Gerhard Schick (MdB) in Geislingen: Bürger müssen Politik und Konzerne besser kontrollieren

Mit über 30 Personen sehr gut besucht war die Lesung des grünen Ökonomen Dr. Gerhard Schick in der Geislinger Stadtbücherei. Aber die Lesung des finanzpolitischen Sprechers der grünen Bundestagsfraktion geriet mehr zum Vortrag mit anschließender intensiver Diskussion, denn Lesen können sie das Buch selber, schmunzelte Schick schon am Anfang. Schick sitzt seit 2005 für die Grünen im Bundestag und gilt in seiner Partei als strammer Linker. Warum, wurde aber am Dienstag in Geislingen nicht ersichtlich, plädierter er doch eher in Richtung einer Sozialen Marktwirtschaft. Vor seiner Politikerkarriere hat er einige Jahre in marktwirtschaftlichen Denkfabriken gearbeitet. Er weiß also, wovon er schreibt, und das merkt man dem Buch auch an.

Schick prangert vor allem die Macht der Großkonzerne an und die mangelnde Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte. Konzern- und Bankenlenker werden den ihnen zur Verfügung stehenden Raum immer zur Gewinnmaximierung nutzen, auch auf Kosten der Gemeinschaft, des Steuerzahlers und der Umwelt. An ihr Gewissen zu appellieren reicht hier nicht aus. Der Staat muss hier klare Regelungen treffen und deren Einhaltung auch kontrollieren und durchsetzen. Aber hier bemängelt er den zweiten Fehler im System, die Politik hat sich schon längst den globalen Konzernen untergeordnet. Bei TTIP sieht man sehr genau, wer wem sagt, was zu tun ist. TTIP ist ein Ausdruck der Macht der Konzerne, die sogar versuchen, rechtsstaatliche Gerichtsinstanzen und damit die demokratische Grundordnung zu umgehen.  Zu sehr verflochten sich auch die Riegen der Konzernlenker mit der politischen Elite. Der Wechsel von immer mehr Politikern in die Wirtschaft ist ein Zeichen dafür, dass die Politiker den Abstand zur Wirtschaft, den sie als Kontrolleure brauchen, schon lange nicht mehr haben. Sie biedern sich durch „gute“ Gesetze den Konzernen direkt an, greift Schick seine Bundestagskollegen an.

So ist für ihn eine Verstaatlichung von Banken auch keine Alternative, hat doch die Finanzkrise gezeigt, dass auch die Landesbanken den eigenen Staat genauso betrügen wie Privatbanken, von denen man sowieso nichts anderes mehr erwartet. Stattdessen rät er zu einer Verstärkung des Kartellrechts. Wenn man „Systemrelevante“ Banken bei deren Schieflage mit Steuergeldern retten muss, so ist es besser, sie gar nicht erst „Systemrelevant“  werden zu lassen. Dabei rät er durchaus auch dazu Großkonzerne und Banken in mehrere Einheiten aufzuteilen um sie so besser kontrollieren zu können.

Denn dies ist eine weitere Kritik des jungen Ökonomen, nicht nur die Politik kontrolliert die Konzerne und Banken nicht genug, auch die Steuerverwaltung ist schon längst nicht mehr in der Lage, den Geldflüssen der Konzerne zu verfolgen. Und so passiert es, dass internationale Konzerne und Banken heute quasi weltweit keine Steuern mehr zahlen – zu Lasten der Klein- und Mittelständischen Wirtschaft, deren solche Steuerschlupflöcher verwehrt sind.

Etwas links oder besser sozial wird Schick am Ende seines Vortrags, als er fordert, nicht nur den geldlichen Gewinn als Unternehmensziel zu verfolgen. Es muss auch möglich sein, soziale und ökologische Ziele als Unternehmensziel zu definieren. Das Steuersystem könnte dies durch die Einführung der Ökosteuer unterstützen und gleichzeitig die Bevorzugung von Kapitalerträgen bei der Besteuerung entgegenwirken.

Für Gerhard Schick ist es aber sicher, dass eine Veränderung aus der Politik heraus nicht stattfinden wird. Er fordert deshalb die Bürger auf, gemeinsam das Gemeinwesen in die Hand zu nehmen, statt es einigen wenigen Konzernbossen und Politikern zu überlassen. Er fordert dazu auf, sich einzumischen, er fordert den Schulterschluss von Gewerkschaften und der mittelständischen Wirtschaft um verkrustete Strukturen aufzubrechen. Er will öffentliche Banken gesetzlich aufs Gemeinwohl verpflichten und demokratische Verfahren und Kontrollen zum weltweiten Handel statt TTIP-Verhandlungen hinter verschlossenen Türen.

Unverzichtbar ist für ihn eine marktwirtschaftliche Ordnung mit einem funktionsfähigen Preissystem und freiem Wettbewerb. Nur so lassen sich Freiheit und Selbstbestimmung und Innovationsfähigkeit sichern. Nur so bilden sich Marktpreise, die Unternehmen und Privathaushalten die richtigen Signale für ihre Investitions- und Konsumentscheidungen geben. Der Staat muss den freien Wettbewerb garantieren. Er muss Spielregeln vorgeben, die für alle gleich sind. Und für Verluste muss jedes Unternehmen und jede Privatperson selbst haften. Hier ist er ganz Marktwirtschaftler und sicher kein Linker. Eher fährt er auf den Spuren von Ludwig Erhardt und der sozialen Marktwirtschaft, von der sich CDU/CSU und FDP schon lange verabschiedet haben.

Gerhard Schick: Machtwirtschaft – nein danke! Campus Verlag, Frankfurt, 2014, 288 Seiten, 19,99 Euro.

Video von der Veranstaltung: http://clipscity.com/video/Die-Gruenen-im-Helfensteiner-Land-10022015-/398ecbd663f555031350a029cd62eb63

 

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