Sicherer Radverkehr im Fokus Verkehrsplanerin Sissy Habig setzt sich für Kompromisse und gegenseitige Rücksichtnahme ein

In diesem Jahr war alles anders. In den vergangenen Monaten spürte man in ganz Deutschland trotz der Corona-Krise und den damit einhergehenden Einschränkungen und Abstandsregeln einen in dieser Form bislang unbekannten Zusammenhalt, der sich in einer starken Solidarität äußerte. “Das sollte auch für die Mobilität gelten.”, findet Sissy Habig, die seit Juli diesen Jahres als Verkehrsplanerin im Landratsamt Göppingen arbeitet.
Die 34-jährige DiplomGeographin gehört zum Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur und ist Kreiskoordinatorin sowie Ansprechpartnerin für alle Radverkehrsbelange. “Ich konnte mir in den letzten rund 120 Tagen, die ich nun in diesem Bereich arbeite, einen guten Überblick über die Vielzahl der Themen, die den Radverkehr im Landkreis beschäftigen, verschaffen. Es gibt neben sehr vielen positiven Beispielen, die in den letzten Jahren umgesetzt werden konnten, noch immer viel Potenzial im Bereich Radverkehr. Wollen wir die Mobilitätswende im Hinblick auf die verschärfte Klimasituation schaffen, bedeutet dies, eine langfristige Veränderung im Mobilitätsverhalten der Bevölkerung zu erzielen. Um die Menschen davon zu überzeugen, Alltagsstrecken auch einmal auf der umweltfreundlichen und gesundheitsfördernden Alternative “Rad” anstatt im PKW zurückzulegen, gilt es, die Hemmschwelle “Unsicherheit” abzubauen. Eine sichere und durchgängig befahrbare Radinfrastruktur ist unabdingbar. Und deshalb wird bei den Bürgerinnen und Bürgern, politisch als auch verwaltungsintern eine hohe Kompromissbereitschaft nötig sein – vor allem was den motorisierten und ruhenden Individualverkehr sowie dessen Flächenverbrauch angeht. Denn dieser wird dann hin und wieder zurückstecken müssen, um genug Platz für alle Verkehrsteilnehmer schaffen zu können, ohne den Flächenverbrauch erhöhen zu müssen. Der politische Wille hierfür ist unbedingt notwendig.“, betont sie. Ihr sei jedoch bewusst, wie schwierig diese Interessenskonflikte zu lösen sind. Radverkehrsplanung sei in erster Linie eine Angebotsplanung. Dort, wo ein gutes und sicheres Angebot für RadfahrerInnen bereitgestellt wird, steige überall auch die Anzahl der Nutzer. Dort, wo man weiß, dass man sicher von A nach B kommt, steige man auch gerne vom PKW aufs Rad um.

Aber nicht nur bei der Planung und Entwicklung von neuer Infrastruktur muss diese Kompromissbereitschaft von beiden Seiten gezeigt werden. “Auch im tagtäglichen Miteinander sind Rücksichtnahme und guter Wille gefragt.“, so Habig. Gerade jetzt im Herbst sollte die Achtsamkeit im Straßenverkehr besonders groß geschrieben werden.

Für den motorisierten Verkehr gilt:  • Halten Sie genügend Sicherheitsabstand beim Überholen der RadfahrerInnen. Es gelten 1,50 m innerorts, außerorts sogar 2 m. Wenn dieser Anstand nicht eingehalten werden kann, überholen Sie nicht.  • Fahren Sie vorausschauend und nehmen Sie wann immer möglich auch Blickkontakt auf.  • Vor dem Aussteigen: Drehen Sie sich, bevor Sie die Autotür öffnen, in Richtung des nachfolgenden Verkehrs um und nehmen Sie diesen wahr. Die Wahrscheinlichkeit einen vorbeifahrenden Radfahrenden zu übersehen, sinkt somit enorm. • RadfahrerInnen sind die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Was bei einem Auto zu einer kleineren Delle führt, kann für RadfahrerInnen bereits tödlich enden. Deshalb: Verzichten Sie ab und zu auf Ihr Recht, der Zeitverlust ist verschwindend gering.

