Sonntagsgedanken: Früher war alles besser! Wirklich?

Denken sie als Eltern auch, dass ihre Kindern mehr leisten und bessere Noten schaffen könnten? Sie müssten sich nur mehr anstrengen, sich besser konzentrieren und sich mehr zutrauen.

Wir sehen meist nicht, was sie schon alles gelernt und erreicht haben. Wir schauen nur auf das, was sie noch nicht getan haben. Wir sind unzufrieden, es geht uns zu langsam. Wir wollen schnell Erfolge sehen. Langsame Veränderungen können wir nicht wahrnehmen. Nur den Ruck können wir spüren. Wir sind blind für die kleinen Schritte hin zum Besseren.

Das gilt nicht nur für den Fortschritt unserer Kinder, das gilt auch für die Gesellschaft als Ganzes. Wir sehen kaum die vielen Fortschritte, die es in den letzten Jahren und Jahrzehnten gab. Wir unterschätzen gewaltig all die positiven Entwicklungen, in deren Genuss mehr und mehr Menschen gekommen sind.

Einer der größten Fortschritte, die gemacht wurden, ist die Abnahme von extremer Armut. Seit 1970 gab es jeden einzelnen Tag 137.000 weniger arme Menschen. Die Lebenserwartung ist weltweit auf 72 Jahre gestiegen. Bis ins 18. Jahrhundert hinein lag sie unter 40 Jahren. Nicht nur für Eltern ist es ein großer Segen, dass die Kindersterblichkeit seit dem 18. Jahrhundert von 40% auf 4% zurückgegangen ist.

Was uns hier in unserem Land betrifft: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lag die Arbeitszeit bei 66 Stunden pro Woche. Heute liegt sie unter 40 Stunden. Ein wöchentlicher Zeitgewinn von über 20 Stunden! Ebenso benötigte man für die Hausarbeit über 50 Stunden, heute benötigt man, dank Waschmaschine und Co., 15 ½ Stunden. Heute muss man, im Vergleich zu den 30er Jahren, 3-mal weniger für die Befriedigung seiner Grundbedürfnisse von seinem verfügbaren Einkommen ausgeben.

Auch wenn es noch viel Leid und Armut gibt, es also noch viele Probleme zu lösen gilt, nehme ich mir in der Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten vor, für den enormen Fortschritt dankbar zu sein und mich über die erzielten Verbesserungen zu freuen. Dazu will ich mir immer wieder bewußt machen, was sich für uns alles durch Arbeitsteilung, Bildung, Vertrauen, Kommunikation,… zum Guten gewandelt hat. Denn wie sollte ich mich an Weihnachten freuen können, wenn es mir nicht einmal gelingt, mich über die konkreten faktischen Verbesserungen meines Lebens zu freuen und Glück zu empfinden. Denn es wird eine noch größere Freude verkündet werden.

 

Josef Priel

Gemeindereferent Deggingen Bad Ditzenbach

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