Sonntagsgedanken: „Fürchtet euch nur vor eurer eigenen Angst.“

Es war ein Bild, das mich bewegt hat. Alexei Nawalny, Mitte Januar auf einem Flughafen in Moskau festgenommen, wird einen Tag später aus seiner Zelle geführt und noch auf der Polizeiwache der Prozess gemacht. Er weiß nicht, was mit ihm geschieht, aber er findet die Zeit für eine kurze Videobotschaft. Die Worte haben sich mir sinngemäß eingeprägt: „Fürchtet euch nur vor eurer eigenen Angst.“

Ja, da ist ein Mann, der sich scheinbar furchtlos nach einem knapp überlebten Giftanschlag, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den russischen Geheimdienst durchgeführt worden ist, in die Höhle des Löwen begibt. Ein Mann, der aufgrund seiner politischen Überzeugung alles riskiert und auf sein Leben keine Rücksicht nimmt. Und der doch, so deute ich seine Worte, die Angst kennt. Er kennt sie, aber überwindet sie.

„Wir können`s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.“ So betonen es die Apostel Petrus und Johannes (Apostelgeschichte 4,20), die vom jüdischen Hohen Rat in „Untersuchungshaft“ genommen wurden, weil sie die Auferstehung von Jesus Christus bezeugen und in seiner Kraft einen Gelähmten geheilt haben. Auch sie sind furchtlos. Das waren sie nicht immer. Noch Monate zuvor sind sie in jener Nacht bei der Verhaftung von Jesus weggelaufen und Petrus hat auf dem Hof der Hohepriester Jesus dreimal verleugnet. Was hat Ihnen geholfen, ihre Angst zu überwinden?

Angst ist etwas ganz Natürliches. Ein Affekt, der uns, wenn wir in Gefahr sind, hilft, zu reagieren. Dass wir uns in Sicherheit bringen. Weglaufen. Wir reagieren damit auf eine Bedrohung.

Angst kann sich aber auch verselbständigen. Sie kann auch dann da sein, wenn ich gar nicht bedroht bin. Und zwar so stark, dass ich mich dagegen gar nicht wehren kann. Dass mich die Angst lähmt und ich gar nicht mehr fähig bin, klar zu denken. Besonnen zu bleiben. So zu handeln, dass es für mich und andere gut ist. Eine solche Angst ist selbst eine Gefahr für mich. Vor ihr habe ich allen Grund, mich zu fürchten. Das sagt sich so leicht. Aber wenn mich Angst überfällt, dann ist es schon zu spät.

Gegen solche Angst hilft nur die Erfahrung des Trostes. Trost ist die Erfahrung, dass ich auch in meiner Angst nicht haltlos bin, sondern einer da ist, der mich hält. Gerade davon waren Petrus und Johannes überzeugt. Sie haben erfahren, dass sie von Gott gehalten sind, selbst wenn sie ins Bodenlose fallen. Selbst in der tiefsten Nacht, selbst im Tod ist Gott da und befreit zum Leben. Davon haben sie geredet, darüber konnten sie nicht schweigen. Sie haben es gehört und gesehen und erlebt. Das hat ihnen den Mut gegeben. Ich wünsche uns, dass wir diesen Trost bei uns haben.

Pfarrer Andreas Vix, Hattenhofen.

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