„Gewalt in der Pflege – (k)ein Tabuthema!“ Landkreis Göppingen veranstaltet landesweiten Fachtag

Im Waldheim “Am Oberholz” in Göppingen fand am 14. Juli 2022 der Fachtag “Gewalt in der Pflege – (k)ein Tabuthema” statt. Die gemeinsame Veranstaltung mit dem Verein “Initiative Sicherer Landkreis e.V.” sowie mit den Kooperationspartnern “Wilhelmshilfe e.V.” und “Caritas Fils-Neckar-Alb” erweckte landesweites Interesse.

Dem Landkreis Göppingen und seinen Kooperationspartnern ist es ein großes Anliegen, das Thema Gewalt in der Pflege aus der Tabuzone herauszuholen, aufzuklären und Mut zu entwickeln, Gewaltvorfälle in den Einrichtungen sowie im häuslichen Umfeld anzusprechen, sich Unterstützung und Beistand zu holen. So entstand aus dem “Netzwerk für ein gewaltfreies Zuhause des Landkreises” sowie aus dem “Ethikvotum der Wilhelmshilfe e.V.” die Idee eines großen Fachtages im Landkreis Göppingen. Rudolf Dangelmayr, Dezernent für Jugend und Soziales des Landkreis Göppingen begrüßte die rund 90 Teilnehmer*innen, welche anschließend interessiert den Impulsvorträgen am Vormittag folgten. Dagmar Hennings, Vorständin der Wilhelmshilfe e.V., stellte das “Projekt Halt!(ung) bei Gewalt” vor und erzählte von den Vorkommnissen in der Wilhelmshilfe aus dem Jahr 2019, von der Aufarbeitung und die weiteren geplanten Schritte. Das Publikum war sehr angetan von dem ehrlichen und mutigen Vorgehen der Wilhelmshilfe, das Thema Gewalt aus der Tabuzone zu holen, Schulungen anzubieten und einen kulturellen Wandel zu etablieren. Bianca Berger, Diplompflegewirtin (FH), informierte mit Ihrem Impulsvortrag “Gewalt in der Pflege” umfassend zu dem Thema. Durch nationale und internationale Studien zeigte sie, wie wichtig und umfangreich das Thema “Gewalt in der Pflege” ist.

Dr.med. Michael Grebner, leitender Oberarzt des Klinikum Christophsbads i. R. und Mitglied des Landkreis Demenz-Netzwerkes und langjähriger Kreisrat, berichtete von “Gewalt von und gegen Menschen mit Demenz”. Er stellte nochmals klar, dass sich die Wahrnehmung von Menschen mit Demenz verändert. Somit reagieren sie heftiger, oftmals unangemessen auf unbekannte Situationen. Durch verschiedene Praxisbeispiele machte er deutlich, dass man auf dieses Verhalten eingehen, sich und die zu pflegende Person selbst schützen kann.

Nach dem umfangreichen Input konnten sich die Teilnehmer*innen bei einem leckeren Mittagessen stärken, bevor es nachmittags in die fünf verschiedenen Workshops ging.

Thematisiert wurde u.a. “Gewalt an Pflegenden”, “Umgang mit Verdachtsmomenten”, “Achtsamer Umgang mit eigenen Vorurteilen und Fällen von Diskriminierung kann gewaltträchtigen Situationen entgegenwirken”, “Rechtliche Folgen von Gewalt” sowie “Neue nachhaltige Bildungsstrategien zum Umgang mit Gewalt in der Pflege” .

Die Workshops fanden in den unterschiedlichen Räumen im Waldheim statt und aufgrund des heißen Wetters, wurde ein Workshop spontan ins Freie verlegt.

Es wurde reichlich diskutiert und neue Erkenntnisse gewonnen.

Im Workshop “Rechtliche Folgen von Gewalt” wurde schnell deutlich, dass das Wissen über die strafrechtlichen Konsequenzen im Gewaltvorfall recht begrenzt ist: “Es wäre gut, diese Kenntnisse in den Bildungsplan der Pflegeausbildung mitaufzunehmen bzw. zu vermitteln – dies würde den angehenden Pflegekräften Sicherheit im Umgang mit Gewaltvorfällen vermitteln,” so Liebrecht, Vorsitzender des Vereins “Initiative Sicherer Landkreis e.V.” und zuständig für die Gewaltprävention bei der Polizeiberatungsstelle in Göppingen. Mitarbeiter*innen der Wilhelmshilfe zeigten in zwei Workshops die konkreten Maßnahmen, die bei der “Wilhelmshilfe” eingeführt wurden und welche noch kommen werden, um weiter zu sensibilisieren und ein gutes Miteinander zu schaffen.

Ein ganz wichtiger Punkt war zudem, dass mit jemandem gesprochen werden muss. Egal, ob derjenige selbst Opfer von Gewalt wurde oder etwas beobachtet hat. Nur, wenn der Mut da ist über diese Vorfälle zu sprechen, kann etwas verändert werden. Weiter wurde klar, dass das Thema “Gewalt in der Pflege” weiter getragen und auch Ehrenamtliche und Angehörige geschult werden sollten. “Es ist immer wieder gut sich seinen Vorurteilen und Stereotypen bewusst zu werden und sich darüber auszutauschen, damit sie sich nicht verfestigen und zur Diskriminierung führen können”, so Petra Krieg vom Caritasverband Fils-Neckar-Alb, die den Workshop “Wertvolles Miteinander- der achtsame Umgang” moderierte. Die „Anti-Bias-Trainerin” machte durch Übungen in der Gruppe darauf aufmerksam, wie schnell Vorurteile unser Handeln und Denken bestimmen und, dass ein hinterfragender Umgang mit den eigenen Ansichten zu einem friedlicheren Umgang miteinander führen kann.

Dagmar Hennings, Vorständin der Wilhelmshilfe e.V. ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen des Fachtages: “Es freut mich, dass wir mit dieser Veranstaltung auf das wichtige Thema aufmerksam gemacht haben und die Teilnehmer*innen sensibilisieren konnten. Es ist angekommen, dass Gewalt jede*n etwas angeht. Der offene Umgang mit dem Thema wird wertgeschätzt und findet Anerkennung. Wir bleiben dran.”

Weiter ist nun geplant, dass der Landkreis die Ergebnisse und das Thema in die nächste “Kommunale Pflegekonferenz” miteinfließen lassen wird, welche im Frühjahr 2023 stattfinden wird.

 

PM Landratsamt Göppingen Kreissozialamt

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