Sonntagsgedanken: Trau, schau, wem?

„Trau, schau, wem?“ sind die Schlussworte einer Fabel über Löwe und Ziege des griechischen Dichters Äsop aus dem 6. Jahrhundert vor Christus. Während der Löwe das frische grüne Gras um sich herum anpreist, durchschaut die Ziege seine Absicht, sie lediglich anlocken und fressen zu wollen.

Wie wahr und wie aktuell dieser Satz ist, zeigt sich derzeit an jedem Tag, an dem wir mit Meldungen über den Kriegsverlauf in der Ukraine überschüttet werden. Bekanntlich ist ja das erste Opfer im Krieg die Wahrheit, und so erzählt der Regierungssprecher die eine Version, während die Nachrichtenagenturen etwas anderes berichten, und die Geheimdienste noch etwas anderes zu wissen glauben. Und bei „Corona“ war’s doch genau gleich! Die eine Studie findet dies heraus, die andere Studie behauptet das Gegenteil, und am Schluss weiß man endgültig nicht mehr, was man glauben soll, bzw. wem man glauben soll. Dann wird man entweder so misstrauisch, dass man hinter jeder Aussage eine Verschwörung zu wittern beginnt, oder man sitzt gutgläubig irgendeinem Irrglauben auf, der sich hinterher als fatal erweist.

Dort, wo der Sonntag nach Ostern nicht von den Erstkommunionfeiern bestimmt ist, richtet sich in der katholische Leseordnung der Blick auf einen, der gut in diese Zeit passt: den sog. „ungläubigen“ Thomas, wobei er gar nicht ungläubig, sondern nur nicht so leicht zu überzeugen war. Nachdem ihm seine Freunde eine abenteuerliche Geschichte über die Begegnung mit einem vom Tode Erstandenen erzählt haben, verlangt Thomas das, was heute für jeden Journalisten zum elementaren Handwerkszeug gehört und gerade in unserer Zeit wichtiger denn je ist: Fakten! Nachvollziehbare Beweise, dass eine Aussage wahr ist!

Im Zeitalter von „Fake News“ wird es immer wichtiger, die Fakten zu kennen, um den Wahrheitsgehalt einer Meldung einschätzen zu können! Geschichten werden viele erzählt – durch die sozialen Medien unübersehbar viele – und sie sind teils übertrieben, teil geschönt, manchmal bewusst manipuliert oder schlicht falsch. Was davon aber stimmt, können wir nur beurteilen, wenn wir die Fakten kennen! Und um die muss man sich mehr denn je bemühen, und zwar aktiv, aus einer gesellschaftlichen Verantwortung heraus, damit ich nicht selber zu einem werde, der Halbwahrheiten unreflektiert weitererzählt.

Ich mag ihn, den schwer zu überzeugenden Thomas, weil er mich zu etwas mahnt, was oft sehr leicht vergessen wird, nicht nur im Krieg: Trau, schau, wem! – Glaub nicht das Erstbeste, was dir einer erzählt!

Pfr. Stefan Pappelau
SE 10 „Göppingen St. Maria & Christkönig“
Kath. Pfarramt St. Maria

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