Metropolexpress Angebotsfahrplan 2019/2020

1. Grundlagen des Gesamtkonzepts Land/Landkreis
Der Landkreis Göppingen hat in den Jahren 2014 und 2015 mit dem Land über den Aufbau eines S-Bahn ähnlichen Schienenverkehrs im Filstal verhandelt und mehr-fach über den aktuellen Stand berichtet (vgl. BU UVA 2015/55 vom 1.12.2015).
Grundlage dafür war das Konzept für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) 2025. Danach sollten die früher im Filstal verkehrenden Linien des RegionalExpress (RE) und der RegionalBahn (RB) durch ein halbstündiges Metro-polExpress (MeX)-Angebot ersetzt werden. Durch die betrieblichen Einschränkungen des Fern-verkehrs im Filstal (ICE und IC), die mindestens bis 2022/23 weiterhin bestehen werden, kann der MeX zunächst allerdings nur im Stolpertakt verkehren. Einzelne Lagen können nicht bis Stuttgart Hbf durchgebunden werden und enden bereits in Esslingen oder Stuttgart-Untertürkheim.
Der Landkreis legte wert darauf, ein maßgeschneidertes Konzept für das Filstal zu entwickeln, das den Bedienungsstandards der S-Bahn möglichst nahe kommt. Dadurch soll die Stellung des Landkreises als attraktiver Wohn-, Wirtschafts-, Bildungs- und Freizeitstandort gestärkt werden.
Das den neuen Landesstandards entsprechende Konzept sah zunächst zwischen Süßen und Geislingen nur die Bedienung im Stundentakt vor. Nur auf der Relation Stuttgart-Süßen sollte der künftige MeX zwei Mal je Stunde verkehren. Ergänzend hält der zum Stundentakt verdichtete IRE (neu RE-D) Stuttgart-Ulm in Plochingen, Göppingen und Geislingen. Dies war aus Sicht der gesamten Raumschaft nicht akzeptabel. Das in der Folge mit dem Land verhandelte S-Bahn ähnliche Bedienungskonzept 2019+ enthält den durchgängigen Halbstundentakt Stuttgart-Geislingen, auch am Wochenende, mit einer stündlichen MeX-Durchbindung bis Ulm, erweiterten Spätverkehren bis 1 Uhr nachts sowie vier zusätzliche Nachtver-bindungen zwischen Plochingen und Geislingen als Abbringer von den Nacht-S-Bahn-Zügen. Bis zur Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs S21 unterliegen die Durch-bindungen bis Stuttgart(jede zweite Stunde) noch Restriktionen. Als nachteilig erwies sich der 20-minütige Systemhalt in Geislingen bei den bis/von Ulm durch-gebundenen MeX-Zügen.
Um die MeX-Andienung von Geislingen zweimal je Stunde zu ermöglichen, wurde davon ausgegangen, dass dafür ein zusätzliches Abstellgleis in Verlängerung des Hausbahnsteigs (Gleis 1) erforderlich wird. Der Landkreis hatte sich bereit erklärt, für die Realisierung des S-Bahn ähnlichen Betriebs in die Finanzierung der erfor-derlichen Gleisinfrastrukur einzutreten.
Für den betrieblichen Teil wurde ein Gesamtpaket mit dem Land geschnürt. Dieses geht mit den genannten Leistungen über den Standard des SPNV-Zielkonzepts des Landes (2025) deutlich hinaus. Hierfür wurden auf dem Prognosestand 2015 voraussichtliche Mehrkosten gegenüber dem Landesstandard von rd. 3,6 Mio. € p.a. ermittelt. Mit dem Land konnte ein günstiger Kostenteilungsschlüssel von 70:30 (Land/Landkreis) verhandelt werden. Der Finanzierungsanteil des Landkreises belief sich demzufolge auf berechnet rd. 1,1 Mio. € p.a. Darin enthalten sind der Aufwand für die neuen Triebfahrzeuge im „bwegt“-Design, Trassen- und Stationsgebühren. Für das Gleis Geislingen wurde von einem Finanzierungsaufwand für den Landkreis in Höhe von rd. 3 Mio. € ausgegangen, unter Berücksichtigung einer entsprechen-den Förderung über das LGVFG.

