Bundestag beschließt Streichung des §219a StGB – pro familia begrüßt, dass Ärzt*innen künftig umfassend über den Schwangerschaftsabbruch informieren dürfen und stellt Praxen und Kliniken Hinweise zum Informationsbedarf zur Verfügung

Heute hat der Deutsche Bundestag die Streichung des §219a StGB aus dem Strafgesetzbuch beschlossen. Dazu erklärt der pro familia Bundesverband:

Endlich ist der Strafrechtsparagraph Geschichte, der die Informationsrechte von Ratsuchenden und Ärzt*innen so lange verletzt hat. Sobald die Änderung in Kraft tritt, können Ärzt*innen niedrigschwellig im Netz darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, mit welcher Methode sie das tun, und sie können zusätzliche Informationen zur Verfügung stellen, die sie für die Patient*innen als wichtig erachten. Dies können etwa Erläuterungen zum Ablauf, zu den Kosten und zu organisatorischen Fragen sein. Mit Werbung hat das alles nicht zu tun, wie Gegner*innen der Streichung während der Debatte immer wieder behauptet haben. Der §219a StGB hatte statt der „Verhinderung von Werbung“ vor allem eine fatale Folge: er ermöglichte fundamentalistischen Gegner*innen der Selbstbestimmung, Ärzt*innen anzuzeigen, wenn sie auf ihrer Webseite über den Schwangerschaftsabbruch informierten. Damit ist nun endlich Schluss. Zu verdanken ist das Ärzt*innen wie Kristina Hänel, die sich nicht mit einer Verurteilung nach §219a StGB abgefunden, sondern den Paragraphen infrage gestellt haben. Ohne ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen wäre es jetzt nicht zur Abschaffung gekommen.

Aus unserer Arbeit wissen wir, dass sich ungewollt Schwangere Informationen darüber wünschen, wo Ärzt*innen einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, welche Methoden sie anbieten und welche Erfahrungen es dazu gibt. Diese Infos niedrigschwellig zu erlangen, gehört zu einer qualitativ guten Versorgung dazu. Ungewollt Schwangere möchten diese Informationen nach unseren Erfahrungen direkt bekommen und nicht vermittelt über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dazu kommt, dass ungewollt Schwangere die Informationen gleich am Anfang ihres Weges zum Schwangerschaftsabbruch suchen und nicht erst, wenn sie in der gynäkologischen Praxis oder in der Beratungsstelle sind.

Durch die Streichung des §219a aus dem Strafgesetzbuch wird dies leichter möglich sein, denn Praxen und Kliniken können künftig direkt auf ihren Webseiten Informationen platzieren. pro familia ist davon überzeugt, dass viele ihr Angebot online sichtbar machen werden, um ihren Patient*innen einen Zugang zu allen wichtigen Informationen rund um den medizinischen Eingriff Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen. Der pro familia Bundesverband hat die wichtigsten Fragen und Anliegen ungewollt Schwangerer aus der Beratungserfahrung heraus zusammengestellt und möchte Praxen und Kliniken damit eine Hilfestellung geben, mit welchen Informationen, Textbausteinen und Links sie die Informationen auf ihrer Homepage erweitern können. Interessierte Ärzt*innen können sich an die nächste pro familia Beratungsstelle wenden oder das Infoblatt beim pro familia Bundesverband anfordern.

Mit der Streichung des §219a StGB setzt Deutschland einen Teil seiner internationalen Menschenrechtsnormen und internationale Richtlinien zum Schwangerschaftsabbruch um. Diese verlangen, alle Einschränkungen des Rechts von Frauen und Menschen, die schwanger werden können, auf Zugang zu Diensten und Informationen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit aufzuheben und die Rechte und Bedürfnisse dieser Menschen zu respektieren. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, Schwangerschaftsabbrüche sowie die Information darüber zu entkriminalisieren. Somit ist die Streichung des §219a StGB ist ein guter erster Schritt, er reicht jedoch nicht aus. Für pro familia ist unabdingbar, dass die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs als solche auf den Prüfstand kommt. Wir brauchen eine evidenzbasierte Neuregelung, die sexuelle und reproduktive Rechte in den Mittelpunkt stellt.

pro familia ist der führende Verband für Sexualität und Partnerschaft in Deutschland. Der Bundesverband wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert.

 

PM pro familia Bundesverband

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