Aufnahme geflüchteter Menschen ist eine große Herausforderung

Der Runde Tisch „Integration und Teilhabe“ beschäftigte sich mit dem Thema „Geflüchtete aus der Ukraine“ und dem Fokus auf die Abläufe im Bereich „Wohnen und Unterbringung“ sowie „Zugängen zu Bildung, Sprachkursen und dem Arbeitsmarkt“. Er weckte das Interesse von vielen hauptamtlichen Akteuren, Betroffenen oder ehrenamtlich Engagierten.

An der hybriden Veranstaltung, die gleichzeitig im großen Sitzungssaal des Rathauses und digital über Zoom stattfand, nahmen rund 50 Personen teil. Wichtig war es, dass alle involvierten Stellen einen Informationsaustausch hatten, so dass man einen Gesamtüberblick über die Abläufe, die Verfahrensdauer und Besonderheiten im Zusammenhang mit den Geflüchteten aus der Ukraine erhielt. Aber auch die Lage und Entwicklung in Zusammenhang mit den Fluchtbewegungen im Allgemeinen wurde besprochen.

So führte Marco Lehnert, Leiter des Kreissozialamtes, an, dass dem Landkreis im Kalenderjahr 2022 bis zum Stichtag 31.10.2022 rund 2300 geflüchtete Menschen durch das Land zugewiesen wurden. Zusätzlich zu dieser hohen Anzahl an Personen gibt es im Landkreis aber auch fast 3000 sogenannte „Flächenfälle“. Dies sind Personen aus der Ukraine, die nicht das staatlich dreigliedrigen System der Flüchtlingsunterbringung durchlaufen haben, sondern direkt in eine private Wohnung gezogen sind.

Anika Rapp, Referatsleitung der städtischen Ausländerbehörde, bekräftigte, dass sich in Göppingen aktuell fast die Hälfte aller im Stadtgebiet untergebrachten Geflüchteten aus der Ukraine direkt auf dem privaten Wohnungsmarkt versorgen konnten. Das damit verbundene Engagement in der Unterbringung und auch der Integration der Menschen (oftmals durch Verwandte oder Bekannte erbracht) würdigte Erste Bürgermeisterin Almut Cobet sehr: “Diese sehr unerwartete Fluchtbewegung kann wieder nur gemeistert werden, da Personen nicht wegschauen, sondern sich persönlich sehr engagieren. Sei es mit der Bereitstellung von Wohnungen, Übersetzungsdienstleitungen oder Patenschaften.“

Zwar kommen aktuell im Vergleich vor allem zum 2. Quartal des Jahres weniger Geflüchtete aus der Ukraine in den Landkreis und somit auch in die Stadt Göppingen, aber bis Ende des Jahres 2022 werden etwa 900 Plätze in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften in Göppingen voraussichtlich belegt sein. Im gesamten Landkreis stehen 2400 Plätze in der Vorläufigen Unterbringung zur Verfügung. Geflüchtete aus der Ukraine dürfen bereits nach sechs Monaten in die Anschlussunterbringung wechseln.

Die Kommunen im gesamten Landkreis sind diesbezüglich verpflichtet, ihre Anschlussunterbringungsquote (anteilig entsprechend des Einwohneranteils an der Landkreisbevölkerung) zu erfüllen. Die Stadt Göppingen hat hier aktuell noch keine Verpflichtung, weiteren Wohnraum anzubieten, jedoch lassen die Prognosen hinsichtlich der zu erwartenden Zuweisungen aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen vermuten, dass auch die Stadt Göppingen im Jahr 2023 Verpflichtungen in der Anschlussunterbringung wird nachkommen müssen.

Neben dem Themenfeld „Unterbringung“ erläuterte Beate Rudolph für die Volkshochschule Göppingen-Schurwald den Zugang zu Sprachkursen. In Göppingen gibt es eine Vielzahl anerkannter Sprachkursanbieter, die allen Geflüchteten nach einem Einstufungstest den jeweils passenden Sprachkurs anbieten. Hierbei wird keinerlei Unterschied nach Herkunftsland gemacht. Zudem wird darauf geachtet, dass alle Kurse nach Möglichkeit Herkunfts-heterogen belegt sind, da dies den Gebrauch der deutschen Sprache auch innerhalb des Kurses fördert und ebenso den interkulturellen Austausch unter den Teilnehmenden. Beim Zugang zu Sprachkursen muss mit Wartezeiten gerechnet werden. Die Plätze werden der Reihe nach, gemessen am Zeitpunkt der Anmeldung vergeben.

Dr. Andreas Pfletschinger, geschäftsführender Schulleiter der Göppinger Gymnasien und Rektor des Freihofgymnasium, ging anschließend auf die Aufnahmekapazitäten an den allgemeinbildenden Schulen ein, die aktuell unter anderem auch durch die zur Verfügung stehenden Personalkapazitäten begrenzt seien. Auch Anne Buddenkotte beschrieb für das staatliche Schulamt die Situation in Bezug auf den Personalmangel im Schulbezirk Göppingen als herausfordernd und forderte interessierte Personen auf, sich über den Vertreterpool des Landes zu registrieren, damit mehr Lehrkräfte an den Schulen eingesetzt werden können.

Natürlich werde das Recht auf Bildung und die nach sechs Monaten einsetzende Schulplicht nicht vernachlässigt. Leider müssen Kinder und Jugendliche aber oft einige Zeit warten, bevor Plätze in einer Vorbereitungsklasse frei werden oder Plätze in den Regelklassen angeboten werden können. „Aber Schulbesuch bietet Struktur“, so Dr. Pfletschinger. Es gebe aktuell 110 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine an den Göppinger Schulen. Die Tatsache, dass die Bleibeperspektive auch für die aus der Ukraine gekommen Familien selbst oftmals ungewiss ist, schlage sich im Anmeldeverhalten der Eltern und teilweise auch in der Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler nieder.

Für Kindergartenkinder aus der Ukraine, die bereits in privatem Wohnraum (AU) angekommen sind, bietet die Stadt Göppingen aktuell eine Kindergartenspielgruppe für 10 Stunden pro Woche an. Dieses Angebot soll den Kindern helfen, das Spielen nicht zu verlernen und gleichzeitig eine spätere Integration in eine Kita zu erleichtern. Von diesem speziellen Angebot abgesehen melden Geflüchtete aus allen Herkunftsländern ihren Bedarf an Kinderbetreuung regulär über das Vormerksystem der Stadt an.

Nina Rizmann und Georg Wilhelm berichteten für das Jobcenter über die Abläufe im Bereich Leistungen und Arbeitsvermittlung. Der Rechtskreiswechsel vom mehr als 3000 Personen im Landkreis zum 01.06.2022 ist mit viel Engagement aller Beteiligten gut verlaufen. Die meisten Geflüchtete aus der Ukraine befinden sich fast unmittelbar im Leistungsbezug über das Jobcenter. Nina Rizmann berichtete über Erfolgserlebnisse und positive Prognosen hinsichtlich der Integration der aus der Ukraine geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt, da über 70 Prozent einen Schulabschluss haben und dementsprechend viele ein gutes Bildungsniveau mitbrächten. Zudem unterstütze das Jobcenter bei der Bewertung und Anerkennung ausländischer Abschlüsse, damit auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden könne.

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PM Stadtverwaltung Göppingen

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