Verkehrsunfallbilanz des Polizeipräsidiums Ulm 2014 – Weniger Unfälle und weniger Verkehrstote

Die Unfallbilanz des Polizeipräsidiums Ulm für 2014 fällt grundsätzlich positiv aus. Dennoch sieht die Polizei in der Detailbetrachtung der Unfallzahlen noch einige Herausforderungen

Die Zahl der Verkehrsunfälle im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Ulm ist gegenüber dem Vorjahr um 4,4 Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2014 registrierte die Polizei im Alb-Donau-Kreis, den Landkreisen Biberach, Göppingen und Heidenheim und der Stadt Ulm insgesamt 20.397 Verkehrsunfälle, das sind 936     (- 4,4 %) weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich: Landesweit stieg die Zahl der Verkehrsunfälle um fast zwei Prozent an.

VERKEHRSUNFÄLLE MIT PERSONENSCHADEN

Trotz des erfreulichen Rückgangs der Gesamtunfallzahlen zeigt der differenzierte Blick auf die Unfälle mit Personenschaden noch Herausforderungen. Deren Zahl stieg um 73 Unfälle (+2,6 %) auf 2.833,was  auf den Anstieg bei den Unfällen mit Leichtverletzten zurückzuführen ist. Die Zahl der Leichtverletzten stieg um 106 (+3,7 Prozent) auf 2.963 Personen. Die Zahl der Schwerverletzten dagegen sank um zehn (-1,2 Prozent) auf 846, die der Getöteten um vier (-7,3 Prozent) auf 51 Menschen. „Hier macht sich auch die ständig verbesserte Sicherheitstechnik in den Fahrzeugen bemerkbar“, ist sich Polizeipräsident Christian Nill sicher. Die Fahrzeuge seien zunehmend sicherer für die Insassen, die Schwere der Verletzungen sinke. Umso wichtiger sei, dass die Insassen Sicherheitsgurte und Zweiradfahrer Helme  auch nutzen. „Hier müssen wir mit Überzeugungsarbeit und Überwachungsdruck nachhaltig auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmereinwirken“, sagte Nill und verwies auf die unverändert hohe Zahl von Menschen, die schwer verletzt oder getötet wurden, weil sie den Gurt nicht angelegt oder den Helm nicht getragen haben: 87 Personen sind davon betroffen, so viele wie im Vorjahr. „Mit intensiven Kontrollen sind wir im vergangenen Jahr vorgegangen, haben ein Vielfaches an Fahrzeugnutzern ohne Gurt und Helm als im Vorjahr ertappt. Trotzdem hat sich die Zahl der Schwerverletzten und Getöteten nicht reduziert. Wir brauchen einen langen Atem“, ist sich Nill sicher. 4.722 Personen ohne Gurt, 309 nicht (richtig) gesicherte Kinder und 41 (Mit-)Fahrer ohne Helm  hat die Polizei im vergangenen Jahr beanstandet.

AUSWERTUNG DER VERKEHRSBETEILIGUNG

Junge Fahrer stehen bei der Unfallanalyse Jahr für Jahr im Fokus, für ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung sind sie überproportional oft als Verursacher an Verkehrsunfällen beteiligt. Im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm kann hier aber entgegen dem Landestrend eine positive Entwicklung festgestellt werden: Die Anzahl der von 18- bis 25-Jährigen verursachten schweren Verkehrsunfälle verringerte sich um8,5 Prozent auf 615 Unfälle. Für Christian Nill geht diese Entwicklung in die richtige Richtung; Die Unfallprävention muss weiterhin den zielgruppenorientierten Kontakt suchen: „Fahranfänger haben gegenüber allen anderen Altersgruppen noch immer das deutlich größte Risiko, in einen schweren Verkehrsunfall mit Toten und Verletzten verwickelt zu werden. Wir müssen diese Altersgruppe für die Gefahren des Straßenverkehrs sensibilisieren, um ihre Verkehrssicherheit zu verbessern“.

