„Land darf sich nicht in Strategieprozessen verlieren“ Zwischenzeugnis der Umweltverbände zur Regierungshalbzeit fällt gemischt aus: Fortschritte beim Naturschutz und Schneckentempo bei Mobilität

Anlässlich der morgigen Landespressekonferenz der Fraktionschefs von Grünen und CDU zur Regierungshalbzeit stellen die Natur- und Umweltschutzverbände NABU und BUND der Landesregierung ein gemischtes Zwischenzeugnis aus: „Wir sehen positive Ansätze. In vielen Bereichen muss das Land in der zweiten Halbzeit jedoch noch stärker ins Handeln kommen und darf sich nicht in langen Strategieprozessen verlieren“, warnen die Landesvorsitzenden von BUND und NABU, Brigitte Dahlbender und Johannes Enssle. „Die Zeit drängt. Das Klima ändert sich rasant und wir müssen mehr tun, denn die Aufgaben sind riesig. Im Verkehrssektor geht es nur im Schneckentempo voran“, kritisieren die Landesvorsitzenden.

Positiv werten die beiden Verbände dagegen die Fortschritte im Bereich des Naturschutzes. „Die deutliche Mittelerhöhung für den Naturschutz im Landeshaushalt um 30 auf 90 Millionen Euro pro Jahr war nötig und richtig, ebenso die bessere personelle Ausstattung der Umweltverwaltung mit 225 neuen Stellen. Der Start des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt, das mit weiteren 36 Millionen Euro ausgestattet ist, zeigt uns, dass die Landesregierung den dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich erkannt hat und bereit ist zu handeln“, so Enssle und Dahlbender. „Die Landesregierung hat den Schutz der Artenvielfalt zu einem Kernanliegen grün-schwarzer Politik in Baden-Württemberg gemacht und die beiden Regierungsfraktionen sind ihr gefolgt. Das ist wichtig für die Natur und gut für die Menschen im Südwesten.“

Um das rasante Artensterben wirklich zu stoppen, brauche es aber auch das Engagement der Landwirtschaft: „Die aufgestockten Mittel im Naturschutz sind nur ein Nasenwasser, wenn sie nicht durch eine naturverträglichere Landwirtschaft flankiert werden“, sagen die Verbandsspitzen. Das Agrarförderprogramm Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) enthalte zwar viele sinnvolle Maßnahmen und würde von den Landwirten auch gut angenommen, das alleine reiche jedoch nicht. „Was wir brauchen, ist ein grundlegender Politikwechsel in der Landwirtschaft. Es muss uns in Baden-Württemberg und europaweit gelingen, die Milliarden an Steuermitten, die jährlich in die Landwirtschaft fließen, so einzusetzen, dass sie der Natur dienen, statt ihr zu schaden.“ Die Landesregierung müsste sich in Berlin und Brüssel dafür einsetzen, resümieren die Verbandsspitzen von BUND und NABU.

Mit vielen Einzelmaßnahmen beginnt die Landesregierung an der Verkehrswende zu arbeiten, jedoch noch viel zu zaghaft: „Vom Ziel des Koalitionsvertrags, Baden-Württemberg zum Wegbereiter einer modernen und nachhaltigen Mobilität der Zukunft zu machen, ist die Landesregierung meilenweit entfernt. Der von der Landesregierung initiierte Strategiedialog Automobilwirtschaft greift nach Ansicht von BUND und NABU deutlich zu kurz. „Der Strategiedialog kreist zu sehr um eine Verbesserung der Autotechnik und um Elektroautos. Es reicht aber nicht aus, Verbrennungsmotoren gegen Elektromotoren auszutauschen und ansonsten alles beim Alten zu belassen. Wir brauchen ein energisches Handeln der Landesregierung hin zu einer „Neuen Mobilität“ mit deutlich weniger Autos auf unseren Straßen und mit einer intelligenten Mischung aus attraktiven Angeboten im Umweltverbund und gleichzeitig deutliche Einschränkungen im Straßenverkehr. Weniger Straßenbau, weniger Raum für Autos, Tempolimits, mehr Parks statt Parkplätze sind zwingende Bausteine von nachhaltigen und zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten“, fordern Dahlbender und Enssle.

Beim Klimaschutz begrüßen die Verbände die nicht nachlassenden Initiativen der Landesregierung zur Förderung der Erneuerbaren Energien gerade auch durch die gestartete Solaroffensive. Defizite sehen die Verbände bei den Fortschritten für mehr Energieeffizienz: „Wenn es uns gelingt, rund die Hälfte des derzeitigen Energieverbrauchs einzusparen, wird eine weitgehende Versorgung auf Basis der Erneuerbaren Energien möglich sein.“ NABU und BUND fordern deshalb: „Der Hitze-Sommer 2018 hat uns deutlich vor Augen geführt, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden. Bis zum Ende der Legislaturperiode muss die Landesregierung entsprechende Förderprogramme und ordnungsrechtliche Maßnahmen in Gang bringen. Zum Beispiel kann die Landesregierung eine Pflicht zum Austausch von ineffizienten, ungeregelten Heizungspumpen und ein Verbot von Nachtspeicherheizungen einführen. Ziel muss sein, dass Verbraucher*innen, Industrie, Wirtschaft und Einzelhandel sozialverträglichund kostengünstig Gebäudesanierungen vornehmen und veraltete, Strom fressende elektrische Geräte wie Waschmaschinen, Heizungen und Kühlschränke austauschen. Zudem kann die Landesregierung selbst direkt handeln, indem sie eine Pflicht zum Austausch von ineffizienten, ungeregelten Heizungspumpen innerhalb von drei bis fünf Jahren und ein Verbot von Nachtspeicherheizungen einführt.“

 

PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

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