Sonntagsgedanken für Christi Himmelfahrt

Liebe Leserinnen und Leser,
mein Weg zu meiner alten Arbeitsstelle in Stuttgart führte mich am Flughafen vorbei. Immer wieder konnte ich beobachten, wie einzelne Menschen oder kleine Grüppchen auf den aufgeschütteten Wällen entlang der A8 standen und in den Himmel starrten.

Ausgerüstet mit Ferngläsern warteten sie geduldig auf die Ankunft eines besonderen Flugzeuges. Ich muss gestehen, dass ich diese Faszination nicht so recht verstehen kann. Auf der anderen Seite betrachte auch ich gerne den Himmel, wenn es dort etwas zu sehen gibt: interessante Wolkenformationen oder den Sternenhimmel an einem Ort ohne Lichtverschmutzung. Auch für die Energieverschwendung eines gut komponierten Feuerwerks kann ich mich begeistern. An der bald einsetzenden Nackenstarre merke ich allerdings, dass der Mensch wohl nicht dafür gebaut ist, länger in den Himmel zu schauen.
Auf alten Abbildungen der Himmelfahrt Jesu Christi sehen wir auch eine Gruppe Menschen in den Himmel starren. Sie schauen entsetzt, fasziniert, schockiert oder traurig einem Paar Füße in einer Wolke hinterher, für uns heutige Betrachterinnen und Betrachter eine ziemlich drollige Darstellung. Aber so haben die Menschen in früheren Zeiten sich das eben vorgestellt, was in der Bibel beschrieben wird. Interessant finde ich, was in der biblischen Erzählung als Nächstes passiert: „Da standen zwei Männer in weißen Gewändern. Die sagten: ‚Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel?‘“ Da sind Engel. Aber sie schweben nicht mit Jesus und der Wolke in den Himmel hinauf, sondern sie stehen bei den Menschen auf der Erde. Und sie holen den Focus der Jünger auf die Erde zurück. Hier gehört ihr her, ihr Männer aus Galiläa, ihr Leute aus dem Filstal und vom Albtrauf! Ihr seid nicht dafür gemacht, in den Himmel zu schauen, sondern dafür, eure Umgebung wahrzunehmen. Ihr sollt euren Mitmenschen in die Augen schauen, liebevoll und kritisch. Das geht auch mit Nase-Mund-Bedeckung. Ihr sollt nach den Kindern eurer Nachbarn sehen: Geht es ihnen (noch) gut? Kann ich etwas tun? Was ist meine Aufgabe in der Menschengemeinschaft hier auf Erden?
Die Botschaft von Christi Himmelfahrt lautet merkwürdigerweise: Hiergeblieben!

Pfarrerin Ursula Pelkner, Göppingen

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