Eine Entwicklung der vergangenen Jahre setzt sich fort. Angesichts der demographischen Entwicklungen hat sichere Mobilität für Senioren besonders große Bedeutung. Die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen Senioren ab 65 Jahren beteiligt waren, stieg seit 2005 um mehr als 500 Unfälle an und  liegt jetzt bei 1.842.

Das sind 34 Unfälle mehr als 2013.    1.114 Mal verursachten Senioren Unfälle selbst. Um 6,7 Prozent auf 366 Unfälle erneut gestiegen ist der Anteil an den  Verkehrsunfällen mit Verletzten. Somit kamen bei fast jedem dritten von Senioren verursachten Verkehrsunfall Personen zu Schaden.  „Wir müssen der Gruppe der Senioren im Straßenverkehr hohe Aufmerksamkeit zukommen lassen“, so nimmt der Polizeipräsident eine Herausforderung an, die demographische Entwicklung der Gesellschaft  zu berücksichtigen. Für die Zielgruppe der Senioren wurde im vergangenen Jahr das Gemeinschaftsprojekt „Sicher fit unterwegs“ von Polizei, Verkehrswacht und Landesapothekerverband durchgeführt. Für 2015 sollen Pedelec-Seminare als ein Schwerpunkt in der Seniorenarbeit angeboten werden.

Das Wetter im Jahr 2014, insbesondere die milden Wintermonate waren Grundlage für ein lange Motorradsaison. Motorisierte Zweiradfahrer waren 542 Mal von Verkehrsunfällen betroffen, in  291 Fällen als Verursacher. Beide Werte stiegen an, die Beteiligung um 3,2 Prozent und die Zahl der verschuldeten Unfälle um 17,8 Prozent. Vier Motorradfahrer,  ein 17-jähriger Fahrer eines Leichtkraftrades  und eine  Sozia verunglückten tödlich.

Dem Risiko, als motorisierter Zweiradfahrer in Verkehrsunfälle verwickelt zu werden, begegnet die Polizei einerseits mit der Sensibilisierung der motorisierten Zweiradfahrer und der anderen Verkehrsbeteiligten, anderseits  aber auch mit gezielten Schwerpunktkontrollen.   Dass dies erforderlich ist, zeigt ein trauriges Beispiel am Beginn der diesjährigen Zweiradsaison: Am vergangenen Freitag kam bei Amstetten eine Motorradfahrerin beim Überholen ins Schlingern und von der Straße ab. Die 36-Jährige erlag noch an der Unfallstelle ihren schweren Verletzungen.

Die Mobilität auf dem Fahrrad nimmt immer mehr zu, die elektrische Unterstützung der Muskelkraft wird zunehmend gerne angenommen. Diese Entwicklung wird die Polizei im Auge behalten müssen. Unfälle mit Fahrradfahrern haben um 9,7 Prozent zugenommen. Die Anzahl stieg um 56 Unfälle auf 631. Der Anteil der beteiligten Pedelecs und E-Bikes hat sich erhöht und zwar von 35 auf 46.  Vier (2) Fahrradfahrer und zwei (1) Pedelec-Fahrer erlitten tödliche, 142 (128) Fahrradfahrer und 21 (11) Pedelec-Fahrer schwere Verletzungen (Vorjahreszahlen in Klammern). Fahrradfahrer haben 2014 in 350 Fällen Unfälle verursacht, was gegenüber 2013 einer Zunahme von 13,6 Prozent entspricht. Um die richtigen Weichen möglichst früh zu stellen, setzt das Polizeipräsidium auf eine fundierte Radfahrausbildung als Grundlage für die Verkehrsunfallprävention. Sämtliche vierten Klassen der Grundschulen in den Kreisen Biberach, Göppingen, Heidenheim, Alb-Donau und dem Stadtkreis Ulm bekamen wieder die Gelegenheit, die Radfahrprüfung abzulegen. Von 7.421 im Kalenderjahr 2014 angetretenen Schülerinnen und Schülern bekamen 6.420 den begehrten „Radfahrführerschein“.

