6. Jahresveranstaltung Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg

„Baden-Württemberg als Automobilstandort ist ein Kraftzentrum des europäischen Wirtschaftsraums. Eine starke, innovative Wirtschaft in Baden-Württemberg ist gut für Europa“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Mittwoch (16. November 2022) in der Vertretung des Landes bei der Europäischen Union in Brüssel anlässlich der 6. Jahresveranstaltung des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA BW). „Mit neuen, klimaschonenden Antrieben und als datenbasiertes Dienstleistungsprodukt wird das Auto gerade noch einmal neu erfunden. Ob diese Transformation in Europa erfolgreich ist, das hängt maßgeblich davon ab, was auf europäischer Ebene entschieden wird.“ Im Rahmen des Top-Levels-Meetings, das jährlich auf Einladung von Ministerpräsident Kretschmann tagt, hat das Land ein Impulspapier an die Europäischen Institutionen adressiert. Es zeigt Weichenstellungen auf, um Europa insgesamt zu stärken. Gleichzeitig wurde auch der neue SDA BW-Fortschrittsbericht vorgestellt ( https://sda-bw.de).

An der Tagung nahmen die Vorstandsvorsitzenden großer Automobilhersteller und Zulieferunternehmen sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft teil. Seitens der Bundesregierung war der Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur Dr. Volker Wissing zu Gast, für die Europäische Kommission nahm EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen Thierry Breton teil. Die Landesregierung war neben Ministerpräsident Kretschmann auch durch Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Verkehrsminister Winfried Hermann, Umweltministerin Thekla Walker und Wissenschaftsministerin Petra Olschowski vertreten.

„Automobilstandorte in Europa unter Druck“

Die Automobilwirtschaft in Europa stehe unter einem historisch einmaligen Druck, sagte Kretschmann. „Die große Transformation der Branche hat zu umfassendem Veränderungs- und Investitionsbedarf geführt und neue, starke Wettbewerber auf den Plan gerufen. Die aktuellen Krisen lassen Energiekosten explodieren, führen zu Lieferkettenproblemen, einer Chipkrise und dem Rückgang der weltweilten Kraftfahrzeugproduktion um fast 20 Prozent in den letzten fünf Jahren. Um Personalkosten, Flächenkosten oder Erneuerbare Energien ist ein harter Wettbewerb entbrannt. Die europäische Regulatorik muss deshalb innovationsfreundlicher werden. Wenn Europa im internationalen Wettbewerb ganz vorne mitspielen will, muss es seine Innovationsregionen wie Baden-Württemberg stärken.“ Es müsse möglich werden, Förderungen auch in industriestarken Transformationsregionen im Rahmen der europäischen Wettbewerbsregeln durchzuführen. Die Landesregierung fordert die EU daher auf, neue Instrumente zu schaffen, um Transformationsregionen zu unterstützen

Ladeinfrastruktur als kritischer Erfolgsfaktor für Wirtschaft und Klima

Kritischer Faktor für den Durchbruch klimafreundlicher Mobilität ist eine flächendeckende Ladeinfrastruktur in Europa. „Bei der Ladeinfrastruktur für PKW steht Baden-Württemberg schon sehr gut da“, sagte Kretschmann. „Alle zehn Kilometer findet man in Baden-Württemberg mindestens einen Ladepunkt für Elektro-Autos.“ Auch beim Ausbau der Infrastruktur für batterie- und wasserstoffbetriebene LKW geht Baden-Württemberg gemeinsam mit Partnern aus der Industrie im Rahmen des Projekt PiLaTes voran. Doch all das nützt wenig, wenn die Ladeinfrastruktur außerhalb von Baden-Württemberg hinterherhinkt. Auch ein schneller Ausbau der Stromnetze in Europa ist wichtig.“

Um eine Unterstützung auch auf EU-Ebene einzufordern, adressierte die Landesregierung ein Impulspapier an die Europäischen Institutionen (siehe Anlage). Unter dem Titel „Die Automobilwirtschaft in der Zeitenwende: Gemeinsam in Europa Transformation und Innovation in den Regionen unterstützen“ zeigt das Land dort die erforderlichen Weichenstellungen auf europäischer Ebene auf: Die europäische Infrastruktur für den Hochlauf klimaneutraler Antriebe soll schnell ausgebaut, die Digitalisierung beschleunigt und europäische Datensicherheit geschaffen werden.

