Sonntagsgedanken: In den Pfingstferien unterwegs im Allgäu.

Die Blumen der Sommerwiesen blühen um die Wette: Margeriten und Klappertopf, Wiesenstorchschnabel, Knabenkraut und wie sie alle heißen. Sogar Schmetterlinge sind unterwegs, die Alpen haben wieder geöffnet mit Mundschutz und Selbstbedienung kein Problem – und ich komme ganz ins Schwärmen: was für ein Privileg, in diesem bunten, reichen, fruchtbaren Teil der Welt zuhause zu sein!

Strahlend gelb leuchten die Löwenzähne um die Wette und bei diesen Blüten verweile ich ein bisschen. Früher haben wir uns aus den geschlitzten Stengeln Ringe gebastelt, die klebrige Milch hat braune Kreise auf unseren Kinderschürzen hinterlassen, später dann wurden Blüten gesammelt und wie in Frankreich zu Gelee gekocht, immer wieder auch die Trauer, dass diese eigenwilligen Blüten sich so schlecht für Sträuße eignen, aber die jungen Blätter sammelten wir für die Hasen, die Schildkröte oder den Salat. Gesund und blutreinigend sei das, hat uns die Großmutter beigebracht.
Wenn es den Löwenzahn nicht tausendfach an allen Ecken und Wegen geben würde, würden wir es sicher als kleines Wunder achten, dass mitten in einem grün gezackten Blätterkreis auf einmal eine gelbe Blüte wie eine kleine Sonne aufgeht. Aber kaum sind sie da, verwandeln sie sich und eine Blume nach der anderen verblüht: sie werden zu Pusteblumen, diese zarten Bällchen, hauchdünne Kugeln, die auseinanderfliegen, wenn wir sie anblasen oder der Wind darüber weht. „Paule, Paule, Pupppupppupp…!“
Eine eigenartige Verwandlung: die sonnengelbe Blume schließt sich und öffnet sich als luftige, zarte Kugel. Durch sie hindurch können wir den Himmel sehen – und schon verweht alles!
So wächst der Löwenzahn und verwandelt sich ins Große, ins unermessliche. So weit, wie der Wind die Samen mit ihren feinen Schirmchen fliegen läßt, so weit dehnt sich diese Pflanze aus. Der Wind macht den Löwenzahn himmelweit! Das steckt voller Wunder. Nur weil es oft geschieht und weil wir es alle kennen, meinen wir, das sei selbstverständlich.
Der Löwenzahn bringt mich auf eine Idee, wie ich Kindern etwas von Jesus und vom Kirchenjahr erzählen könnte, wenn sie mir mal wieder Löcher in den Bauch fragen. Die sonnengelbe Blüte erinnert mich an das Licht der Auferstehung. Im Kreis der Menschen, die sich nach Jesu Tod alleingelassen fühlen, strahlt er in ihrer Mitte auf. Und sie spüren Jesu Anwesenheit nach seinem Tod am Ostermorgen. Vierzig Tage lang ist er da, er leuchtet ihnen erzählt die Bibel. Und dann? Nachdem der Auferstandene wie die Sonne in der Mitte seiner Jünger geleuchtet hatte, wurde sein Wesen verwandelt, er wurde weit wie die Welt, weit wie der Himmel. Der Heilige Geist wehte sein Wesen in die Weite und es wurde weltumspannend groß.
Wenn die feinen Samen des Löwenzahns fliegen könnte man das gewagt die Himmelfahrt des Löwenzahns nennen. Irgendwo aber sinken die Samenkörner wieder zur Erde, sodass dort überall wieder Löwenzahn wächst und sich das Wunder wiederholt, von der Blattrosette, der aufgehenden Blüte bis zur Pusteblume.
Als Jesus Christus himmelweit wurde geschah dies auch, um an vielen Stellen der Erde Ähnliches geschehen zu lassen wie damals an Pfingsten. Seitdem ist es möglich, dass da, wo Menschen in seinem Namen zusammenfinden, er mitten unter ihnen ist, dass sein Wesen aufleuchtet. Mit dem Hauch oder dem Windstoß der Begeisterung können wir das Evangelium in die Welt tragen wie die kleinen Fallschirmchen der Pusteblume. Und es genügt eine winzige Spur Erde, um das Wunder des Lebens aufblühen zu lassen.
Genug geträumt, genug erzählt – jetzt geht’s hinaus auf die Wiesen zum Blumensammeln und Staunen. Mit Mundschutz versteht sich!

Schuldekanin Annette Leube

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