Preisbarometer Streuobst geht in zweite Runde

Bei vielen Produkten wie Milch oder Fleisch gibt es regelmäßige Veröffentlichungen der Preise, die Abnehmer ihren Erzeugern ausbezahlen. Im Bereich Moststreuobst fehlt solch eine Übersicht. Das Preisbarometer von Hochstamm Deutschland e.V. schafft Abhilfe. Für die Erntesaison 2022 ist das neue Umfragetool online: Ab sofort liegt es an den Obstlieferanten, ihre erlebten Abnahmepreise zahlreich einzutragen.
Welchen Preis erhalten Sie für Ihr Mostobst?
Alle Streuobstheld:innen verdienen für ihre harte Arbeit eine faire Entlohnung, damit Sie diese auch bereitwillig fortführen. So sind angemessene Mostobstpreise maßgebend für den Erhalt der wertvollen Streuobstwiesen. Nach dem Modellprojekt 2021 blickt Hochstamm Deutschland e.V. auch in dieser Saison gemeinsam mit Ihnen auf den Mostobstmarkt. Alle Obstsammlerinnen und -sammler, Landwirtinnen und Landwirte werden dringlichst gebeten, während der Saison regelmäßig einzutragen, welche Preise Sie für ihre Ernte ausbezahlt bekommen haben. Das Maß an Transparenz ist abhängig von der Anzahl der Meldungen: Nur mit möglichst Vielen gelingt der Durchblick im Preisdschungel der Bundesrepublik. Zum Umfragetool:
https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfq4-FlG_jIVuOLOSeOJ-24aW7xeybWaD-
5vSEOQV1PD0Vk3g/viewform?vc=0&c=0&w=1&flr=0
oder https://www.hochstamm-deutschland.de/preisbarometer
Welche erstaunlichen Ergebnisse zeigten sich im letzten Jahr?
Hochstamm Deutschland e.V. startete das Modellprojekt im vergangenen Jahr, damals noch gemeinsam mit der ARGE Streuobst und der Ökoland-Vertriebs GmbH aus Österreich. Der Ergebnisbericht der Online-Umfrage stellt heraus, dass eine Initiative in Ostwestfalen den höchsten Preis zahlte: 30 Euro/dt für konventionelles Mostobst – eine absolute Ausnahme in der Mostobstwelt. Über 10 Euro/dt niedriger lag der Höchstpreis für Bio-Mostobst, den mehrere Keltereien und Initiativen v.a. aus Süddeutschland meist im Rahmen eines Abnahmevertrags bezahlten. Durchschnittlich erhielten die Zulieferer über die gesamte Saison und deutschlandweit gesehen auf Grundlage der eingegangenen Meldungen aus der Praxis folgenden
Preise: 9,86 Euro/dt für konventionelles Obst bzw. 16,44/dt Euro für Bio-Mostobst.
Vor Ende September 2021 zahlten abnehmende Keltereien und Unternehmen niedrigere Preise als in der späteren Saison. Das unterste Limit für konventionelles und Bio-Mostobst über Zwischenhändler lag in der Abfrage bei 6 Euro/dt. Damit lag dieser Preis mehr als 14 Euro/dt unter dem Mindestpreis von 20 Euro/dt, den verschiedene Vertreter aus Natur- und Streuobstschutz als fairen Auszahlungspreis ansehen. Aber auch die Durchschnittspreise zeigen: Die Bewirtschaftenden erzielen über den Mostobstpreis in der Mehrheit der Fälle nicht einmal den Mindestlohn.
Die Zuweisung einer Schuld für diese geringe Wertschätzung ist komplex, allein den Keltereien darf sie nicht zugeschoben werden. Denn diese ringen wiederum mit energie- und personalintensiven Verarbeitungsprozessen und dem Preisniveau für regionalen Apfelsaft in der Realität der globalen Preispolitik.
Warum ein Preisbarometer Streuobst?
Darum: Kaum einer hat den Überblick, welcher Abnehmer wie viel für’s Mostobst zahlt. Ziel ist es, Transparenz für Streuobstbewirtschaftende und Abnehmende von Mostobst zu schaffen. Durchsichtige Preise sorgen dafür, dass jeder Markteilnehmer seine Möglichkeiten kennt und dementsprechend handelt. Obstlieferanten erhalten die Chance ihre Mengen zu bündeln und an besser zahlende Abnehmer auch über weitere Strecken zu liefern. Wird dies vertraglich festgelegt, hilft dies sowohl den Abnehmern (Planungssicherheit) als auch den Lieferanten (höhere Preise). Abnehmer bekommen Wissen über Preise ihrer Mitbewerber und verspüren einen Anreiz, möglichst attraktiv für zahlreiche Erzeuger zu werden.
Hintergrundinformationen:
Verein Hochstamm Deutschland e.V.

