Auf der Suche nach Kamelien in Argentinien – ein Reisebericht

Frieda und Max

Seit vielen Jahren versuche ich Kontakte zu Kamelienfreunden oder Züchtern in Süd Amerika zu bekommen, bisher immer vergebens. Ich schrieb an botanische Gärten, Botschaften und andere Institutionen. Erhielt aber entweder keine Antwort oder man schrieb mir, dass Kamelien nicht so populär oder wenig bekannt seien. Ich wollte meine Pläne schon aufgeben.

kamelien 1Bei unserem Treffen im März auf den Azoren sprach ich noch einmal mit Carmen Salinero und Pilar Vela von Pontevedra/Galizien, ob sie keine Adressen für mich hätten. Wieder zu Hause erhielt ich von Pilar Vela die Adresse in Argentinien, Teodorico Hildenbrandt, einem deutschstämmigen. Die schien ein Volltreffer zu sein. Auf meine E-Mail erhielt ich sofort Antwort. Die Reisepläne entwickelten sich so gut, dass ich an Frieda Delvaux in Belgien schrieb, dass ich noch Mitfahrer suche. Sie hatte zunächst Bedenken. Ob es ihr zeitlich möglich sei und sagte dann doch zu. Jetzt warteten wir auf einen Zeitplan aus Argentinien. Es kam aber nichts. Eine Nachforschung im Internet über die Zeitung, für die mein Partner gearbeitet hatte, brachte mir dann die schlimme Erklärung, der Mann war plötzlich verstorben. Frieda Delvaux gab nicht auf, suchte neue Kontakte und erhielt die Adresse von Dolores Barbosa, eine Farmerin aus dem Raume von Buenos Aires. Sie organisierte für uns das Treffen mit Hernán Marquez,  Besitzer einer Kameliengärtnerei in der Insel­welt der Isla de Tigre, im Flussdelta des Parana. Beide waren überrascht über das Interesse an ihren Kamelien von Kamelienfreunden aus Europa, Waren aber sofort interessiert an unserem Kommen, hofften sie doch auf diesem Wege Hilfe bei der Identifikation ihrer Kamelien zu bekommen. Hernán Marquez hatte ich schon auf unserem ICS-Kongreß im Jahre 2001 in Pasadena/Kalifornien getroffen. Sie begannen sofort eine Reiseroute und Besichtigungsziele vorzuschlagen. So konnten wir unsere Flüge buchen und unsere Hotelzimmer reservieren. Wir flogen am 03.08.2015 nach Buenos Aires (BA). Frieda von Brüssel über London und ich ab Stuttgart über London. Hier trafen wir uns zum Weiterflug mit dem gleichen Flugzeug. Nach zwölfeinhalb Stunden Flug von London aus landeten wir dann am Dienstagmorgen in Buenos Aires. Das vorbestellte Taxi brachte uns zum Hotel „1555 Malabia House“ im Stadtteil Palermo. Nachdem wir uns etwas frisch gemacht hatten, machten wir uns auf den Weg die Parks der Stadt zu erforschen. Der Stadtkern von BA hat etwa 3.000.000 Einwohner. Auf dem gesamten Gebiet von BA leben circa 10.000.000 Menschen. So ergab es sich dann, dass wir lange Wege zu laufen hatten. Unser erstes Ziel, der botanische Garten, geplant von dem französischen Gartenarchitekten Carlos Thays. Geboren am 31.01.1849 in Paris, gestorben am 31.01.1934 in Buenos Aires. Er war der  berühmteste Gartenplaner seiner Zeit in Buenos Aires.

kamelien 2Viel blühte noch nicht im botanischen Garten, es war ja noch Winter. Allerdings mit Temperaturen um 19°C. Dafür fanden wir viele interessante Bäume, Sträucher und Sukkulenten. Einige Kamelien waren auch zu sehen. Auffällig für uns aber der Kapok Baum (Chorisia speciosa),  mit seinen Gänseeier großen Früchten, vollgefüllt mit Baumwolle ähnlichen Fasern. Die Fasern werden als Füllmaterial für Autopolster genutzt, ebenso wie für die Herstellung von Textilien. Hier sind sie aber Zierbäume mit ihren wunderschönen, rosa farbenen Blüten. Die Straßen sind gesäumt mit großen Jacarandas, es muss wunderbar sein, wenn sie ihre Blüten öffnen und die Straßen leuchten himmelblau. Es gab hier riesige Euphorbien, Kakteen und andere Sukkulenten. Weiter wanderten wir zum japanischen Garten. Er ist sehr stilvoll angelegt, mit Seen, Hügeln und Felsen.
Für das japanische Gemüt gerade der richtige Zeitpunkt, die Kirschen waren in voller Blüte. Sie leuchteten in den Farben weiß, rosa und rot. Wir Kamelienfreunde kamen auch auf unsere Kosten, fanden wir doch auch einige schöne Kamelien. kamelien 3Wie es sich so für einen japanischen Garten gehört, waren die Gewässer voller Koi (Karpfen). Die Nachzuchtbecken waren mit Netzen überspannt, zum Schutz gegen die hungrigen Vögel. Mit dem Wetter hatten wir Glück, der Himmel war
leicht bedeckt, die Sonne schimmerte durch und es war trocken. In der Nacht hat es dann gewittert und geregnet.

