Weihnachtsbäume im BUND-Test: 76 Prozent sind mit Pestiziden belastet. Auch Spuren eines illegalen Pestizids gefunden

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Nadeln von 17 Weihnachtsbäumen von einem unabhängigen Labor auf Rückstände von knapp 140 Pestiziden untersuchen lassen. Bei 13 der analysierten Bäume wurde das Labor fündig. Insgesamt wurden bei dem Test neun verschiedene Pestizide gefunden, von welchen fünf zu den gefährlichsten zählen, die derzeit in der EU eingesetzt werden.

Am häufigsten wurde mit neun Funden das Insektizid Lambda-Cyhalothrin festgestellt. Es ist unter anderem akut toxisch, schädigt Nervenzellen und das Hormonsystem, ist giftig für Bienen und Wasserlebewesen und reichert sich in Organismen an. In Weihnachtsbaum-Plantagen wird es zur Insektenbekämpfung eingesetzt. Ein weiterer bei dem BUND-Weihnachtsbaum-Test gefundener Wirkstoff, Parathion-Ethyl, ist illegal und darf bereits seit 15 Jahren in der EU nicht mehr eingesetzt werden. Der Wirkstoff wurde früher unter der Bezeichnung „E 605“ verkauft und war im Volksmund als „Schwiegermuttergift“ bekannt, weil es nicht selten für Suizide oder Morde missbraucht wurde. In zwei Weihnachtsbäumen wurde auch das umstrittene Totalherbizid Glyphosat nachgewiesen.

Herbizide, Fungizide, Insektizide

„In Weihnachtsbaumplantagen werden jede Menge Herbizide, Insektizide und Fungizide eingesetzt. Auffällig und beunruhigend ist die hohe Mehrfachbelastung, viele Weihnachtsbäume sind einem regelrechten Pestizidcocktail ausgesetzt“, sagt die BUND-Pestizidexpertin Corinna Hölzel. Mehr als die Hälfte der getesteten Bäume war mit mindestens zwei Wirkstoffen belastet, ein Baum enthielt sogar Rückstände von vier Pestiziden. Die untersuchten Weihnachtsbäume stammten überwiegend von deutschen Plantagen und wurden stichprobenartig in Baumärkten, Gartencentern und im Straßenverkauf an 15 Orten im gesamten Bundesgebiet erworben.

Auch Baden-Württemberg ist betroffen

Unter den untersuchten Bäumen befand sich auch eine Nordmanntanne aus Baden-Württemberg. Auf ihren Nadeln wurden neben dem hochgiftigen Lambda-Cyhalotrin auch das Herbizid Prosulfocarb nachgewiesen, ein besonders leicht flüchtiger Wirkstoff. Die Konzentration an Lambda-Cyhalotrin betrug 60 Mikrogramm pro Kilogramm, das entspricht der dreifachen Höchstmenge für die meisten pflanzlichen Lebensmittel. „Natürlich wird niemand wird auf die Idee kommen, sein Weihnachtsmal mit den Nadeln vom Christbaum zu garnieren“, kommentiert Gottfried May-Stürmer, Agrarreferent des BUND Baden-Württemberg. „Trotzdem hat ein starkes Nervengift nichts in unseren Wohnzimmern zu suchen“.

Gifte gelangen in Böden und Gewässern

Die Verwendung von Pestiziden in der Land- und Forstwirtschaft ist in erster Linie ein Umweltproblem. „Die Gifte gelangen in Böden und Gewässer, sie töten und schädigen Bienen und andere Insekten und zerstören auch die Lebensräume anderer Nützlinge“, sagte die BUND-Pestizidexpertin. Nicht zu vernachlässigen seien jedoch auch mögliche gesundheitliche Auswirkungen. „Wir müssen davon ausgehen, dass Pestizide ausdünsten, wenn die Bäume in die warme Stube gebracht werden“, sagt so Hölzel.

Besser: Bio-Weihnachtsbäume

Der BUND rät Verbraucher*innen dazu, zertifizierte Bio-Weihnachtsbäume zu kaufen, die garantiert frei von Schadstoffen sind, oder einen Baum aus heimischen FSC-zertifizierten Wäldern, die nicht mit Pestiziden behandelt werden. Auskunft hierüber gibt zum Beispiel das örtliche Forstamt. Bio-Bäume erkennen Verbraucher am Siegel der Öko-Anbauverbände Bioland, Naturland oder Demeter.

Weitere Informationen:

ÖkoTipp: Weniger Gift im Wohnzimmer

Ein ökologischer Weihnachtsbaum ist oft nur wenig teurer und schont Gesundheit und Umwelt. Mit dem Weihnachtsbaum holen sich viele Menschen jedes Jahr ein Stück Natur in die Wohnzimmer. Allerdings stammten etwa 90 Prozent der 25 Millionen Weihnachtsbäume, die letztes Jahr in Deutschland verkauft wurden, aus Intensiv-Plantagen. „Auf diesen Plantagen wird stark gespritzt und gedüngt – zum Schaden von Tieren, Pflanzen, Gewässern und Böden“, sagt Christine Fabricius, Naturschutzreferentin beim BUND Baden-Württemberg.

Zu der hohen Pestizidbelastung auf vielen Weihnachtsbaum-Plantagen kommt noch der hohe Flächenverbrauch. „Solche Plantagen sind keineswegs naturnahe Wälder. Durch die intensiv genutzten Monokulturen gehen Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten verloren. Die Flächen der Plantagen wären besser für „echte“ Wälder und Natur oder den Nahrungsmittelanbau eingesetzt“, sagt Fabricius.

Besser sind Bäume aus ökologischer Waldwirtschaft

Ein ökologischer Weihnachtsbaum ist oft nur wenig teurer. Umweltfreundliche Bäume stammen aus ökologischer Waldwirtschaft oder aus anerkannt ökologischen Weihnachtsbaumkulturen. Dies sind FSC-zertifizierte Forstbetriebe und Baumschulen, Gärtnereien und Biohöfe, die nach Richtlinien des Naturland-, Bioland- oder des BIO-Siegels produzieren. Auch einige Gartencenter haben Bäume mit BIO-Siegel im Angebot. Eine jährlich aktuelle Liste von ökologischen Weihnachtsbaum-Bezugsquellen veröffentlicht die Umweltorganisation Robin Wood. Eine eher schlechte Wahl sind Plastikbäume. Auch bei mehrjährigem Gebrauch bessert sich deren Ökobilanz nur unwesentlich. Aufgrund der längeren Transportwege ist besser auch auf Import-Weihnachtsbäume zu verzichten.

Ökologische Alternativen zum klassischen Weihnachtsbaum

Ein Blick in die Geschichte zeigt: In vorchristlichen Zeiten holten die Menschen um die Wintersonnenwende neben Tannen auch Immergrünes wie Buchsbaum, Mistel oder Wacholder als festlichen Schmuck in die Häuser. Später dienten Obstbäume, Eichen oder Birken als christliche Gabenbäume, behängt mit Gebäck, Wurst, Obst, Geschenken und Papierblumen. Auch große Zimmerpflanzen eignen sich als Weihnachtsbaum.

PM

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