Hochstamm Deutschland e.V. ist ein gemeinnütziger, bundesweit tätiger Verein mit Sitz in Baden-Württemberg, der sich für den Erhalt von Streuobstwiesen einsetzt. Hinter Hochstamm Deutschland stehen Streuobst-Initiativen, Kommunen, Verbände und Privatpersonen.
Ziel des Vereins ist es, Streuobstwiesenfreunde dabei zu unterstützen, den verbliebenen Bestand zu erhalten und Ideen für seine Weiterentwicklung zu geben – durch Vernetzung, Austausch und Beteiligung. Hochstamm Deutschland bietet dazu u.a. auf der vereinseigenen Homepage (www.hochstamm-deutschland.de) eine Plattform. Der Verein setzt sich auch dafür ein, dass die zeit- und arbeitsintensive Pflege einer Streuobstwiese nicht nur Herzensangelegenheit ist – mit Vermarktungswegen und -ideen, die
eine wirtschaftliche Grundlage für den Anbau auf Hochstamm-Streuobst schaffen. Dazu gehört das aktuelle Gemeinschaftsmarketing-Projekt. Dort erarbeitet der Verein mit zahlreichen Bewirtschaften und weiteren Fachkundigen ein gemeinsames Siegel für „100 % Streuobstprodukte“.

Zudem schaffte es der Verein gemeinsam mit über 1,3 Millionen Unterstützerinnen und Unterstützern den Streuobstanbau in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zu bringen. Damit rückt der Streuobstanbau vermehrt in den öffentlichen Fokus. Diese Aufmerksamkeit trägt zur Erhaltung der Streuobstkultur und des damit verbundenen Wissens bei. Im Nachgang diesen Erfolges wurde der internationale „Tag der Streuobstwiese“ durch verschiedene Initiatoren ins Leben gerufen. Er findet jährlich am letzten Freitag im April statt.

Immaterielles Kulturerbe
Immaterielle Kulturerbe sind kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen getragen und von Generation zu Generation weitergegeben und weiterentwickelt werden. Immaterielles Kulturerbe ist nicht anfassbar, sondern an den Menschen gebunden und wird durch das Engagement seiner Träger lebendig gehalten. Streuobstlandschaften als Äcker, Wiesen oder Alleen mit hochstämmigen, großkronigen Obstbäumen sind aus einer landwirtschaftlich-kulturellen Entwicklung entstanden und damit direkt an menschliches Wissen gebunden. Die Anlage, Bewirtschaftung und Pflege von Streuobstwiesen, das Züchten von Obstsorten und die Ernte sowie Verarbeitung des Obstes beruhen auf umfangreichem Erfahrungswissen im Umgang mit der Natur. Neben kulturellen Ausdrucksformen wie Erntefesten und-ritualen wurden über Jahrhunderte hinweg spezielle Handwerkstechniken z.B. zur Pflege von Streuobstbäumen entwickelt und verfeinert. Die kulturellen Eigenschaften von Streuobst stimmen mit den UNESCO -Kriterien in folgenden Punkten ü berein: Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum, traditionelle Handwerkstechniken, Bräuche, Rituale und Feste.
Die Idee Streuobst auf die Liste des Immateriellen Kulturerbes zu bringen, entstand bereits vor vier Jahren beim Landesweiten Streuobsttag Baden-Württemberg 2015. Die Initiatoren haben diese Idee seitdem im Rahmen der Streuobsttage z.B. über einen eigenen Newsletter weitergetragen und diskutiert. Hochstamm Deutschland e.V. ist teilweise aus der Vernetzung der Streuobsttage entstanden und hat im Jahr 2019 die Initiative ergriffen, die Antragstellung als bundesweites Kooperationsprojekt zu organisieren. 2021 wurde dem Antrag, dem sich über 1,3 Millionen UnterstützerInnen angeschlossen hatten, stattgegeben und der Streuobstanbau in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen . Hochstamm
Deutschland e.V. bittet bei Veröffentlichungen um einen korrekten Sprachgebrauch:
Hinweis zum Sprachgebrauch. Zu beachten gilt insbesondere, dass in Verbindung mit dem Immateriellen Kulturerbe immer vom „Streuobstanbau“ zu sprechen ist – nicht von Streuobst, Streuobstwiesen etc. Aktuell ist ausschließlich Hochstamm Deutschland e.V. autorisiert das Logo „Immaterielles Kulturerbe“ für nicht-kommerzielle Zwecke zu verwenden.
Unterstützt wurde der Verein bei seiner bundesweiten Kulturerbe-Kampagne mit einer Förderung aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE).
PM Hochstamm Deutschland e.V.

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