05.08.2015  Um 0930Uhr wurden wir von Dolores am Hotel abgeholt, um nach Isla de Tigre zu fahren. Der Himmel war trüb, die Straßen noch nass vom Regen in der Nacht. In
Tigre erwartete uns ein kleines Boot, das uns zum Anwesen von Hernán fahren sollte. Wir hatten eine zweistündige Fahrt vor uns, durch eine Inselwelt, wie ich sie noch nie vorher erlebt habe. Rund 11.000 Inseln soll es hier geben. Die Temperaturen sind hier wie in Yunnan/China, nur die Luftfeuchtigkeit ist wesentlich höher. Die Häuser auf den Inseln sind zum Teil ganzjährig bewohnt, dienen aber auch vielfach nur als Ferienhäuser. Ich kann mir allerdings nicht kamelien 4vorstellen, im Sommer hier mit Myriaden Moskitos zu  wohnen. Zur Versorgung der Inselbewohner kommt zweimal die Woche ein Minimarkt-Schiff, mit allem, was die Bewohner so zum täglichen Leben brauchen. Aber auch Rechnungen müssen bezahlt werden oder andere finanziellen Geschäfte getätigt werden, dafür kommt dann noch einmal wöchentlich ein Boot. Die medizinische Versorgung ist durch drei Hospitäler in der Gegend gesichert. Fast alles ist bewaldet, man sieht eine brasilianische Kiefernart sehr häufig. Zur Uferbefestigung wurden die Casuarinas cunninghammia gepflanzt. Ihr Wurzelwerk ist so dicht, dass man die Uferbefestigung sparen kann. Eine sehr häufige Baumart ist dann noch die Sumpfzypresse (Cypressus palustris). Hin und wieder sahen wir auch blühende Kamelien. Es wurden mehr, dann eine ganze Allee mit großen Kamelien. Wie wir später erfuhren, sollten diese gut 80 Jahre alt sein. Sie wurden von Hernán‘s Großvater und dessen Freund gepflanzt. Dann kam ein Wald voller Kamelien und an einem Landesteg stand Kamelien 5Hernán, um uns zu begrüßen. Das Land liegt hinter einem Deich und die erste Kamelie auf dem Weg zum Wirtschaftsgebäude war di C.j. Barbara Woodroof. Hier, unter den Kiefern, stehen circa 10.000 Kamelien in den Hauptarten: Japonicas, Sasanquas. Thea sinensis und auch Higos. Am Blühen war gerade eine Variante von Lutchuensis die wunderbar duftende „Spring Mist“. Fast alle Kamelien waren namenlos; vermarktet wurden sie wie bei uns in den Supermärkten unter: rot, weiß. rosa oder gestreift. Hernán’s Wunsch war, dass ich möglichst viele seiner Kamelien identifizieren könnte. So entdeckte ich: C.j. Masayoshi (Donckelarii), C.j. Otome (Minna Seidel, Pink Perfektion), C.j. Elegans, C.j.Bella Romana, C.j. Princess Clothilde, C.j.Barbara Woodroof, C.j. Adolphe Audusson, C.j. Adolphe Audusson Variegata, C.j. Mathotiana alba, C.j. Mathotiana rosea, C.j. Alba Plena, C.j. Lady Campbell und Mary Phoebe Taylor und noch einige mehr. Hernán meinte, dass er circa 30 Varianten habe, da aber nicht alle blühten bzw. die Sasanquas schon verblüht waren, konnte ich keine weiteren mehr identifizieren. Zur Vermehrung hat er rund 100 Mutterpflanzen. Er vermehrt durch Stecklingskultur und durch Pfropfung. Der Betrieb wurde 1989 durch seinen Großvater gegründet. Bis 2001 konnte sein Vater jährlich viele Tausend Pflanzen und Blüten verkaufen. Dann kam in Argentinien der wirtschaftliche Zusammenbruch und der Verkauf kam zum Erliegen. 2010 hat Hernán den Betrieb übernommen. Er ist jetzt 42 Jahre alt. Seine Haupttätigkeit ist kamelien 6Landschaftsberatung, dazu schreibt er für Agrar- Zeitschriften. Weiterhin verkauft er aber auch noch Pflanzen und Blüten aus seinem Betrieb. Die Blüten gehen Hauptsächlich zu großen Veranstaltungen, Schauen und Hochzeiten. Nach unserer Ankunft führte Hernán uns durch seine Anlage, damit wir einen Überblick bekamen, dann konnten wir uns alleine bewegen. Der Grundwasserspiegel des Geländes steigt und fällt mit dem Pegel des Flusses. Nachdem wir einen kleinen Imbiss zu uns genommen hatten, brachte uns ein Wassertaxi zu unserem Hotel „Los Pecanes“. Ein gemütliches kleines Hotel mit großem Restaurant für die Sommergäste. Die ganze Nacht tobte ein starkes Gewitter, so dass es zum Stromausfall kam. Dazu regnete es noch heftig.

