NABU: Bussardrufe läuten Greifvogelzug ein – Jungvögel auf Diät – Manche Tiere sparen sich die weite Reise gen Süden

In den letzten Tagen erreichten den NABU viele interessierte Anrufe: „Warum kreist dieser Vogel den ganzen Tag über unserem Haus? Und wie lässt sich der Ruf erklären, den er permanent von sich gibt?“, fragen die Anruferinnen und Anrufer. Was da unentwegt kreist und ruft, sind junge Mäusebussarde in der sogenannten Bettelflugphase.

„Ihre Eltern haben die jugendlichen Bussarde auf Diät gesetzt, damit sie rasch selbstständig werden und ihr eigenes Futter jagen. Doch auch Vogeleltern sind nicht immer konsequent – und je länger ein Jungvogel ruft und bettelt, desto eher bekommt er noch einen Happen ab“, erklärt Dr. Daniel Schmidt-Rothmund, Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums. Ungefährlich ist dieses lange Kreisen nicht. „Exponiert sich ein Vogel so, macht er sich auch auffällig. Rund die Hälfte der jungen Bussarde werden von Uhus oder Habichten erbeutet.“ Wer überlebt, überwintert in Südfrankreich.

Jungtiere starten den Greifvogelzug

An schönen Spätsommertagen lässt sich beobachten, dass viele Greifvögel an Berghängen entlangsegeln oder vormittags die Thermik zum Aufsteigen nutzen. Greifvögel aus Nordeuropa passieren zudem Baden-Württemberg in südwestlicher Richtung. Ihr Zug verläuft oft unbemerkt, da die Meister der Lüfte zwar am Tag, meist aber in großen Höhen unterwegs sind. „So zieht etwa der Wespenbussard oft hoch über uns hinweg und legt dabei am Tag von 200 bis, im besten Fall, 500 Kilometer zurück“, so Ornithologe Schmidt-Rothmund. Der Blick gen Himmel lohnt sich besonders im Rheintal, entlang des Albtraufs oder auch auf den Höhen des Schwarzwaldes. Wer die imposanten Flieger beobachten möchte, hat im September besonders gute Chancen.

Bleiben oder fliegen?

Die Reiselust packt viele Greifvögel aus Baden-Württemberg, aber nicht alle. Mäusebussarde etwa sind „Teilzieher“. Während ein Teil der Population hier überwintert, zieht ein anderer einige hundert Kilometer weiter gen Südwesten, meist der aktuelle Jahrgang. Je nach Witterung bleiben die Vögel vor Ort oder ziehen weiter. Zahlreiche Mäusebussarde aus Schweden, Finnland und dem Baltikum überwintern wiederum in unseren Breiten. „Der Klimawandel verändert das Vogelzugsystem. Immer mehr Zugvögel bleiben bis tief in den November oder Dezember hier und verlassen uns erst, wenn es gar keine Nahrung mehr für sie gibt“, so der NABU-Experte. Bei den Rotmilanen überwintert ein immer größerer Teil in Baden-Württemberg. Einige hundert ziehen nur bis ins Schweizer Mittelland. Die meisten fliegen ab in wärmere Gefilde, nach Südfrankreich und Spanien. Zugleich zieht der Rotmilan-Brutbestand Schwedens über Deutschland hinweg.

Wer zieht am weitesten?

Auch die schwäbisch-badischen Sperber brechen gen Südeuropa auf. Sie machen Platz für Jungsperber aus Skandinavien, die zu uns ziehen. Turmfalken fliegen bis auf die Iberische Halbinsel und nach Nordafrika. Die Rohrweihe reist bis nach Nordafrika und teilweise bis südlich der Sahara. Bei uns hat sie am Federsee und in anderen Schilfgebieten eine Heimat. Bis südlich der Sahara führt der Weg des Fischadlers, der noch kein Brutvogel in Baden-Württemberg ist. Fischadler ziehen bis ins tropische Westafrika, der südlichste Fund stammt aus dem Kongo. Schwarzmilane aus Deutschland wurden schon an der Elfenbeinküste nachgewiesen.

Gefährliche Reise

Für viele Greifvögel ist die Herbstwanderung eine gefährliche und oft tödliche Reise. Vor allem Arten wie Baumfalke, Rohr- und Wiesenweihe, die Südeuropa und den Mittelmeerraum kreuzen und bis nach Afrika ziehen, werden dort noch immer als Freizeitvergnügen abgeschossen. Neben der direkten Verfolgung kommen sie mitunter an Stromleitungen und Windenergieanlagen zu Tode. Bei ohnehin seltenen Arten können diese Verluste die Bestände gefährden, zusätzlich zu den Lebensraumverlusten in den hiesigen Brutgebieten.

Hintergrund: Greifvogelarten in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg brüten acht Greifvogel- und drei Falkenarten. Die häufigsten sind Mäusebussarde, zu den sehr seltenen gehören die Wiesenweihen. Das Federseemoor bei Bad Buchau bietet mit seinem einzigartigen Mosaik aus Schilfröhrichten, Seggenrieden, Moorwäldern und offener Wasserfläche mehr als 270 Vogelarten eine Heimat, darunter auch seltenen Greifvögeln wie der Rohrweihe. Im NABU-Naturschutzzentrum Federsee kann man sich über die Artenvielfalt des Europa-Reservats informieren. Das NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen kümmert sich um verletzte Mäusebussarde, Sperber und Rotmilane. Jedes Jahr nimmt die Pflegestelle dort u. a. etwa 200 Greifvögel auf. Im Naturschutzgebiet Taubergießen, am Oberrhein, an der Donau und an anderen großen Gewässern bemüht sich der NABU um die Wiederansiedlung des imposanten Fischadlers.

Als Patin oder Pate für Greifvögel den NABU im Land unterstützen:

Der NABU Baden-Württemberg macht sich seit Jahren für den Schutz der Greifvögel stark. Unterstützen Sie uns dabei und werden Sie Pate oder Patin. Weitere Infos unter:

www.NABU-BW.de/spenden-und-mitmachen/patenschaften/greifvoegel/index.html

NABU-Naturtelefon:

Bei Fragen rund um Garten, Tiere, Natur- und Umweltschutz beraten am NABU-Naturtelefon NABUs kostenfrei, Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr, unter der Telefonnummer 030 284 984 6000.

Infos zum NABU-Vogelschutzzentrum unter: www.NABU-Vogelschutzzentrum.de

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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