2. Verändertes Bedienungskonzept und aktuelle Entwicklungen
Bereits zum Jahreswechsel 2016/17 wurde auf der Filstalbahn unerwartet ein neues Betrieskonzept eingeführt, das erste Elemente der Zielkonzeption aufgriff, die zweimalige Durchbindung der RB bis Geislingen aber noch nicht ermöglichte. Dieses hat sich bis heute leider nicht bewährt, birgt große Fahrplaninstablität und inakzeptable Schlechtleistungen des Eisenbahnverkehrsunternehmens DB Regio. Nach ersten kurzfristig verhandelten Anpassungen bis zum Sommer 2017 konnten mit Zubestellungen des Landes Verbesserungen erzielt werden. Zeitgleich ver-schlechterte sich durch innerbetriebliche Erosionsprozesse bei DB Regio (Fahrpersonal) und technischen Schlechtleistungen (Wagenmaterial) die Situation auf der Filstalbahn weiter. Zugausfälle und permanente Verspätungessituationen bei den RB-Zügen waren die Folge und dauern bis heute in wechselnder Intensität an. Insbesondere für die Halte zwischen Süßen und Geislingen und in den Beziehungen nach Ulm und in den Alb-Donau-Kreis ergaben sich durch den Fahrplan 2016/17 spürbare Verschlechterungen gegenüber dem vormaligen Betriebsangebot.
Die Landkreisverwaltung hat in den beiden zurückliegenden Jahren wiederholt auf allen Ebenen die zeitnahe Aufwertung der Verkehre im Filstal gefordert, um weitere Kündigungen von Abonnements und die berechtigte Unzufriedenheit seitens der Pendler abzuwenden. In einem Schreiben des Ministerialdirektors Dr. Lahl wurde bereits im Sommer 2018 zugesagt, sich zeitnah mit dem Landkreis über das Verkehrsangebot auf der Filstalbahn mit Betriebsaufnahme durch GoAhead im Dezember 2019 auszutauschen. Auf wiederholtes Drängen des Landkreises kam dieses erst Ende Januar 2019 zustande.
Das inzwischen vorgelegte neue Bedienungskonzept sieht überraschend vor, den MetropolExpress durchgebunden bis Geislingen mit zwei Verbindungen je Stunde bereits ab Mitte Dezember 2019 in Betrieb zu nehmen. Der lange Zwischen-aufenthalt des stündlich bis Ulm durchgebundenen MeX (heute rd. 20‘) kann durch einen generellen Tausch der Trassenlage um ca. 30‘ und Entzerrung vom Fern-verkehrsbündel auf ein Minimum reduziert werden.

