Auch diese Woche über 1.000 Streikende im Sozial- und Erziehungsdienst – nächste Woche Fortsetzung der Arbeitsniederlegungen

ver.di Baden-Württemberg hat die Warnstreiks im Sozial- und Erziehungsdienst auch in dieser Woche fortgesetzt. Seit Montag haben über 1.000 Beschäftigte die Arbeit jeweils für einen ganzen Tag niedergelegt, unter anderem in den Kommunen der Landkreise Waiblingen, Böblingen und Reutlingen, in Lörrach und weiteren Orten. Am Donnerstag haben zudem Beschäftigte von kirchlichen und freien Trägern, die indirekt von der Tarifrunde betroffen sind, im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags demonstriert.

Auch in der kommenden Woche ruft die Gewerkschaft zu Warnstreiks in Göppingen, Konstanz und Singen auf. ver.di wird nach den Osterferien die Arbeitsniederlegungen weiter ausweiten, um den Druck auf die kommunalen Arbeitgeber vor der dritten Verhandlungsrunde Mitte Mai deutlich zu erhöhen. Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „In Kitas und sozialen Diensten verschärft sich die Situation für die Beschäftigten durch die Gleichzeitigkeit der Corona-Krise und der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine dramatisch. Die Einrichtungen sind längst über dem Limit, die letzten Kraftreserven sind aufgebraucht. Es ist nicht mehr erklärbar, dass die Arbeitgeber sich bisher jeglichen Vorschlägen für Entlastungsregelungen verweigern.“ Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Weil die Bezahlung schon seit Jahren nicht mehr der Tätigkeit und Belastung in diesen Berufen entspricht, wächst die Fachkräftelücke Jahr für Jahr weiter. Die bisherigen Versuche der Arbeitgeber, mit Werbe- und Abwerbe-Kampagnen die Lücke zu schließen, sind zum Scheitern verurteilt. Es ist höchste Zeit für eine nachhaltige Lösung.“

Aktionen und Warnstreiks in Baden-Württemberg nach ver.di Bezirken in der kommenden Woche:

Fils-Neckar-Alb: 12. April: Stadt und Landratsamt Göppingen, Geislingen an der Steige, Wangen, Eislingen, Uhingen sowie bei der Lebenshilfe Göppingen. Kundgebung in Göppingen am Marktplatz um 11 Uhr.

Südbaden Schwarzwald: 12. April: Konstanz: Streiklokal im „Treffpunkt Petershausen“ ab 09.30 Uhr, Demozug zur Marktstätte ab 11.15 Uhr. 13. April: Singen

Zur aktuellen Situation in den Einrichtungen und sozialen Diensten: Die Beschäftigten in Sozialämtern, in Kitas und vielen anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes wollen die aus der Ukraine Geflüchteten unterstützen, stoßen dabei aber häufig an ihre Grenzen, weil zu wenig Personal zu viele Aufgaben bewältigen muss. Die Überlastung ist in den sozialen Diensten und den Kitas besonders deutlich. Platzmangel, zu große Gruppen, Fluktuation, Fachkräftemangel und die hohe Erkrankungsrate der Beschäftigten lassen es nicht mehr zu, den Kindern gerecht zu werden. Die Krisensituation verschärft die Arbeitsbelastung zusätzlich, da Kinder und Eltern mit Kriegserfahrungen besondere Zuwendung benötigen.

Gleiches gilt für die Jugendämter. Sozialarbeiter*innen mussten schon während der Pandemie wegen steigender Anforderungen Entscheidungen treffen, ohne die Familie und die Kinder gesehen zu haben. Nun treffen Großeltern mit Enkelkindern, Mütter mit Kindern und unbegleitete Kinder und Jugendliche auf der Suche nach Schutz ein. Es müssen Strukturen aufgebaut werden, die gewährleisten, dass die Familien die notwendige Sicherheit erfahren. Kleine Kinder sollten nicht von ihren Bezugspersonen getrennt werden. Zudem muss eine professionelle sozialpädagogische Koordination erfolgen und Fachpersonal zur psychosozialen Betreuung und der Aufarbeitung von Traumata bereitstehen. Für die Integration der Kinder in die Kindertageseinrichtungen und in den schulischen Ganztag fordert ver.di deshalb vorübergehend Zusatzkräfte, die nicht auf den Personalschlüssel angerechnet werden. Besonders hilfreich wäre die Einstellung von ukrainischen Muttersprachlerinnen und Muttersprachler mit professionellem pädagogischen Hintergrund.

Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen gehören zwar zum TVöD, die Eingruppierungsregelungen sowie weiterer Regelungen etwa zum Gesundheitsschutz sind in einem eigenen Tarifvertrag vereinbart, der erstmals 2009 und dann erneut 2015 verhandelt wurde. Bereits 2020 sollte die dritte Runde stattfinden, diese wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben.

Für ver.di stehen in der Verhandlungsrunde drei Schwerpunkte im Vordergrund. Dazu gehören die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und die finanzielle Anerkennung der Arbeit. ver.di und die VKA verhandeln für rund 330.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen. Von den Verhandlungen betroffen sind aber auch zahlreiche Beschäftigte bei anderen Trägern, die die Verhandlungsergebnisse übernehmen.

Hinweis: Die dritte Verhandlungsrunde findet am 16. und 17. Mai in Potsdam, Kongresshotel, Am Luftschiffhafen 1, statt. Direkt von den Verhandlungen betroffen sind in Baden-Württemberg die kommunal Beschäftigten pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, in der Schulkindbetreuung, in der Sozialarbeit und der Behindertenhilfe. Alleine in der frühkindlichen Bildung sind damit rund 45.000 Beschäftigte in Baden-Württemberg direkt in kommunalen Einrichtungen betroffen, knapp 60.000 Beschäftigte sind bei Kitas von freien Trägern direkt oder indirekt berührt. Zusammen betreuen sie 473.000 Kinder. Darüber hinaus sind direkt oder indirekt im Land weitere 32.000 Beschäftigte in sozialen Diensten und Einrichtungen von den Verhandlungen betroffen. Pressemappe mit ausführlichen Infos zur Tarifrunde: https://www.verdi.de/presse/aktuelle-themen/++co++f765df52-930d-11ec-bc73-001a4a160129

PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg

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