Sonntagsgedanken: Wortbedeutungen

Welche Freude macht es Kindern, Geheimsprachen zu entwickeln und Wortspiele und Wortdrehungen zu verwenden! Ein Beispiel dazu sind Namen oder Worte, rückwärts gelesen: Beispielsweise wird aus Walter Retlaw und aus Susanne wird Ennasus. Einfach aus Spaß an der Freude und vermeintlich sinnfrei, so wie Kinder selten ihr Tun hinterfragen und folglich weniger zielorientiert sind. Ganz anders das Verhalten im Erwachsenenalter: kaum jemand kommt auf die Idee, Worte rückwärts zu lesen, da es in unserer Sprache nur ganz wenig sogenannte „Palindrome“ gibt, die sowohl rückwärts als auch vorwärts gelesen und verstanden werden können. „Palindrome“ ist griechisch und bedeutet: „Rückwärts laufend“. Bei Namen gelingt das noch relativ häufig, Otto bleibt Otto und Anna verändert sich weder im Sinn noch Bedeutung.

Ganz anders verhält es sich mit dem Wort Nebel. Rückwärts gelesen wird aus Nebel: Leben, und plötzlich eröffnet sich völlig unverhofft aus einer vielleicht negativen Assoziation eine völlig andere Bedeutung. Es entsteht ein anderer Sinn, und ein Blickwechsel kann gelingen.

Doch was bedeutet eigentlich „Rückwärts laufend“? Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard (1813-1855) verwendete einmal folgendes Zitat: „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“

Wie wahr, keiner kann exakt prognostizieren oder in die Zukunft schauen und vorhersagen, was das Schicksal oder die Fügung für das Leben noch bereithält. Weder kann ein Ende des Krieges vorhergesagt werden, noch weiß niemand so genau, ob der Klimawandel mit seinen Auswirkungen noch gestoppt werden kann oder die befürchteten dramatischen Auswirkungen haben wird. Auch im Privatleben gibt es zwar immer wieder Möglichkeiten zu Veränderung, Neuausrichtung und Zielsetzung, doch letztendlich kann nur mit einer gewissen Gelassenheit und Zuversicht gelebt werden. Gläubige Menschen nennen diese Zuversicht Gottvertrauen und gehen mit einer gewissen Stärkung und Hoffnung durch das Leben. Hoffnung, die sich aus einer tiefen Überzeugung speist, Leid und Kummer zu überwinden. Hoffnung spielt in der Lebensbewältigung eine große Rolle, denn wenn die Hoffnung erlischt, erlischt auch die Lebenskraft.

Die Karawanen in der Wüste und die Seefahrer auf den Weltmeeren lebten von der Hoffnung, ihr Ziel zu erreichen. Orientierung und Hoffnung gaben ihnen dabei wichtige Ortskenntnisse, notwendiges Durchhaltevermöge und Ressourcen an Kraft, sowie Motivation und Stärkung, um das Ziel zu erreichen. Alles notwendige Voraussetzungen, um die Richtung einzuschlagen, dem festgelegten Ziel näher zu sein.

Auch die Bibel kennt solche Strategien zur Lebensbewältigung, allen voran die Psalmen, die aus einer uralten Menschheits- und Gotteserfahrung kommen. Gebete, die aus der Hoffnung leben, doch in ihrem Kern immer wieder durchzogen sind von Leid, Verzweiflung und Klage, jedoch an dessen Ende die Zusage von Gott zu einer besseren Zukunft steht. Der betende Mensch vertraut daher auf die Hoffnung und Hilfe Gottes, er vergewissert sich seiner Kräfte, und baut auf die stärkende Wirkung, mit Gottes Fürsorge sein Leben in die Hand zu nehmen.

Sabine Waldinger-Röhrle
Dekanatsbeauftragte Schulpastoral

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