Impulspapier fordert Unterstützung der Europäischen Institutionen ein

„Um weiterhin im globalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen wir in Europa noch ein paar Schippen drauflegen: Mehr ermöglichen statt regulieren und mehr Zusammenarbeit aller Akteure – also der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Bürgerinnen und Bürger. Außerdem brauchen wir mehr Kooperation starker Transformationsregionen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Der Strategiedialog Automobilwirtschaft BW steht genau dafür.“

Ergänzend zum Top-Level-Meeting und zur Pressekonferenz finden am Abend eine Veranstaltung zum Thema „Mobilitätsdaten – digitale Souveränität in Europa“ und am morgigen Donnerstag (17. November 2022) die Fachkonferenz „Unser Antrieb ist die Zukunft: Strategiedialog Automobilwirtschaft BW“ mit Ministerpräsident Kretschmann in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg bei der Europäischen Union in Brüssel statt. Im Rahmen der Fachkonferenz werden wichtige Themen der Transformation beleuchtet und mit Expertinnen und Experten, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern sowie einer interessierten Öffentlichkeit diskutiert. Das Programm der Konferenz finden Sie unter https://sda2022.e-mobilbw.de/.

Weitere Stimmen zur 6. Jahresveranstaltung des SDA BW:

Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen: „Ich begrüße den von Ministerpräsident Kretschmann organisierten Strategischen Dialog der Automobilbranche in Baden-Württemberg. Zum Schutz unseres Klimas werden alle neuen PKWs und Vans, die ab 2035 auf unseren Markt kommen, CO2-frei sein. Ich werde mit der gesamten Branche zusammenarbeiten, um alle grundlegenden Voraussetzung für die Erreichung dieser Elektrifizierung sicherzustellen. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission gerade die Euro-7-Vorschriften verabschiedet, um Emissionen zu bekämpfen, welche unsere Gesundheit beeinträchtigen und die Luftverschmutzung verschlimmern, inklusive jener, die durch Reifen und Bremsen von Elektroautos verursacht werden. Diese Regeln werden dem Automobilsektor Sichtbarkeit und Vertrauen geben, um so saubere Fahrzeuge wie möglich – für den europäischen und internationalen Markt – zu produzieren und gleichzeitig seine Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.“

Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: „Wie wir uns künftig fortbewegen, ist eine der drängendsten Fragen unserer Zeit. Und die Welt schaut hierbei auf Deutschland. Unser Ziel muss es sein, europaweit den Ausbau von Ladeinfrastruktur zu beschleunigen, den Ladeprozess zu vereinfachen und so den Umstieg für die Menschen zu erleichtern. Darum gehen wir jetzt mit gutem Beispiel voran und schaffen mit unser Masterplan Ladeinfrastruktur II die Grundlage für eine flächendeckende, bedarfsgerechte und nutzerfreundliche Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur. Darüber hinaus ist es enorm wichtig, dass wir in Europa technologieoffen bleiben, um unsere Klimaziele zu erreichen. Unser Motto lautet: Ermöglichen statt behindern. Das gilt auch bei der Digitalisierung im Mobilitätsbereich. Der Treibstoff hier sind Daten. Sie sollen möglichst breit verfügbar, einfach zugänglich und nutzbar sein. Wichtig bei der Gestaltung des europäischen Rechtsrahmens ist aber: Die Aufgabe muss leistbar sein und darf Verwaltungen, Landkreise und Kommunen nicht überfordern. Wir brauchen deshalb realistische Anforderungen. Das haben wir in den bisherigen Verhandlungen immer betont und werden das auch weiter machen.“

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg: „Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob wir den Klimawandel begrenzen, die nachhaltige Transformation meistern, die Digitalisierung zum Erfolg führen und somit Wohlstand und Arbeitsplätze in Europa bewahren können. Wir dürfen nicht voraussetzen, dass unsere Unternehmen dies alleine schultern können. Mir ist dabei besonders wichtig zu betonen, dass es möglich sein muss, den Erhalt und Ausbau gerade auch wirtschaftsstarker Transformationsregionen abzusichern. Daher begrüße ich einerseits ausdrücklich die europäischen Initiativen wie IPCEI und den EU Chips Act. Andererseits besteht die Gefahr, dass durch die zusätzliche Förderung strukturschwacher Regionen – etwa durch Regionalbeihilfen und weiterer direkter EU-Mittel – bislang industriestarke Regionen, die sich inmitten des Transformationsprozesses befinden, im Standortwettbewerb ins Hintertreffen geraten und ihre Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zu den zusätzlich protegierten Regionen verlieren. Als Folge befürchte ich eine Schwächung der bislang innovativsten Spitzenstandorte und damit eine Schwächung Europas insgesamt. Das darf nicht unser Ziel sein. Die EU hat eine Schlüsselposition inne, wenn es darum geht, die Zukunft unseres Kontinents zu sichern. Wirtschaftliche Stärke und gesellschaftlicher Zusammenhalt gehen Hand in Hand. Eine starke Gesellschaft kann es nur mit einer starken Wirtschaft geben.“

Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Group AG: „Mercedes-Benz unterstützt die Zielvorgaben der EU-Kommission zur Dekarbonisierung. Unser Unternehmen selbst ist noch ambitionierter und plant bis 2030 überall dort 100 Prozent elektrisch zu werden, wo es die Marktbedingungen zulassen. Damit der Hochlauf der Elektromobilität gelingen kann, müssen auf baden-württembergischer, Bundes- und EU-Ebene jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden: Das bedeutet vor allem, dass die Ladeinfrastruktur zügig und flächendeckend ausgebaut wird sowie nationale und europäische Rohstoffstrategien erfolgreich umgesetzt werden.“