Die Kernelemente des neuen Bedienungskonzepts (GoAhead) sind:
 Zwei MeX-Verbindungen je Stunde bis Geislingen/Steige (im Stolpertakt)
 Einsatz neuer Stadler-Fahrzeuge im Landesdesign (siehe Anlage)
 Ausgeweitetes Angebot am Abend und an Wochenenden/Feiertagen
 Letzte regelmäßige Ankunft Geislingen von Stuttgart: 1.26 Uhr
 Stündliche Durchbindung des MeX bis Ulm Hbf (Tausch der Trasse um 30‘)
 Deutlich reduzierter Systemhalt (bisher 20‘) in Geislingen/Steige
 Erhalt des stündlich verkehrenden IRE (neu als RE-D bezeichnet)
 Frühverbindung ab Göppingen auf Fernverkehrsknoten 6 Uhr ab Ulm
 Spätabbindung vom Fernverkehr 23.11 Uhr ab Ulm
 Zusätzliche Spätverbindung am Wochenende von Ulm (ab 0.15 Uhr)
 Stündliche Nachtzüge im Anschluss auf S-Bahn am Wochenende (4 Züge)
Dieses neue Angebot kann betriebstechnisch überraschend ohne ein zusätzliches Abstellgleis in Geislingen gefahren werden. Dieses wird durch Verschiebung der Taktlagen und eine „kurze Wende“ im Bahnhof Geislingen ermöglicht. Im Herbst 2017 war außerdem bekannt geworden, dass auf die Anlage des Gleises in Abhängigkeit des künftigen Fernverkehrskonzepts im Knoten Stuttgart (mit S21) eventuell verzichtet werden kann. Im November 2017 hatte das Land angeboten, dem Landkreis Planungskosten zu erstatten, falls tatsächlich auf den Bau des Gleises verzichtet werden kann. Bisher liegen dazu keine abschließenden Erkennt-nisse vor. Die Frage ist auch vor dem Hintergrund künftig erneut verän-derter oder erweiterter Betriebskonzepte im Filstal (Ziel: 20‘-Takt) zu bewerten. Aktuell wird die Planung daher weiter vorangetrieben, bis weitere Erkenntnisse vorliegen.
Das Risiko des neuen Konzepts ab Dezember 2019 liegt in der Einführung einer „kurzen Wende“ (Zug fährt nach Aufenthalt von wenigen Minuten wieder zurück) im Bahnhof Geislingen. Bei größeren Verspätungen (> 5‘) werden diese dadurch zwangsläufig in die Anschlussfahrt in Gegenrichtung übertragen. GoAhead und DB Netz versichern, dass dieses Betriebsmodell intern geprüft und als stabil fahrbar bewertet wurde. Externe Einflüsse des Fernverkehrs können jedoch wie bisher nicht ausgeschlossen werden. Das Risiko minimiert sich jedoch durch die überschlagene Wende (Einsatz eines weiteren Fahrzeugs) im Hauptbahnhof Stuttgart. Dadurch wird eine größere Verspätung in Geislingen maximal auf eine weitere Fahrt in Richtung Stuttgart übertragen, nicht aber im gesamten Tagesgang.

Abb. Neues S-Bahn ähnliches Fahrplankonzept ab Dezember 2019

Für die Umsetzung des deutlich erweiterten Fahrplankonzepts zum 15.12.2019 erwartet das Land die Freigabe durch den Landkreis bis Ende März (enge Bestellfrist bei DB Netz). Die MeX-Inbetriebnahme im annähernden Halbstundentakt bis Geislingen mit den S-Bahn ähnlichen Ergänzungen im Wochenend-, Spät- und Nachtverkehr erfordern die Mitfinanzierung durch den Landkreis entsprechend des Verhandlungsergebnisses vom Herbst 2015. Fällt die Entscheidung nicht in diesem Zweitrahmen, verbleibt es für 2019/20 beim aktuellen Fahrplanangebot. Der betriebliche Übergang zu GoAhead bliebe davon unberührt.
Gegenüber den Berechnungen von 2015 (u.a. Schätzung der Ausschreibungs-ergebnisse) und den inzwischen weiter entwickelten Trassen- und Stationsgebühren der DB entsteht ein umfangreicher Mehrbedarf auf Seiten des Bestellers für das gegenüber dem Landesstandard um 329.000 Zugkilometer erweiterte Leistungs-spektrum des vorgelegten Fahrplanentwurfs 2019/20.
Unter Berücksichtigung des Ende 2015 verhandelten Finanzierungsschlüssels 70:30 (Land/Landkreis) entfällt auf den Landkreis Göppingen für das Gesamtpaket der
Leistungen, die über dem Landesstandard liegen, ab 15.12.2019 ein Mitfinan-zierungsaufwand in Höhe von rd. 1,15 bis 1,25 Mio. € p.a. (mit künftiger Indexan-passung). Die genannte Spanne begründet sich aus der nicht abgeschlossenen Detailberechnung, die durch einen Krankheitsfall im Verkehrsministerium zu entschuldigen ist.