Aber auch RadfahrerInnen sind dazu aufgefordert, mit entsprechender Vorsicht zu fahren: • Versuchen Sie, etwaiges Fehlverhalten von AutofahrerInnen vorherzusehen und verzichten Sie im Zweifel lieber auf Ihr Recht. Vor allem bei Bussen und Lkw sollte zudem der tote Winkel bedacht werden. Autos haben eine Knautschzone, Sie nicht! Auch wenn Sie ganz klar im Recht sind, bedenken Sie: der Zeitverlust ist auch hier gering, das Leben hat man nur einmal.  • Nicht die Schnelligkeit sollte hier an erster Stelle stehen, sondern die eigene Sicherheit. Und gerade in der dunkleren Jahreszeit lauern viele Gefahren: Feuchtes Laub, rutschiger Fahrbahnbelag, Schnee und Hindernisse, die bei Dunkelheit ggf. übersehen werden können. Hier kann man ganz gezielt vorbeugen, indem Fahrräder mit entsprechender Beleuchtung ausgestattet werden. Der Fahrrad-Helm sollte zudem eine Selbstverständlichkeit sein. Auch sollten Sie auffällige, helle Kleidung mit Reflektoren tragen. Das Stichwort lautet: Sehen und gesehen werden!


• Halten Sie sich an die Straßenverkehrsordnung, auch wenn es verlockend erscheint, statt an der roten Ampel neben Autos zu warten, schnell die grüne Fußgängerampel oder den Zebrastreifen zu nutzen. So entstehen tödliche Unfälle. • Und ganz wichtig: Zeigen Sie Ihre Absichten (Abbiegen, etc.) immer deutlich an! Bauen auch Sie Blickkontakt auf.

„Mit einer bedachtsamen Fahrweise ist man stets gut beraten, um sicher und unversehrt am Ziel anzukommen.“, schließt Habig. Sie arbeitet als Kreiskoordinatorin eng mit der AGFK BadenWürttemberg zusammen, bei der der Landkreis sowie die Städte Eislingen und Göppingen Mitglied sind. Dort nimmt man die angesprochene Themenstellung gerade mit Blick auf die Wintermonate sehr ernst. Deshalb sei es wichtig, die Sicherheitsaspekte gerade jetzt in einer breit angelegten Kampagne ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
 
Informationen zur neuen Radverkehrsplanerin
 
Frau Sissy Habig, die seit Ende 2018 in Göppingen wohnt, ist studierte Diplom-Geographin (Universität Bayreuth). Nach dem Studium hat sie als Standortplanerin bei einem Unternehmen des Steinbeis – Verbunds in Stuttgart europaweite Standortanalysen für eine große Einzelhandelskette erstellt. Danach arbeitete sie im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration in Stuttgart für das Kompetenzzentrum Breitband. Später wechselte sie zum Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung, konkret: zur LEADER-Koordinierungsstelle, die eng mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zusammenarbeitet, um innovative Projekte im ländlichen Raum Baden-Württembergs zu fördern. Die Kreisverwaltung ist froh, dass die Stelle des Radverkehrsplaners nach Monaten der Vakanz nun wiederbesetzt ist. Für die dringend notwendige Mobilitätswende ist der Ausbau von sicherer Radinfrastruktur von großer Bedeutung. Um den vorhandenen politischen Willen auch vor Ort umsetzen und abstimmen zu können, ist qualifiziertes koordinierendes Personal in den Behörden auf den unterschiedlichen Verwaltungsebenen notwendig. Die Landkreise stellen dabei eine wichtige Schnittstelle zwischen den Städten und Gemeinden, dem Land Baden-Württemberg und den RadfahrerInnen dar.

Foto: Frau Habig (Quelle: Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur)

PM Landratsamt Göppingen Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur

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