kamelien 706.08.2015. Der Regen hatte aufgehört, die Wiesen und Gärten standen teilweise unter Wasser. Wir waren wieder mit dem Wassertaxi abgeholt worden und wandelten durch den Kamelienwald und versuchten weitere Kamelien zu identifizieren. Am Abend spazierten wir wieder durch die Gärten und am Ufer des Flusses entlang, begleitet von drei Hunden, die zum Hotel gehörten. Dabei sahen wir auch verschiedene Vogelarten wie; wilde Truthähne mit schwarzem Gefieder und einer roten Kehle. Am Hotel waren Futterstellen für die Kolibris aufgehängt, die auch stark genutzt wurden. Sie zu fotografieren war recht schwierig.

07.08.2015. Wieder im Kameliengarten, noch etwas umher schlendern, verschie­dene Fotos mit Hernán und den Kamelien machen. Dann kam das Wassertaxi und brachte uns nach Tigre. Dort angekommen, hatten wir wieder Glück, der Himmel  war zwar trüb, aber es regnete nicht. So konnten wir uns einiges von der Stadt ansehen. Auffallend große Clubhäuser von den Ruder- und Segelvereinen säumten das Ufer des Flusses, dem Tigre. Der Besuch der Fruchthallen war uns empfohlen worden. Es gab aber keine Früchte mehr, die Hallen waren umgewandelt worden in Souvenirläden, Restaurants und Boutiken. Unser Nachtquartier hatten wir in der alten Jugendstil Villa „Villa Julia“. Innen war es gemischt altmodisch und teilweise der Zeit angepasst. Die Zimmer waren sehr groß, mit begehbarem Kleiderschrank.

08.08.2015. Dolores und Hernán holten uns heute mit einem großen Toyota SUV vom Hotel ab. Wir ahnten nicht, was auf uns zukommen würde. Wussten wir doch nur, dass es in die Pampa zu einem alten Gutshof (Farm) „La Rica“ ging und das durch den Regen die Zufahrt schwierig sein sollte. Doch da wir dort alte Kamelien zu sehen bekommen sollten, schreckte es uns nicht ab. Nach etwa 160 km verließen wir die feste Straße. Nun begann eine ca. 5 – 6 km lange Fahrt durch Schlamm und Wasserlöcher. Das schwere Auto schlingerte hin und her, dass einem fast schlecht wurde. Dolores erwies sich als großartige Geländefahrerin. Nach einer endlos langen Fahrt erreichten wir ein einsames Gehöft und wurden freudig von Hunden begrüßt. Dolores sagte, dass sie dort die Nachbarfarm habe, eine Farm mittlerer Größe. Auf meine Frage, was sie unter mittlerer Größe verstehe, sagte sie: 1.000 Hektar, mit einem dazugehörigen Milchwerk.  Es regnete, doch der Gang entlang des Innenhofes (Atrium) war überdacht. Was wir jetzt sahen, ließ uns die schwierige Fahrt vergessen. Eine Gruppe alter Kamelien, vielleicht 130 Jahre alt, standen im Innenhof. Trotz des schwachen Lichts und des Regens beeindruckten uns die Kamelien mit ihrer Schönheit. Mögen die Leute auch sagen, die Rose ist die kamelien 8Königin der Blumen! Die Schönheit eines Kamelienbaumes in voller Blüte, kann die Rose nie erreichen. Außerhalb des Atriums hat der berühmte Gartenarchitekt Carlos Thays einen herrlichen Park mit seltenen Bäumen angelegt. Nach einer Weile des Betrachtens und Fotografierens machten wir uns wieder auf den Weg nach Buenos Aires. Hernán füllte vorsorglich die Scheibenwaschanlage mit frischem Wasser auf. Die Schlammfahrt war wieder eine große Anstrengung für Dolores. Als wir wieder auf der festen Straße waren, steuerte Dolores ersteinmal eine Raststätte an, um sich etwas von den Strapazen zu erholen. Jetzt waren es noch etwa 155 km bis BA, dort sollte gerade die Sonne scheinen, während wir gerade ein heftiges Gewitter mit starkem Hagelschlag hatten. In BA kamen wir zum Haus von Dolores, ein schönes Anwesen, der Garten war schlicht gestaltet mit quaderförmig geschnittenem Buchsbaum. In einem Beet hatte sie verschiedene Crassulaceen, Sukkulenten wie Kalanchoe u.a., auch einige Kamelien waren dort. Es blühte aber nur die „Spring Mist“. Hernán hatte dort sein Auto abgestellt und fuhr uns zu unserem Hotel.