Die mit dem Land noch zu schließende Vereinbarung liegt daher bisher nur in folgenden Eckpunkten vor:
 Die Vereinbarung wird zunächst bis zur Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs S21 geschlossen, enthält aber Kündigungs- und Anpassungsklauseln.
 Weitere Zugleistungen im Rahmen des Landesstandards zwischen Stuttgart und Plochingen werden nachgesteuert, sobald diese seitens der Infrastruktur fahrbar sind.
 Betriebsleistungen, die darüber hinausgehen, werden entsprechend der Vereinbarung des Gesamtpakets ebenfalls im Verhältnis 70:30 zwischen Land und Landkreis geteilt.
 Das Erlösrisiko (gegenüber den getroffenen Annahmen) verbleibt zunächst beim Land. Eine Revisionsklausel nach drei Jahren ist vorgesehen. Diese wird jedoch nicht rückwirkend angewandt.
 Änderungen des Fahrplankonzepts infolge der (Teil-)Inbetriebnahme der Neu-baustrecke Wendlingen-Ulm mit Nachverhandlungsklausel.
 Das Land bestätigt die Übernahme angefallener Planungsleistungen für den Fall, dass das Gleis in Geislingen dauerhaft nicht benötigt wird.
3. Bewertung des MeX-Angebots ab Dezember 2019
Die Wirkungen des neuen Fahrplanangebots werden in der Bewertung durch die Verwaltung wie folgt zusammengefasst:
 Das neue Fahrplanangebot eröffnet die Chance, eine Qualitätswende auf der Filstalbahn zusammen mit Übergabe an den neuen Betreiber GoAhead einzuleiten.
 Unsicherheiten mit Blick auf die fristgerechte Lieferung der neuen Triebfahr-zeuge durch das renommierte schweizer Unternehmen Stadler und die Fahrplanstabilität können nicht mit absoluter Sicherheit ausgeräumt werden. Wesentliche Verbesserungen gegenüber dem desolaten Status quo werden in jedem Fall erwartet.
 Die Bedienungsqualität zwischen Süßen und Geislingen wird durch das halb-stündige MeX-Angebot deutlich erhöht.
 Die Bus-/Schiene-Vernetzung am ZOB Geislingen wird durch die verbesserte Abstimmung des Halbstundentakts wesentlich ausgebaut
 Frühverbindungen in Richtung Ulm, der späte Anschluss auf den 23 Uhr-Knoten in Ulm und eine Nachtverbindung (ab 0.15 Uhr) verbessern den Anschluss an das Oberzentrum Ulm in Tagesrandlagen.
 Mit der Kostenbeteiligung des Landkreises in Höhe von 1,15 bis 1,25 Mio. € wird der 2015 vereinbarte Rahmen trotz zwischenzeitlicher Kostenstei-gerungen weitgehend gehalten.
 Die Mehrkosten für den Landkreis Göppingen werden ab 2021 in das Finan-zierungspaket der VVS Vollintegration integriert.
Das Angebot kommt der Zielvorstellung des S-Bahn ähnlichen Verkehrs bereits nahe. Dem Landkreis war stets bewusst, dass dieser erst mit Inbetriebnahme des Knotens S21 vollständig umgesetzt werden kann und bis dahin noch eine Übergangsphase in Kauf zu nehmen ist.
Mit einem spürbar verbesserten Angebot auf der Schiene kann verloren gegangenes Vertrauen der Fahrgäste zurückgewonnen werden. Gleichzeitig wird der Grund-gedanke der Vernetzung Bus/Schiene noch einmal mit deutlich besseren Anbindungen in Geislingen verstärkt. Mit einem bis dahin eingespielten Takt auf der Filstalbahnen wird die Wirksamkeit der VVS Vollintegration noch einmal deutlich gestärkt und der Dreiklang aus MeX, Bus19+-Angebot und VVS zeitlich früher, als zunächst anzunehmen, abgerundet. Die Verwaltung empfiehlt daher, dem Angebot des Landes zuzustimmen und die Einführung des Mex-Takts bis Geislingen zu ermöglichen.

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