Sonntagsgedanken: Island schwärmt vom Hohenstaufen

Nicht nur in Karlsruhe stand die Welt auf dem Kopf. Auch in ca. 30 Kirchengemeinden Süddeutschlands brachten je bis zu 50 Delegierte den Spirit der Tagung des Ökumenischen Weltrates am Samstag und Sonntag des ersten Septemberwochenendes. Auch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Göppingen hatte sich beworben, am Samstag und Sonntag je eine Delegation aus Karlsruhe zu begrüßen. Das wurde gewährt und so kamen sie am Samstagfrüh am Bahnhof an: Pastorinnen, Pastoren, Pfarrerinnen, Pfarrer, kirchlich Aktive aus den verschiedensten Ländern dieser Erde. Von Island bis Südafrika – von überall her waren die Menschen aufgebrochen und über Karlsruhe nach Göppingen gereist.

Nach einem kleinen Warmup mit Kaffee, Tee und Kräckern sponserte unser Göppinger Omnibusverkehr einen Bus für die bevorstehenden Bergbesteigung. Abas Safari, Gemeindeglied der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) und Berufskraftfahrer beim Göppinger Omnibusverkehr, chauffierte die multinationalen Passagiere in seiner Freizeit nach Hohenstaufen. Als Nutznießer unseres Heimvorteils hatten wir keinerlei Bedenken, dass der letzte Aufstieg zum Göppinger Hausberg Menschen ins Schwitzen bringen könnte. Dennoch kamen die Delegierten ganz schön ins Schwitzen – aber sowohl der voll üppig bekleidete Priester aus Ägypten als auch die Protestantin aus dem nördlichen Island ließen keine Müdigkeit aufkommen: Wir schaffen es auf den Hohenstaufen!

„Noch nie habe ich in meinem Leben einen solch hohen Berg bestiegen,“ erklärte lächelnd die Delegierte aus Island, die trotz schwerer körperlicher Anstrengung ihre große Freude an unserem Göppinger Hausberg verspürte.

Oben angekommen, begrüßte uns der Alphornspieler Lutz Mandler mit Klängen, die viele der Ökumene-Delegation noch nie gehört hatten. „Himmel&Erde“, das Restaurant auf dem Hohenstaufen hatte sich auf uns durstige Wandersleute vorbereitet und unserem Durst mit viel Esprit und toller Organisation abgeholfen. Manuela Kinzel hatte einen kleinen „Bücherladen“ aufgebaut, um von ihrer Verlagsarbeit in Hohenstaufen zu berichten. Und schließlich gab Anastasia Boichuk einen kurzen Abriss über die Staufergeschichte zur historischen Einordnung der Ruine.

Nach diesem Abenteuer „dort oben“ – gerade noch dem großen Regen entwischt – kehrte die Delegation in die Stadt Göppingen zurück und fand sich zu Kaffee und Kuchen in der EmK ein.

Die Göppinger Arbeit mit Geflohenen fand zum Abschluss des Delegationsprogramms große Bedeutung. Theda Eppinger, Sascha Lutz von der Diakonie in Göppingen, wie auch Dietmar Honold, der Bundesbeauftrage für die Arbeit mit Geflohenen der EmK motivierten die Delegierten mit einem kurzen Einblick in die Aufgabenfelder der Arbeit mit Geflohenen. Nach einer munteren aber intensiven Podiumsdiskussion endete dieser Austausch.

Es ist oft vielleicht nicht der höchste Berg „des Lebens“, den man besteigt. Vielmehr sind es die Momente, in denen wir gefordert sind, Gewohntes und Bekanntes zu überwinden und Neues zu wagen. Vorurteile einzupacken und auf Erkundungsreise zu den Menschen zu gehen. Das war eines der Fazits, die unsere „Isländische Wandererin“ mit in ihr künftiges Leben mitgenommen hatte. Sie entdeckte darin auch eine erneute Bekräftigung der Einladung Jesu Christi: Menschen mit uneingeschränkter Offenheit zu begegnen und sich von ihrer Einzigartigkeit verzaubern zu lassen. So wie Christus das damals auch getan hatte.

Auch wenn Sie es nicht vorhaben, auf den Hohenstaufen zu wandern, was doch sehr bezaubernd ist, wünsche ich Ihnen diesen Spirit, den wir bei der Exkursion des Ökumenischen Weltrates erleben konnten: Offenheit und neue Aufbrüche, neue Wege in unsere Gesellschaft hinein miteinander zu beschreiten. Vielleicht werden Sie genau so begeistert sein, wie die Kollegin aus Island.

Wie dieser Spirit sich fortsetzte, konnte man am Tag danach, am Sonntag, den 4. September in den Delegations-Gottesdiensten in St. Josef, der Stadtkirche und der Friedenskirche erleben – und im Anschluss, beim bunten, gemeinsamen Mittagessen um die Stadtkirche und zwei Stadtführungen. So viele helfende Hände waren dabei, und für alle haben sich neue Dimensionen des Miteinanders, des Zusammenhaltens und des Kennenlernens von „Fremden“ eröffnet. Was dieser Hohenstaufen an Impulsen vermittelt hatte – bis hin nach Island – ein wirkliches Geschenk.

Pastor Hans Martin Hoyer

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