Sonntagsgedanken: Palmesel

Wer morgen am Palmsonntag als Letzte oder Letzter der Familie aus dem Bett aufsteht, ist der Palmesel. So war das jedenfalls bei uns in der Familie. Ausnahmsweise haben wir auf das Ausschlafen an diesem Sonntag verzichtet. Keiner wollte Esel genannt werden. Denn um den Esel haben sich Vorurteile angesiedelt. Er sei dumm, störrisch und zu wenig zu gebrauchen.

Interessanterweise hat sich Jesus genau solch ein Tier ausgesucht, um zum bevorstehenden Passafest in die Stadt Jerusalem einzuziehen. Ausgerechnet einen Esel, weil er auf Vorurteile ja nicht viel gab. Jesus wählte das Lasttier der einfachen Leute und der Machtlosen. Er wusste: der Esel ist in Wirklichkeit geduldig und gleichzeitig eigenständig, belastbar und instinktsicher. Gut tauglich zum Arbeiten. Nur für eines absolut unbrauchbar: für den Krieg. Dazu ist der Esel tatsächlich zu instinktsicher und eigenständig – er würde sich einfach widersetzen. Das gefällt mir.

Im Krieg sind Pferde von Vorteil und die Nachfolger der Schlachtrösser, die Panzer. Darum dreht sich gerade die ganze Politik.

Ich will mir dagegen den Palmesel zum Vorbild nehmen. Er rückt Jesu Sache ins rechte Licht. Mit ihm kam Jesus gewissermaßen auf einem alten Bibelvers daher: „Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel.“

Der kluge Prophet Sacharja hatte davon gesprochen, dass Frieden wird, wenn einer kommt, der als König auf einem Esel reitet. Auf einem Esel reiten können auch Kinder. Aber für Machthaber ist es eine echte Herausforderung mit Frieden daher zu kommen. Wir sind keine Politiker und unsere Möglichkeiten haben Grenzen. Wer sich aber in der Nachfolge Jesu – eher im übertragenen Sinn – auf einen Esel setzt statt auf dem hohen Ross daher zu kommen, braucht viel Mut. Sanftmut braucht Mut!

Das Angebot von Frieden, Verständigung und Gerechtigkeit wird nicht immer freudig angenommen. Das wissen wir und erleben es schmerzhaft. Aber seit dem Einzug Jesu in Jerusalem kann niemand mehr sagen, nur mit Machtgebaren und Gewalt kann man in schwierige Situationen hinein gehen. Seit seinem Weg ans Kreuz und damit zur Auferstehung stehen die Zeichen auf Wandel – vom Tod zum Leben. Allem Todbringenden setzt Jesus das Leben entgegen. Aller Gewalt den Frieden!

Pfarrer Rainer Kittel

Evang. Pfarramt Eislingen-Ottenbach 2

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