Ab Freitag Streik im Sozial- und Erziehungsdienst

Ab diesem Freitag ruft ver.di bundesweit zum Streik im Sozial- und Erziehungsdienst auf, nachdem sich in der Urabstimmung 93,44 Prozent der ver.di Mitglieder für Arbeitskampf zur Durchsetzung ihrer Forderungen ausgesprochen haben.

Auch in Baden-Württemberg beginnt der Arbeitskampf am Freitag. ver.di rechnet beim Streikauftakt mit mehreren Tausend Streikenden und hunderten geschlossenen Einrichtungen, zumeist Kindertagesstätten.

Es finden zum Teil regionale Kundgebungen statt: Die größte mit ver.di Landesbezirksleiterin Leni Breymaier ist in Mannheim (Weitere Detailinformationen zu den Warnstreiks finden Sie unten).

Leni Breymaier, ver.di Landesbezirksleiterin: „Wir streiken ab Freitag für eine angemessene Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst. Wir kämpfen damit aber auch gegen die Lohndiskriminierung von Frauen und stellen laut und vernehmbar die Frage, was uns Dienstleistungsarbeit wert ist. Dafür bitten wir um Unterstützung. Wir werden diesen Arbeitskampf sehr breit beginnen, damit so viele Arbeitgeber wie möglich im Land spüren, dass sie in der Verantwortung stehen. Wir werden bei den größten und wichtigsten Arbeitgebern nicht mehr locker lassen: Aussitzen wird nicht funktionieren. Und wir werden, sollte es länger gehen, Zug um Zug den Druck erhöhen. Abkürzen lässt sich dieser Streik jederzeit. Durch ein verhandlungsfähiges Angebot.“

Die betroffenen Eltern sowie weitere betroffene Bürgerinnen und Bürger bittet ver.di um Verständnis für den Streik und Unterstützung gegenüber den Kommunen, um diese zu einem Einlenken zu bewegen. Wo es möglich ist wird ver.di Notdienstvereinbarungen mit den Trägern vereinbaren.

Dagmar Schorsch-Brandt, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Eltern brauchen eine liebevolle und gute Betreuung ihrer Kinder in den Kindertagesstätten, um die Doppelbelastung in Beruf und Familie zu stemmen. Und sie erwarten von den Erzieherinnen die individuelle Förderung ihrer Kinder und eine gute Vorbereitung auf die Schule. Dass die Bezahlung diesem Anspruch meilenweit hinterher hinkt, ist ihnen bewusst. Die Eltern sehen, dass sich die zu geringe Bezahlung offenkundig ohne Streik nicht korrigieren lässt.“

Von der Tarifrunde sind in Baden-Württemberg neben über 30.000 Erzieherinnen (zu 98 Prozent Frauen, zu über 60 Prozent in Teilzeit) weitere gut 10.000 Beschäftigte in Jugendhäusern, Beratungsstellen, Krankenhäusern, Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen, Jugendheimen und Ämtern betroffen.

Irene Gölz, zuständige ver.di Fachbereichsleiterin Gesundheit, Kirchen, soziale Dienste: „Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen werden, obwohl sie auch einen Studienabschluss haben, deutlich schlechter als Ingenieure bezahlt. Es ist überfällig, dass bei vergleichbarer Qualifikation die Arbeit für Menschen genauso honoriert wird, wie die Konstruktion von Straßen und Brücken.“

ver.di beginnt den Streik bewusst bereits am Freitag, da die Arbeitgeber offenkundig versuchen, den Konflikt mit allen Mitteln in die Länge zu ziehen, um die Eltern in dieser Auseinandersetzung für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Schorsch-Brandt: „Bereits am Wochenende haben die Arbeitgeber so zwei Tage Zeit, ihre Verweigerungshaltung zu überdenken und die Chance, mit einem verhandlungsfähigen Angebot die Auseinandersetzung zügig zu beenden.“

ver.di Baden-Württemberg wird den Arbeitskampf auch in der kommenden Woche fortführen. Die jeweilige Streikdauer wird von den ver.di Bezirken mitgeteilt.

ver.di rechnet angesichts der Erfahrungen in den letzten Wochen mit einer – auch im Vergleich zu 2009 – noch höheren Streikbeteiligung. Insbesondere in den beiden größten Städten im Land ist der Unmut der Beschäftigten besonders groß: In Stuttgart und Mannheim, die in der Tarifrunde 2009 bundesweite Streikhochburgen waren, sind die Beschäftigten fest entschlossen, diesmal eine echte Aufwertung für alle Beschäftigtengruppen zu erreichen.

Irene Gölz: „Vom Ergebnis dieser Tarifauseinandersetzung werden im Nachgang noch einmal so viele Beschäftigte bei Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und freien Trägern profitieren, die den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst übernehmen oder sich am TVöD orientieren. Deshalb wird eine bessere Eingruppierung der sozialen Berufe im TVöD eine Aufwertung des gesamten Berufstandes zur Folge haben. Das ist auch deshalb dringend notwendig, damit die Berufe für junge Menschen attraktiv bleiben. Aufwertung ist echte Zukunftssicherung.“

ver.di fordert eine Neuregelung der Eingruppierungsvorschriften und Tätigkeitsmerkmale, die für die rund 240.000 Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst zu Einkommensverbesserungen von durchschnittlich zehn Prozent führen würden. Zum kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst gehören unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagogen, Fachkräfte für Arbeits- und Berufsförderung und Heilerziehungspflegerinnen in der Behindertenhilfe, Kinderpflegerinnen sowie Heilpädagogen und Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen.

Indirekt profitieren von einem Tarifergebnis mit den kommunalen Arbeitgebern auch die mehr als 500.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst bei freien und kirchlichen Trägern.

Hier finden Sie nähere Informationen zu den Streiks in der Region:

Stuttgart

In Stuttgart streiken ab Freitag beim Jugendamt die Bereiche Kita, Schulkindbetreuung, Fördergruppen. Beim Jugendamt die Sozialen Dienste und Hilfen zur Erziehung. Beim Sozialamt und Gesundheitsamt die Sozialen Dienste. Beim Schulverwaltungsamt die Schulkindbetreuung, verlässliche Grundschule etc sowie beim Klinikum der Stadt die Sozialen Dienste.

Ostwürttemberg-Ulm

Kindertagesstätten, Soziale Dienste sowie Einrichtungen der Jugendhilfe in Ulm und im Alb-Donau Kreis, in Aalen, in Schwäbisch Gmünd, und erstmals auch Kindertagesstätten der Städte Heidenheim und Giengen werden von den Arbeitsniederlegungen betroffen sein. Den Auftakt machen am Freitag die Beschäftigten der Städte Aalen und Ulm, weitere Einrichtungen in anderen Städten werden am Montag folgen. Insgesamt werden über 50 Einrichtungen geschlossen bleiben und über 600 Personen am Warnstreik teilnehmen.

Fils-Neckar-Alb

In den Landkreisen Reutlingen, Tübingen, Esslingen und Göppingen wird am Freitag gestreikt und es sind über 200 Einrichtungen geschlossen.

Kundgebung in Esslingen am Schillerplatz um 12 Uhr, Demonstration um 11:40 Uhr ab Stadthalle.

PM

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