Barbara Frenkel, Mitglied des Vorstands der Dr. Ing h.c. F. Porsche AG: „Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg verzeichnet sichtbare Erfolge. Wir sind auf dem Weg, die Zukunft nachhaltig, digital und vernetzt zu gestalten. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sollen hierfür weiter an einem Strang ziehen. Baden-Württemberg und Europa müssen ein führender Automobilstandort bleiben: international wettbewerbsfähig, nachhaltig, mit sicheren Arbeitsplätzen. Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland und Europa brauchen wir zusätzliches Tempo. Gleiches gilt für die weltweite industrielle Produktion von mit erneuerbarem Strom erzeugten synthetischen Kraftstoffen. Mit diesen eFuels lassen sich Verbrennungsmotoren nahezu CO2-neutral betreiben. Gemeinsam mit internationalen Partnern und dem Land Baden-Württemberg ist Porsche gut in der Spur.“

Andreas Schell, Vorstandsvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG: „Der Hochlauf der E-Mobilität in Europa leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität und löst uns von der Importabhängigkeit fossiler Energieträger. Die Erfahrungen aus Deutschland zeigen: Das erreichen wir nur mit ultraschneller Ladeinfrastruktur. Sie ist alltagstauglich, platzsparend und leistungsfähiger als bisherige Ladepunkte. Für den weiteren Ausbau des Schnellladenetzes über Landesgrenzen hinweg müssen jedoch in Deutschland und auf europäischer Ebene Hürden abgebaut werden: Die Anbieter brauchen schlankere Förder- und schnellere Genehmigungsverfahren sowie mehr Flächen und weniger technische und regulatorische Vorgaben – auch im Sinne aller E-Autofahrer*innen in Europa.

Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH: „Wir danken der Landesregierung für ihre Initiative, den Strategiedialog dieses Jahr nach Brüssel zu bringen. Ein konstruktiver Dialog zwischen Politik und Wirtschaft ist heute wichtiger denn je. Wir brauchen eine Politik, die Ziele für ein nachhaltiges Leben vorgibt und einen breiten Mix an Lösungen zulässt. Bosch trägt nicht nur mit seiner weltweiten Klimaneutralstellung, sondern auch mit smarten Technologien zum Erreichen der Ziele bei. Ein Thema, das wir heute besprochen haben, ist die EU-Taxonomie. Gemeinsam mit der Landesregierung setzen wir uns dafür ein, dass die Taxonomie in der Praxis fair und anwendbar ist. Entscheidend ist, dass Zulieferer wie Bosch beim Zugang zu grünem Kapital nicht benachteiligt werden und unsere grüne Technik als nachhaltig eingestuft wird.“

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: „Der Veränderungsdruck rund ums Automobil bleibt anhaltend hoch. Gute und sichere Arbeitsplätze sowie mehr Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten haben für uns weiterhin höchste Priorität. Dafür brauchen wir starke Hersteller und Zulieferer in Baden-Württemberg, aber auch darüber hinaus. Für bald sechs Regionen im Südwesten bieten die vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten regionalen Transformationsnetzwerke die Chance, mit allen Beteiligten gemeinsam Zukunftskonzepte für die jeweilige Region und ihre Standorte zu entwickeln. Betriebsräte, Beschäftigte und Unternehmen sind ausdrücklich aufgefordert, sich in den Netzwerken zusammen mit der IG Metall an der Entwicklung und Umsetzung regionaler Transformationsstrategien zu beteiligen.“

Der Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg:

Alleine Baden-Württemberg sind knapp 500.000 Arbeitsplätze von der Transformation der Automobilwirtschaft betroffen – nicht nur bei den großen Automobilherstellern, sondern auch bei den kleinen und mittleren Unternehmen im Zuliefererbereich, im Handel und in Werkstätten. Die baden-württembergische Landesregierung hat 2017 den Strategiedialog Automobilwirtschaft Baden-Württemberg (SDA BW) initiiert, um den gewaltigen Transformationsprozess in diesem für das Land so wichtigen Wirtschaftszweig zu begleiten. Im SDA BW arbeiten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Arbeitnehmerverbänden, Umweltverbänden und Zivilgesellschaft gemeinsam an den vielfältigen und komplexen Herausforderungen, die sich aus Klimazielen, technologischen Innovationen und gesellschaftlichen Veränderungen ergeben. Projekte des SDA dienen der Erforschung, Entwicklung und Skalierung wichtiger Zukunftstechnologien sowie dem Ausbau der notwendigen Infrastrukturen. Mehr Informationen finden Sie unter www.sda-bw.de.

 

PM Staatsministerium Baden-Württemberg

 

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