Göppingen: Mitspielen in der Premiumklasse

Rund zwei Dutzend Vertreter/-innen aus den Filstalkommunen und der Region Stuttgart erörterten kürzlich die Aussichten des gemeinsamen Wirtschaftsraums. Trotz verkehrlicher Probleme besitzt das Filstal nachhaltige Chancen; der Bereich an der Stuttgarter Straße in Göppingen könnte gar zum Premiumstandort werden.

Oberbürgermeister Guido Till begrüßte die Bürgermeister, Wirtschaftsförderer und Stadtplaner der Kommunen in den Räumen des früheren Boehringer-Geländes, das im Eigentum der städtischen Tochtergesellschaft BPG (Business-Park Göppingen GmbH) ist. Nach der erfolgreichen Entwicklung des Konversionsgebiets Stauferpark habe er keine Zweifel, dass die BPG auch das Boehringer-Areal nachhaltig erfolgreich vermarkten werde, so Till. Dabei gehe es nicht um den schnellen Euro, sondern um eine langfristig ausgerichtete, der exponierten Lage gerecht werdende Strategie.

Wie sehr der Industriestandort Filstal seine Entwicklung der Fils zu verdanken hat, verdeutlichte Baubürgermeister Helmut Renftle in einem kurzen historischen Abriss. Die Ansiedlung von ersten Betrieben im Filstal begann dank der Wasserkraft; ein Dutzend Mühlen wurden einst allein am Stadtbach in Göppingen gezählt. Ab 1843 verstärkte sich die Industrialisierung durch den Bau der Eisenbahnstrecke Stuttgart – Ulm; das Filstal wurde zu einem bedeutsamen Zentrum der Textilindustrie, und aus kleinen Werkstätten von Tüftlern entstanden traditionsreiche Betriebe mit Weltruf. Heute befinden sich viele Gewerbegebiete im Umbruch; Industrie- und Gewerbebrachen sind ebenso zu sehen wie Leerstand von stadtbildprägender und wertvoller Gebäudesubstanz. Auf der anderen Seite beherrscht ein knappes Angebot an Gewerbeflächen das Bild. „Aufgrund dieser Gewerbeflächenknappheit hat Göppingen eine Baulandstrategie für das Gewerbe beschlossen“, so Renftle, „Projekte aus dieser Baulandstrategie sind das Entwicklungskonzept GEKO-West und das Gewerbeflächenentwicklungskonzept.“ Dabei genießt die Innenentwicklung Vorrang vor der Außenentwicklung. Ziele sind eine nachhaltige Stadtentwicklung in Göppingen und eine kontinuierliche Bereitstellung von Baulandflächen. „Ohne passgenaue Gewerbeflächen ist es kaum möglich, expandierende Unternehmen zu halten oder neue Unternehmen bei uns anzusiedeln“, schloss der Göppinger Baubürgermeister.

Die Anforderungen und die Entwicklungsschwerpunkte der Gewerbeflächen aus Sicht der Region stellte anschließend Ulrike Borth vom Verband Region Stuttgart dar; Matthias Lutz von der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart zeigte die Herausforderungen der brachliegenden Gewerbeflächen aus Sicht der regionalen Wirtschaftsförderung auf. Alexander Fromm, Wirtschaftsförderer des Landkreises Göppingen, brach die allgemeine Situation der Gewerbeflächen auf die lokale Ebene herunter, ehe es mit der Erörterung einzelner lokaler Projekte ins Detail ging.

