Anna von Sprewitz und die Villa Wieseneck

Datum/Zeit
Date(s) - 23/09/2019
19:30 - 21:00

Veranstaltungsort
Göppingen-Jebenhausen - Jüdisches Museum

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Im Jahr 2000 haben der Geschichts- und Altertumsverein Göppingen und das Stadtarchiv die Veranstaltungsreihe „Göppinger Köpfe“ gegründet. Seither werden in lockerer zeitlicher Folge bedeutende Persönlichkeiten vorgestellt, die biografisch mit Göppingen und seinen Stadtbezirken verbunden sind. Am Montag, 23. September, 19:30 Uhr, stehen Leben und Werk von Anna von Sprewitz im Mittelpunkt, vorgestellt im Jüdischen Museum vom früheren Gemeindepfarrer Arnold Kuppler.

Die aus Güstrow stammende Diakonisse Anna von Sprewitz suchte nach schwerer Erkrankung den Seelsorger und Heiler Christoph Blumhardt in Bad Boll auf. Sie erkannte in ihm einen Seelenverwandten und wurde leitende Mitarbeiterin im Kurhaus. Als Pfarrer Blumhardt bei einer Palästinareise an Malaria erkrankte, zogen sich beide nach Jebenhausen in die Villa Wieseneck zurück. In Jebenhausen errichten von Sprewitz und Blumhardt 1913 eine Stiftung, die bis heute als „Stiftung Kinderheim Wieseneck“ fortbesteht. Zur Grundausstattung der Stiftung gehörten ein Kapital in Höhe von 51.400 Mark und Immobilien, nämlich die Villa Wieseneck mit Lustgarten, das gerade fertiggestellte Kinderheim und das benachbarte Ökonomiegebäude mit Ländereien. Überzeugt vom sozialen Zweck der Stiftung fühlten sich Freunde der Stifter zu Zustiftungen ermuntert. Anna von Sprewitz hatte verfügt, dass nach ihrem Tod der Stiftung aus ihrem Nachlass weitere 30.000 Mark zufließen sollten. Mit dem stattlichen Barvermögen wurde 1920 der Waldeckhof mit rund 30 Hektar landwirtschaftlicher Fläche erworben. Diese Sachwerte verhinderten, dass die Stiftung in der Inflationszeit 1923 unterging.

Das neben der Villa Wieseneck im Jahr 1913 errichtete Kinderheim sollte eine Kinderschule und einen Kindergarten aufnehmen. Auf diesem Weg erhielt die Gemeinde Jebenhausen ihren ersten Kindergarten, eine moderne Einrichtung, die zu dieser Zeit gerade erst in den Städten Fuß fasste. Jebenhausen war um 1900 ein Arbeiterdorf mit rund 1.100 Einwohner. Die Kinderschule durften die Schulkinder der ersten bis vierten Klasse dreimal in der Woche nachmittags besuchen. Hier sollten sie sich ausruhen und mit Basteln und Stricken beschäftigen. Den Kindergarten durften Kinder jeder Konfession vom dritten Lebensjahr an besuchen, deren Eltern außerhalb ihrer Wohnung berufstätig waren.

Anna von Sprewitz erhielt mit ihrem Mitstreiter Christoph Blumhardt am 23. Juni 1913, am Tag der Errichtung der Stiftung, die Ehrenbürgerwürde Jebenhausens verliehen. Anna von Sprewitz gehört auch zu den wenigen Frauen in Göppingen, nach denen eine Straße benannt wurde. Nach dem Tod Blumhardts im Jahr 1919 führte Anna von Sprewitz sein Werk fort und gab seine Schriften heraus. Sie setzte sich auch dafür ein, dass die Herrnhuter Brüdergemeinde die Boller Einrichtung übernahm und sie im Sinne Blumhardts weiterführte. Anna von Sprewitz verstarb 1923 in Jebenhausen. Sie fand ihre letzte Ruhestätte in einem Sammelgrab des Kinderheims Wieseneck auf dem Friedhof von Jebenhausen.

Der Eintritt beträgt fünf Euro, bis 18 Jahre ist er frei. Karten gibt es an der Abendkasse. Beginn ist um 19:30 Uhr.

Foto: Diakonisse Anna von Sprewitz (1847–1923), Stifterin des Kinderheims Wieseneck und Ehrenbürgerin von Jebenhausen.  Vorlage Foto: Ev. Kirchengemeinde Jebenhausen

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