„Die Stunde Null“ – Heimatabend in Albershausen findet wieder großen Zuspruch

Beim Heimatabend in der Schulmensa berichtete Ortschronist Erich Hänßler mit Lesungen – gemeinsam mit Karl Litz, Günther Keller und Hartmut Hänßler- in drei Kapiteln über die Zeit zwischen dem Zweiten Weltkrieg, dem Einmarsch der Amerikaner und der friedlichen Epoche nach 1945.

Geschichte und Geschichten bezogen sich allein auf Albershausen: Zeugnisse von am Geschehen aktiv beteiligten Bürgern, alle zwischen 80 und 100 Jahre alt, die diesen Zeitabschnitt bewusst erlebt haben: Ihre kleine lokale Welt (Albershausen hatte 1945 weniger als 2000 Einwohner) sahen sie unter anderen Gesichtspunkten und bewerteten sie anders als die studierten Historiker.

Besonders in den Kapiteln „Vor der Stunde Null“, – also vor dem Kriegsende – erfuhren die Zuhörer von den Schrecken, Ängsten und Nöten, die der Krieg mit sich brachte. Dass aber auch in dieser Zeit von guten Taten und humorvollen Begebenheiten berichtet werden konnte, zeigte die Geschichte von der „Konsum“-Marie und ihrem gestohlenen Linsensack, von den hungrigen Albershäuser Buben, die auf der Zugfahrt von Stuttgart nach Uhingen einem eingeschlafenen Bauern seinen Speck aus der Hosentasche angelten, vom Volkssturm, der ausrücken sollte, um die Autobahnbrücke auf der Alb zu verteidigen. Sich aber schon in Hattenhofen absetzte, um beim Onkel Schorsch eine Sau zu schlachten, die nicht in Feindeshand fallen sollte.

Gastlich zeigten sich die Bewohner der Edelgasse. Am 20. April, dem Tag, an dem die amerikanischen Streifkräfte den Ort besetzten, machte eine Panzerkolonne auf der „Ebene“ halt, wo ein Bewohner der Besatzung einen – und später mehrere – Krüge Most anbot. Dazu servierte die Hausfrau auf dem Panzerdeck einen Hefekranz. Das war die erste deutsch-amerikanische Mostpartie in Albershausen.

Gegenteilig verlief der tragische Tod des Albershäuser Offiziers Erich Müller, der getreu seines Schwurs, „für Führer, Volk und Vaterland zu sterben“ einen Tag vor dem 20. April den Feinden entgegenging. Doch schon in Sparwiesen wurde er von den Amerikanern gefangen genommen, als Trophäe auf einen Panzer gesetzt und so durch seinen Heimatort Albershausen gefahren. Auf seiner versuchten Flucht im Waldstück Tannengarten wurde er erschossen. Traurig waren die Berichte von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, die in Albershausen eine neue Heimat fanden. Unglaublich scheint der Lebensweg des Soldaten Alfred Keller zu sein, der erst 1954 – also 9 Jahre nach Kriegsende – aus der Gefangenschaft in Sibirien in seine Heimat zurückkehrte.

Viele Erinnerungen wurden bei den Besuchern wachgerufen. „Sie haben uns einen kurzweiligen Abend beschert!“, bedankte sich Bürgermeister Jochen Bidlingmaier bei den Akteuren.

Foto (Erich Hänßler): Ortsmitte im Jahr 1945 mit dem alten Rathaus

PM

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