Fußgänger waren an 323 Verkehrsunfällen beteiligt. 42 (14,9 Prozent) mehr als 2013. Nahezu die Hälfte der verunglückten Fußgängerwaren Kinder (bis 13 Jahre) und ältere Fußgänger (über 65 Jahre). 68 Kinder und 69 Senioren wurden bei Fußgängerunfällen verletzt. Wie im Vorjahr kamen sieben Fußgänger bei Verkehrsunfällen ums Leben.

SCHULWEGUNFÄLLE

Bei Schulwegunfällen war ein Anstieg um 11,1 Prozent zu verzeichnen. Mit 60 Unfällen liegt diese Zahl über dem langjährigen Mittelwert von 55. Im Vorjahreszeitraum registrierte die Polizei 54 Schulwegunfälle. 24 der betroffenen Schüler waren zu Fuß unterwegs, 26 mit dem Fahrrad, sieben mit dem Motorroller und drei als Insasse eines Pkws. Mit der Aktion „Sicherer Schulweg“ und anderen Schwerpunktkontrollen war die Polizei vielfach an Gefahrenpunkten rund um Schulen und Schulwegen präsent. Großes Gewicht legt das Polizeipräsidium Ulm auf die Verkehrsprävention an Kindergärten, Vor-und Grundschulen. Bei 495 Veranstaltungen drehte sich alles um Schulbustraining, das Mitmachtheater „Kleines Zebra“, Schulwegsicherheit und das richtige Verhalten im Straßenverkehr.

VERKEHRSUNFALLFLUCHTEN

Nach einem kontinuierlichem Anstieg in den vergangenen Jahren sankdie Anzahl der Verkehrsunfallfluchten erstmals und zwar um 101 Unfälle (-2,2 Prozent) auf 4.468 Fälle.  Verkehrsunfallfluchten mit Personenschaden gingen um 7,3 Prozent von 219 auf 203 zurück. Gemessen an der Gesamtzahl bedeutet dies jedoch, dass nach wie vor fast jeder fünfte Unfallverursacher das Weite sucht. Dank aufmerksamen Zeugen und erfolgreichen polizeilichen Nachforschungen konnten 34,9 Prozent (36,5 Prozent im Vorjahr) der Verursacher, die sich durch Flucht ihrer Verantwortung entziehen wollten, ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Bei Unfallfluchten mit Personenschaden konnte die Aufklärungsquote um 3,9 Prozent auf 51,7 Prozent gesteigert werden.

UNFÄLLE IM GEWERBLICHEN GÜTERVERKEHR

Lastkraftwagen waren bei 1.070 Verkehrsunfällen beteiligt. Nach einem hohen Anstieg im Jahr 2013 von 1.148 auf 1.210 Unfälle konnte die Zahl jetzt sogar unter den langjährigen Durchschnitt gesenkt werden. Einen wesentlichen  Beitrag zur Überwachung dieses Bereichs leistet die  im Zuge der Polizeireform neu strukturierte Verkehrsüberwachung. Von ihr wird der Güterverkehr konzentriert und hochspezialisiert im Auge behalten. So lassen sich unfallträchtige Gefahren wie unzureichend gesicherte Ladung, technische Mängel oder Überschreitungen der zulässigen Lenkzeiten verringern.

Der Leiter der Verkehrspolizeidirektion Manfred Bayer gibt zu bedenken:  „Bei mehr als zwei Dritteln der Unfälle im gewerblichen Güterverkehr setzt der Lkw-Lenker die Unfallursache. Entsprechend hoch ist auch die Beanstandungsquote der polizeilichen Verkehrsüberwachung.“ Sie liegt bei 35 Prozent.  Von den 13.099 kontrollierten Fahrzeugen wurden 4.536 beanstandet.  In 190 Fällen deckten die Verkehrsspezialisten derart gravierende Mängel auf, dass die Weiterfahrt untersagt werden musste.

