Sonntagsgedanken: Kampf und Liebe

Sonnwendfeuer oder Johannisfeuer sind dieses Jahr meist ausgefallen. Doch der Johannestag steht am 24.6. im Kalender ob mit oder ohne Feuer. Ich zucke innerlich ein wenig zusammen: In 6 Monaten ist Heilig-Abend. Der christliche Kalender hat die Sonnwende mit Johannes verbunden und die Wintersonnenwende mit Jesu Geburt. Die immer länger werdenden Tage bis zum Johannestag lassen sich als Symbol verstehen für die aktive Seite des Lebens: Kampf und Aufbau, Planen und Machen.

Dafür steht auch Johannes, der wilde Mann aus der Wüste, der so massiv Gerechtigkeit einfordert, weil er überzeugt ist: Ja, der Mensch kann etwas tun. er kann nein sagen zu dem, was zerstört. Wir haben Monate jetzt hinter uns, die von diesem Bewusstsein geprägt sind: Wir bekommen das in Griff mit den Hygieneregeln, der Corona-App, dem zu erwartenden Impfstoff. Spätestens die Vorfälle in Gütersloh machen nachdenklich. Bekommen wir das in Griff? Die zweite Jahreshälfte mit den kürzer werdenden Tagen lassen sich als Symbol für die andere Seite des Lebens verstehen: Das Widerfahrnis, die Liebe, die geschieht, die Verbundenheit zu Menschen, zur Erde, die Weisheit das Ja zum Leben, wie es nun mal ist. Beide Wege, der Weg des Kampfes und des Protestes und der Weg der Liebe, des „Ja“ zum Leben gehören zusammen. So wichtig der Kampf das „Nein“ zum Virus ist, so wichtig sind auch die Fragen, die in der Öffentlichkeit wenig Raum einnehmen: Müssen wir als Macher-Gesellschaft nicht wieder lernen, dass das Leben eben auch unverfügbar ist und bleibt? Müssen wir nicht wieder lernen, dass auch und gerade die Zerbrechlichkeit des Lebens zur Schönheit des Lebens gehört? Können wir das „Nein“ des Virus zu einem „Ja“ zum Leben und zur Verbundenheit mit den Menschen auf der ganzen Welt umwandeln? Menschen, die von Hunger und Not heimgesucht werden? Lassen wir uns die Augen öffnen für unsere Angewiesenheit und Verbundenheit mit der Erde? Vor allem aber, wie können wir unseren Kindern, unseren Jugendlichen und jungen Menschen zeigen; dass das Leben schön und wunderbar und groß und verheißungsvoll ist, gerade weil es so zerbrechlich und verletzlich ist. Wie können wir ihnen Vertrauen zu einem Leben geben, zu dem so viele Schatten gehören- Leid und Schuld, Gefahr und Absturz und nun eben auch die ständige, latente Bedrohung durch ein Virus? Jesus ist das große Ja Gottes zu einem Leben, das von Verletzlichkeit geprägt ist. In 6 Monaten feiern wir seinen Geburtstag als verletzliches Kind. Ob wir es ein klein wenig ruhiger, bescheidener, nachdenklicher feiern werden als die Jahre zuvor?

Pfr. Markus Herb

Rechberghausen

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