Landesregierung stellt Europa-Leitbild vor

Die Landesregierung hat bei ihrem Neujahrsempfang in Brüssel ihr neues europapolitisches Leitbild der Öffentlichkeit vorgestellt. In der Vertretung des Landes Baden-Württemberg überreichten Ministerpräsident Kretschmann und Europaminister Wolf zuvor das 29-seitige Papier an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Das Leitbild ist das Ergebnis des Europadialogs zur Zukunft der EU Die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr an verschiedenen Orten in einem breit angelegten Beteiligungsprozess im Land mit Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten sowie Interessenvertretern in verschiedenen Formaten diskutiert (Bürgerforen, Fachforen und Expertenforen). Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte am Dienstag (22. Januar 2019) in Brüssel: „Mit dem Europadialog in Baden-Württemberg ist es uns gelungen, die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite bei der Debatte um die Zukunft der Europäischen Union mitzunehmen. Die Begegnungen haben mir gezeigt, wie viel Expertise und Interesse an der Europäischen Union es in unserem Land gibt.“

Europaminister Guido Wolf ging auf den Brexit ein, der zugleich auch den Anstoß für die aktuelle Zukunftsdebatte der Europäischen Union gegeben habe. Mit dem Europa-Leitbild des Landes habe man hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet: „Mit dem Europa-Leitbild liefern wir wertvolle Impulse für die Debatte um die Europäische Union der Zukunft. Das Europa-Leitbild gibt aber auch im Land

Orientierung, wofür die Landesregierung in der Europapolitik steht.“

Antworten auf die Herausforderungen der Gegenwart: Zehn Bilder für die Zukunft der EU

Im Europa-Leitbild wird in zehn Zukunftsbildern beschrieben, wie die EU von morgen aussehen soll. „Die EU steht vor großen Herausforderungen, bei uns in Europa, aber auch in der Welt“, so Ministerpräsident Kretschmann. Dazu gehörten die Globalisierung, die Digitalisierung, die globale Sicherheitslage, Migrationsfragen, der Klimawandel und die internationalen Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen. „Hier müssen wir Antworten auf Europäischer Ebene finden, unsere Interessen und Potentiale bündeln. Als einzelne Staaten können wir hier nur wenig erreichen. Wie wir unseren Beitrag dazu leisten können und wie sich die EU diesbezüglich aufstellen muss, haben wir in den zehn Leitbildern formuliert.“

Werte, Handlungsfähigkeit und Rechtsstaatlichkeit

„Die EU ist mehr als eine bloße Wirtschaftsgemeinschaft. Wir sind in Europa verbunden durch gemeinsame Werte. Dazu gehören Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Wir können es nicht hinnehmen, wenn dieser Wertekonsens innerhalb der EU infrage gestellt wird“, so der Ministerpräsident. Die Landesregierung unterstütze die Kommission in ihren Anstrengungen, die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards in der EU durchzusetzen. Minister Wolf führte aus: „Der Erfolg des europäischen Projekts hängt entscheidend davon ab, dass wir in der Lage sind, die vereinbarten Regeln auch durchzusetzen. Die EU ist vor allem eine Gemeinschaft des Rechts.“ Um die Handlungsfähigkeit der EU zu verbessern, plädiert die Landesregierung im Leitbild auch dafür, dass sich einzelne Mitgliedstaaten auf bestimmten Themenfeldern zusammenschließen können, um gemeinsam voranzuschreiten.

Eine EU, die von unten aufgebaut ist

„Baden-Württemberg war stets ein Verfechter eines subsidiären Europas. Die Landesverfassung fordert, dass die EU nach dem Prinzip der Subsidiarität aufgebaut wird“, erklärte Ministerpräsident Kretschmann. „Das heißt, dass die EU nur dann tätig werden soll, wenn der Bund oder die Länder die Probleme nicht ausreichend lösen können. Es gibt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Klar ist aber auch, dass manche Aufgaben zu groß für die einzelnen Staaten sind. Hier muss die EU zu einem gemeinsamen Handeln befähigt werden.“

Schutz nach Innen und nach Außen

„In den Bürgerdialogen und in den Expertengremien wurde deutlich“, so Minister Wolf, „dass die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger der Verbesserung der Sicherheitslage im Schengen-Raum große Bedeutung beimessen. Auch und gerade durch einen besseren Schutz der Außengrenzen.“ Grenzüberschreitende Kriminalität im Schengen-Raum schade der Akzeptanz der Europäischen Union. Dabei und auch bei Bedrohungen wie etwa der Cyberkriminalität müssten die Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten enger kooperieren, zugleich müssten bestehende Strukturen auf den Prüfstand gestellt werden. Guido Wolf: „In den vergangenen Jahren ist auf EU-Ebene eine bisweilen unübersichtliche Landschaft von nationalen und europäischen Datenbanken entstanden. Hier braucht es eine Bestandsaufnahme und Bewertung, wobei wir die Expertinnen und Experten in den Behörden eng einbinden müssen.“

Funktionierendes Asyl- und Migrationssystem

Ein wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen ist auch Voraussetzung für ein wirksames EU-Asylsystem. Ministerpräsident Kretschmann: „Ein funktionierendes Asylsystem fußt auch auf einem solidarischen Miteinander aller Mitgliedstaaten.“ Zugleich sollten auf EU-Ebene verstärkt Flüchtlingskontingente eingerichtet werden, um das Schlepperwesen zu bekämpfen und die gefährliche Flucht über das Mittelmeer zu reduzieren.

Herausforderungen der Zukunft

Die Auswirkungen der Digitalisierung sind bereits heute deutlich spürbar. Hier ist die EU gefordert, ihre Kräfte zu bündeln und Standards zu setzen, um im weltweiten Wettlauf um Innovationen mitzuhalten. Minister Wolf: „Die globale technische Entwicklung wartet nicht auf Europa. Als Europäische Union müssen wir einen Zukunftsschwerpunkt Digitalisierung setzen, damit wie im Konzert der Zukunftstechnologien weiter eine Stimme haben.“

Zusammenhalt in der EU stärker in den Fokus

Im Europadialog kam immer wieder das Anliegen zur Sprache, den Zusammenhalt in der Europäischen Union zu stärken. Zum Beispiel über Austauschprogramme und mehr Begegnung nicht nur der jungen Leute, sondern für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen. Daher gibt es im Leitbild ein eigenes Zukunftsbild „Eine EU, die die Bürgerinnen und Bürger zusammenbringt“. Darin setzt sich die Landesregierung unter anderem das Ziel, die Auseinandersetzung mit Europafragen im Rahmen der Demokratiebildung an den Schulen weiter zu stärken.

 

PM Staatsministerium Baden-Württemberg

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