UNFALLURSACHEN

Die Unfallursache Alkohol am Steuer spielte bei 402 Unfällen eine Rolle, was im Vergleich der letzten 10 Jahre einen stetigen Rückgang bedeutet. Im Jahr 2005 waren es noch 588 Alkoholunfälle gewesen, im vergangenen Jahr 411.  Auch die Folgen der unter Alkoholeinfluss verursachten Unfälle sind geringer ausgefallen, als dies im Vorjahr der Fall war. Bei 145 Alkoholunfällen kamen Menschen zu Schaden, 14 weniger als 2013 und 83 weniger als 2005. 18 (19 im Vorjahr)  Verkehrsunfälle mit insgesamt 8 Verletzten gehen auf eine Drogen- oder Medikamentenbeeinflussung zurück. Für Christian Nill ist diese rückläufige Entwicklung erfreulich: „Aus diesem Grund wird den Alkohol- und Drogenkontrollen auch im Jahr 2015 ein hoher Stellenwerteingeräumt, denn jeder Unfall mit oft schrecklichen Folgen für die Beteiligten, der vermieden werden kann, lohne den polizeilichen Einsatz“. Neben Alkohol waren nicht angepasste Geschwindigkeit, Überholen, Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren und Vorfahrtsverletzungen die häufigsten Unfallursachen.

Vorfahrtsverletzungen hatten in 1.804 Fällen einen Verkehrsunfall zur Folge. Bei 524 dieser Vorfahrtsunfälle kamen Personen zu Schaden, sieben mehr als in 2013. Das Nichtbeachten von Vorfahrtsregelungen steht jetzt als Ursache von  Verkehrsunfällen mit Personenschaden an erster Stelle.

Zugenommen haben Verkehrsunfälle, deren Ursache in Fehlern beim Überholen lag. Die Gesamtzahl der Überholunfälle stieg um 2,2 Prozent auf 324. Bei etwa einem Drittel dieser Unfälle kamen Menschen zu Schaden. Die Zahl der Überholunfälle mit Personenschaden stieg um 8,9Prozent von 101 auf 110 an.

Abbiegen/Wenden/Rückwärtsfahren – Diese Gruppe bildet mit 1.878 Unfällen nach wie vor eine der häufigsten Unfallursachen, obwohl hiermit 17,1 Prozent  (387 Unfälle) ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist. Bei 342 dieser Unfälle gab es Personenschaden, das sind 29 mehr als 2013.

Überhöhte Geschwindigkeit hatte 736 Verkehrsunfälle zur Folge. Gegenüber dem Vorjahr ist  ein Rückgang um 34,3 Prozent zu verzeichnen. Bei 400 dieser Unfälle wurden Menschen verletzt, im Vorjahr waren es noch 540. Für Polizeipräsident Christian Nill ist diese positive Entwicklung der konsequenten Kontrolltätigkeit geschuldet. „Wir wollen mit unserer Geschwindigkeitsüberwachung die Verkehrssicherheit erhöhen. Mit unserer spezialisierten Verkehrsüberwachung sind wir hierzu gut aufgestellt.“ Es wurden 49.884 Geschwindigkeitsüberschreitungen beanstandet. Überwiegend kamen Radar- und Lichtschrankenmessgeräte zum Einsatz. 4.325 Verstöße wurden mit Handlaser-Messgeräten aufgedeckt. Insbesondere im mobilen Einsatz auf unfallträchtigen Strecken haben sich die Video-Fahrzeuge bewährt. Mit ihnen dokumentierte die Verkehrspolizei 680 Geschwindigkeitsverstöße. Bei der polizeilichen Geschwindigkeitsüberwachung liegt das Hauptaugenmerk auf Streckenabschnitte mit Unfallschwerpunkten und besonders gefahrenträchtigen Stellen. Gezielte  Geschwindigkeitsüberwachung wird auch 2015 eine wichtige Aufgabe in der Verkehrsunfallbekämpfung sein, um die oftmals schwerwiegenden Folgen dieser Unfallursache weiter zu reduzieren.  Die Polizei arbeitet hier in enger Abstimmung mit den Verkehrsbehörden der Landkreise und Kommunen zusammen, die ebenfalls für die Überwachung von Tempolimits zuständig sind.

PM Polizeipräsidium Ulm

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