Sonntagsgedanken: „Sie haben die Wahl!“

„Haben Sie schon gewählt?“, fragt die Bedienung. Was nehmen wir denn? Die Pizza Margherita oder die Spagetti carbonara? Ich stehe im Supermarkt zwischen den Regalen, welche Nudelsorte nehme ich heute? Ich bekomme ein Angebot mich beruflich zu verändern, wähle ich das Gewohnte oder lasse ich mich auf das Neue ein? Ich öffne meine Wahlunterlagen, eine Vielzahl von Parteien, Listen, Namen, wie fällt meine Wahl in diesem Jahr aus?

Kein anderes Kriterium beschreibt unsere Zeit besser als das „Sie haben die Wahl!“. Wahl hat immer mit Entscheidung zu tun. Ich soll mich ständig für etwas entscheiden und somit auch gegen oft viele andere Möglichkeiten. Manche Menschen in unserer Zeit sind mit dieser Vielzahl von Möglichkeiten und Entscheidungen überfordert. Dies ist vielleicht auch ein Grund, warum Menschen auf der Suche sind nach den einfachen Antworten und den lauten und machtvollen Rednern. Sie lassen sich anstecken einfach mit zu gehen, Meinungen zu übernehmen, Vordergründiges gut zu heißen, ohne selbst zu überprüfen, ist das meine Wahl, mein Weg, meine Entscheidung.

Am Ende des Buches Deuteronomium im Alten Testament spricht Mose eindringlich vom Wählen. Nachdem er dem Volk Israel all die Gebote Gottes vorgestellt und vorgelegt hat, fordert er jeden einzelnen zur Entscheidung auf:

„Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen.“ Aber was ist das für eine Wahl? Diese Wahl fällt natürlich auf den Segen und das Leben. Mose weiß das selbst. Er sagt ja nicht: „Wähle zwischen dem Segen und dem Fluch, wähle zwischen dem Leben und dem Tod.“ Er sagt selbstverständlich: „Wähle das Leben!“

In dieser Grundentscheidung fällt uns die Wahl nicht schwer, doch was heißt dies für die vielen kleinen Entscheidungen unseres Alltags? Was heißt das für meine politische Entscheidung oder die Entscheidungen in meiner Partnerschaft und Familie, in meinem Arbeitsalltag oder Verein und für meine Freizeitgestaltung? Die Aufforderung Mose zu wählen hat zwei Blickrichtungen, da heißt es „damit du lebst, du und deine Nachkommen“. Es geht bei meinen Entscheidungen darum, dass ich zum Leben komme, dass mein Leben gelingt und gut ist, dass ich ja sagen kann zu meinem Leben. Und dann habe ich bei vielen kleinen Entscheidungen die Wahl, das kann heißen, wie gehe ich mit meiner Zeit um, gibt es da Raum für mich oder lass ich immer andere über meine Zeit entscheiden? Wie ernähre ich mich, hilft es mir gesund zu bleiben oder belaste ich meinen Körper? Wie gehe ich mit meinen Fähigkeiten um, können sie zur Geltung kommen und sich entwickeln oder halte ich meine Fähigkeiten für gering und missachte sie? Mose spricht jedoch nicht von einem Blick nur auf uns selbst, sondern dieser Blick ist immer verbunden mit den Menschen, die mit uns leben und die nach uns kommen. Auch sie sind von unserer Wahl betroffen. Da gehen mir die Bilder der Jugendlichen durch den Kopf, die uns durch ihre Demonstrationen „Fridays for future!“ dies eindrücklich in Erinnerung rufen. Die Entscheidungen, die wir heute treffen für Klimaschutz und Artenvielfalt, für Friede und Gerechtigkeit zwischen Völker und Nationen, für mehr Solidarität unter den Menschen, diese Entscheidungen sind Entscheidungen über das Leben und Überleben von Mensch und Tier auf unserem Planeten. Dabei haben wir die Wahl, klar politisch bei den Wahlen zur Europawahl, Regional- und Kreistagswahl und zu den Kommunalwahlen. Aber auch durch unsere täglichen kleinen Entscheidungen. Beim Einkaufen achte ich auf Bio und Fair produzierte Waren, bei der Gartenarbeit lege ich Wert auf Sträucher, Blumen und gerne auch etwas Unkraut, wo sich Insekten, Kleintiere und Bienen wohlfühlen. An der Arbeitsstelle fällt mir die Kollegin auf, die seit Wochen gehetzt und bedrückt ist und nur mal jemand zum Reden braucht. In der Familie wirkt manchmal ein Telefonat Wunder, die alte Unstimmigkeit, den alten Streit zu beenden. Täglich habe ich die Wahl, diese Dinge zu tun, oder eben zu ignorieren. „Wähle das Leben“- dafür sollten wir Christen unsere Stimme geben!

 

Simone Jäger, Dekanatsreferentin katholische Dekanat Göppingen-Geislingen

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