Den Auftakt übernahm Göppingens Stadtplanerin Susanne Mehlis mit der Vorstellung des Gewerbeentwicklungskonzeptes GEKO-West, das durch den Verband Region Stuttgart im Rahmen des Modellprojektes „Programm zur Förderung von regionalen Modellprojekten und Kooperationen im Bereich Wirtschaft- und Tourismusförderung“ unterstützt wird. „Das Gewerbegebiet West besitzt ein großes Potenzial für einen Premiumstandort, also einen hochwertigen Standort mit spezifischem Profil in der Stadt und der Region“, verwies Mehlis auf die prominente Lage mit ortsdurchgangsfreier Anbindung an die B 10, auf die Nähe zur Innenstadt und die damit verbundenen urbanen Qualitäten sowie auf die stadtbildprägende Industriearchitektur. Außerdem gibt es dort größere, zusammenhängende Flächen. „Mit unserem Konzept streben wir eine Entwicklung aus einem Guss an“, erläuterte Mehlis. Dazu gehören die Aufwertung des Stadteingangs durch stadtbildprägende Neubebauungen im Bereich Stuttgarter Straße/Christian-Grüninger Straße, die Gestaltung ansprechender Freiräume bis hin zur Stärkung des Erlebnisraums Fils, aber auch die Herstellung gestalterisch hochwertiger und verkehrlich leistungsfähiger Verkehrsanlagen einschließlich Parkplätze. „Wir wollen dabei den Anteil des Radverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs erhöhen.“ Und schließlich soll auch die Route der Industriekultur im Gebiet ergänzt werden. „Wir streben nach standortadäquaten Nutzungen der Immobilien mit langfristig tragfähigen Lösungen“, gab Susanne Mehlis abschließend als Ziel aus.

Anknüpfend an den Erwerb des Boehringer-Areals durch die BPG blickte Göppingens Wirtschaftsförderin Christine Kumpf auf die erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung des Stauferparks zurück. Fast alle Flächen sind vergeben, allein die Ansiedlung der Firma Kleemann sorgte für rund 500 gewerblich-produktive Arbeitsplätze. Mit dem Impuls- und Gründerzentrum (IGZ) werden spezielle Angebote für Existenzgründer bereitgehalten; nach dem Erfolg des Business-Hauses entsteht aktuell der B 2.

Projektvorstellungen aus Ebersbach und Geislingen folgten: Die Entwicklungsphasen des Kaufmann-Areals präsentierte Roland Albig von der Stadt Ebersbach. Dort wurde eine innerstädtische gewerbliche Brachfläche zu einem zentralen Ort mit Aufenthaltsflächen, Einzelhandel und Wohnen gestaltet. Alwine Aubele, Stadt Geislingen, führte zwei Beispiele aus der Fünf-Täler-Stadt zum Thema Gewerbeflächenneuordnung an: Zum einem das ehemalige MAG-Areal mit der besonderen Herausforderung einer Altlastensanierung; zum anderen die Neuordnung der ehemaligen Färberei Walter. Anschließend wurden Fragen rund um Industriegebiete in der Region Stuttgart, aber auch zur verkehrlichen Anbindung diskutiert. Die Erreichbarkeit durch den ÖPNV sowie auf Straße und Schiene ist für das gesamte Filstal von zentraler Bedeutung und vor allem für das obere Filstal eine große Herausforderung. Nicht nur beim Thema Einzelhandel als ein Teilbereich des Gewerbes wurden Ansätze für verschiedene interkommunale Lösungen besprochen.

 

Interkommunale Zusammenarbeit

„Die Aneinanderreihung von Betrieben zu einem ‚Industrieband‘, ja zu einer ‚Perlenschnur‘ entlang der Fils und das teilweise Zusammenwachsen von Ortschaften im mittleren Filstal spricht eindrücklich für eine vertrauensvolle kommunale Zusammenarbeit“, zog Göppingens Oberbürgermeister Guido Till ein positives Fazit des informativen Vormittags und verwies auf die bereits bestehenden interkommunalen Strukturen wie der Masterplan Fils oder die erfolgreiche Route der Industriekultur „Auch wenn wir aktuell in einer gesicherten wirtschaftlichen Konjunkturphase stehen, haben sich unsere Unternehmen dem globalen Wettbewerbsdruck und den damit verbundenen technischen Fortschritten zu stellen“, warnte OB Till vor einem Nachlassen in Sachen aktiver Wirtschaftsförderung und nachhaltiger Stadtentwicklung. „Mit dem Erfahrungsaustausch vor allem in den Bereichen der Stadtentwicklung und Stadtplanung sowie der Wirtschaftsförderung wurde ein weiterer Schritt gegangen, um den gemeinsamen Austausch untereinander zu Stärken.“ Das nächste Treffen ist für Frühjahr 2017 vorgesehen.

PM

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