09.08.2015. Wir, Frieda und ich, machten heute unser eigenes Programm. Das hieß, weiter Parks besichtigen. Wir wollten durch den botanischen Garten zum Zoo, wo wir hofften, noch einen botanischen Garten zu finden. Der bot. Garten war aber wegen den Wahlen, die an dem Tag stattfanden, geschlossen. So gingen wir drum herum. Der Zoo ist nicht groß, beherbergt viele einheimische Tiere aus dem Urwald Brasiliens und einige Exoten aus der ganzen Welt. Er wird aber den Ansprüchen der dort gehaltenen Tiere nicht gerecht. Anschließend gingen wir zum „Rosedal“ Park. Auch eine Anlage unter der Leitung von Carlos Thays. Ein weitläufiger Park mit feinstem Rasen und schönen Gewässern. Mehr war nicht zu sehen, denn wegen des Wahlsonntags war auch dieser geschlossen. Während unserer Wanderung wurden wir von einem so starken Regen überrascht, dass ich ein Taxi rief und wir ins Hotel zurück fuhren. Es war auch schon fast Abend, so warteten wir eine Weile und gingen dann zum Abendessen in ein nahegelegenes Steakhaus.

kamelien 910.08.2015 Heute musste ich unbedingt Briefmarken für meine Postkarten kaufen. Es ist nicht so einfach welche zu bekommen. Im Hotel erhielt ich eine Adresse und machte mich auf den Weg. Ca. 1km. Frieda wartete auf Dolores, die uns vom Hotel abholen wollte. Im Postamt bat ich um Briefmarken für Postkarten nach Europa. Der Herr am Schalter verlangte meine Karten, erklärte mir, dass es nur Stempel gäbe und nahm 37 Peso je Karte dafür. Also je Karte 2,65 Euro Porto. Dolores und Frieda holten mich von dort ab. Wir fuhren zum Teatro Colon, welches wir besichtigen wollten. Hier kauften wir Karten für die Führung. Bis zur Führung dauerte es aber noch einundeinhalb Stunden. Dolores wollte uns gegen 1600Uhr wieder abholen. So hatten wir wieder viel Zeit, um uns die Stadt anzusehen. Wir spazierten zum Fluss. Ähnlich der Hamburger Speicherstadt, waren auch hier in Puerto Madeiro BA die alten Speicher zu luxuriösen Wohnungen, Büros, Restaurants und Boutiken umgewandelt worden. Die roten Klinkerbauten machten sich gut im Kontrast zum Wasser.  Die Führung durch das Theater dauerte 50 Minuten, war sehr interessant.

11.08.2015. Am Abend zuvor hatten wir die Nachricht von der British-Airways erhalten, dass unser Abflug sich um eine Stunde verzögern würde. Dem war aber nicht so, der Flug war ganz gestrichen. Dafür hat man uns zur Lufthansa umgebucht. Der Abflug war dann drei Stunden später und ging nicht über London sondern über Frankfurt nach Stuttgart bzw. Brüssel.

Fazit: Die Kamelien Argentiniens sind eine Reise wert.

kamelien 10Bedanken möchte ich mich für die große Mühe, die sich Dolores und Hernán mit uns gemacht haben. Aber auch bei Frieda, sie war eine große Hilfe.

Bild 01: C.j. Adrian Lebrun

Bild 02: Pyrostegia venusta

Bild 03: Jap. Garten

Bild 04: Dolores Barbosa/Frieda Delvaux

Bild 05: Islas de Tigre

Bild 06. C.j. Barbara Woodroof

Bild 07: Kolibri

Bild 08: C.j. Teutonia

Bild 09: Alte Speicher

Bild 10: Max Hansen/Hernán Marquez

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