Motorradlärm eindämmen und nachträgliche Manipulation erschweren

„Lärm von Motorrädern zählt vor allem in den Frühlings- und Sommermonaten zu den häufigsten Umweltproblemen. Obwohl Motoräder am gesamten Verkehrsaufkommen nur einen geringen Anteil haben, sind sie auffällig oft Gegenstand von Beschwerden“, so Thomas Marwein MdL, Beauftragter der Landesregierung für den Lärmschutz, am Freitag, 16. Juni in Stuttgart. „Bemerkenswert an dieser Situation ist, dass nur ein kleiner Anteil der Motorradfahrer und -fahrerinnen durch ihre Fahrweise und technische Manipulationen besonders viel Lärm verursachen. “

Das enorme Lärmpotenzial von Motorrädern ist auf deren hohe Drehzahl in Kombination mit großen Motorleistungen zurückzuführen. Zusätzlich problematisch ist, dass lärmmindernde Maßnahmen bauartbedingt nur schwer realisierbar sind. Zudem sind alle gesetzlichen Lärmgrenzwerte und Messverfahren EU-weit einheitlich geregelt.

Zu Beginn letzten Jahres wurden die Lärmvorschriften für die Typengenehmigung neuer Motorradmodelle zwar nochmals von der EU verschärft, allerdings gibt es hier noch immer Verbesserungsbedarf. „Es bleiben tiefgreifende Defizite, die rasch behoben werden müssen. Unter anderem muss möglichst der gesamte real fahrbare Geschwindigkeits- und Drehzahlbereich der Motorräder bei der Prüfung abgedeckt werden. Laxe Vorschriften zur Genehmigung von neuen Motorradmodellen in der Vergangenheit bringen es mit sich, dass laute Motorräder vorschriftenkonform und damit vollkommen legal bis zu ihrer Verschrottung genutzt werden können,“ so Marwein.

Ein weiteres Problem sind illegale Veränderungen von Fahrzeugen oder Zubehörbauteilen. Beispielsweise können bei den zunehmend verbauten elektronisch steuerbaren Klappenauspuffanlagen durch „Chip-Tuning“ die vom Hersteller in der Betriebssoftware vorgenommen Einschränkungen leicht ausgehebelt werden. Bei Vor-Ort-Kontrollen durch die Polizei können solche Veränderungen der Steuersoftware gar nicht, oder nur schwer aufgedeckt werden. Abhilfe könnten aus der Computertechnik bekannte kryptographische Verfahren schaffen, die unautorisierte Veränderungen der Steuersoftware verhindern.

„Ein weiterer wichtiger Ansatz, neben strengeren und präzisen Vorschriften der Typengenehmigung, ist die Stärkung der Motivation für eine rücksichtsvolle Fahrweise,“ erklärte Marwein. In Baden-Württemberg wurde hierzu in den vergangenen zwei Jahren ein neues Konzept entwickelt und erfolgreich in der Praxis erprobt. Es besteht aus einem Leitpfostenzählgerät mit integriertem Mikrofon und einem Dialogdisplay mit Geschwindigkeitsmessfunktion. Werden Motorräder erkannt, wird eine Schallpegelmessung ausgelöst und bei Überschreitung eines definierten Pegels wird der Hinweis „Leiser!“ eingeblendet. Wird der Pegelwert eingehalten, wird wie bei allen anderen Fahrzeugen nur die Geschwindigkeit mit „Langsam!“ oder „Danke“ bewertet. Die Erfahrungen an den Modellstrecken (B 39 zwischen Löwenstein und Mainhardt und an der L 151 bei Todtmoos) zeigen, dass die Motorradfahrerinnen und -fahrer darauf reagieren.

„So konnte der Anteil besonders lauter Motorräder deutlich gesenkt werden und auch im Mittel haben Geschwindigkeit und Lärmpegel abgenommen. Erfreulicherweise zeigt sich auch bei einem zeitlich längeren Einsatz kein Gewöhnungseffekt mit einer damit ansonsten einhergehenden Wirkungsminderung,“ fasste Marwein die Ergebnisse zusammen. „Die wichtigsten Maßnahmen um Motorradlärm effektiv zu reduzieren, sind neben der Stärkung der Motivation für eine rücksichtsvolle Fahrweise vor allem die Verschärfung und die präzisere Auslegung der Vorschriften der Typengenehmigung. Dies voranzutreiben liegt in der Zuständigkeit der EU. Wenn so der Lärm effektiv eingedämmt wird und nachträgliche Manipulationen erschwert werden, ist viel gewonnen.“

PM

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