pflegenden den Rücken und halten diese im Beruf. Unser Selbstverständnis als Württembergische Schwesternschaft umfasst genau diesen Aspekt. Wir sehen uns als Wegbegleiter und bestärken unsere Mitglieder darin, sich kontinuierlich weiterzubilden. Wir unterstützen dies finanziell und organisatorisch, u.a. mit Freistellungen, immer in enger Abstimmung mit unseren zahlreichen Kooperationspartnern.

Für uns als Württembergische Schwesternschaft vom Roten Kreuz steht seit 100 Jahren der Mensch im Mittelpunkt unseres Handelns. Doch dies gilt nicht nur für den Patienten, sondern auch für unsere engagierten und qualifizierten Mitglieder. Deren Lebensrealität wahrzunehmen und nicht nur die Pflegekraft zu sehen, ist unser Ansatz, die Richtlinie nach der wir handeln. Nur ein gemeinsam abgestimmtes Handeln kann Verbesserungen schaffen.“

Zur Württembergischen Schwesternschaft selbst:
Rund 1.800 Mitglieder gehören der Württembergischen Schwesternschaft vom Roten Kreuz an, die ihren Hauptsitz in Stuttgart hat.
Mit über 80 Kooperationspartnern in Stuttgart und der Region verbindet die Württembergische Schwesternschaft eine teils jahrzehntelange, enge Zusammenarbeit. Zu den Partnern der Rotkreuzschwesternschaft zählt u.a. das Klinikum Stuttgart, die Sana Kliniken Stuttgart, der Klinikverbund Südwest, die medius Kliniken, das Christophsbad sowie die Alb Fils Kliniken.
Darüber hinaus betreibt die Württembergische Schwesternschaft eigene Einrichtungen in der Altenpflege an den Standorten Stuttgart und Sindelfingen.

 

PM Württ. Schwesternschaft vom Roten Kreuz e.V.

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