Weniger Ausbildungsverträge aufgrund von Corona und Transformationsprozess – BWIHK schlägt Land 10-Punkte-Programm zur Stärkung der Ausbildung vor

„Die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge ist leider auch in diesem Jahr noch einmal eingebrochen. Dennoch haben wir Hoffnung, denn in einigen Regionen stabilisieren sich die Zahlen auf niedrigem Niveau. Es kann nur besser werden“, kommentiert Marjoke Breuning, Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) und Präsidentin der IHK Region Stuttgart, der für Ausbildungsfragen beim BWIHK zuständigen Kammer, die Ausbildungsbilanz 2021 der Südwestkammern. Mit 37.806 Ausbildungsverträgen wurden bis zum Jahresende 2021 3,8 Prozent weniger Neuverträge landesweit abgeschlossen als 2020. In der Kernregion Stuttgart sind es mit rund 8.820 Ausbildungsverträgen 1,3 Prozent weniger als 2020.

„Wir kommen von einem guten Niveau im Jahr 2019, aber um das aufzuholen gibt es noch viel zu tun“ so Marjoke Breuning. Im Vergleich zu 2019 beträgt das aktuelle Defizit rund 16 Prozent. Hielten sich die Verluste bei kaufmännischen und technischen Berufen im vergangenen Jahr noch annähernd die Waage, sind in diesem Jahr die technisch-gewerblichen Berufe mit minus 6,3 Prozent stärker eingebrochen als die kaufmännischen Berufe mit minus 2,2 Prozent. Am meisten betroffen sind Auszubildende in Bank- sowie Metall- und Elektroberufen. „Hier zeigt sich neben Corona auch der Transformationsprozess in der Automobilindustrie als Ursache für die Verluste“, so Breuning. Zu den Gewinnern gehören vor allem Kaufleute für Digitalisierungs-Management, einem noch jungen Ausbildungsgang. Nach gravierendem Einbruch im Jahr 2020 wird im Einzelhandel, dem Groß- und Außenhandel und bei Spediteuren und Logistikern wieder mehr ausgebildet.

„Auch wenn die Bewerbersituation im letzten Jahr nicht günstig für die Unternehmen war, müssen wir alles dafür tun, dass Betriebe auch unter schwierigen Bedingungen in der Lage sind, weiter auszubilden und jungen Menschen berufliche Perspektiven zu bieten“, so Breuning. „Viele Unternehmen wollen wieder ausbilden, bei etlichen Betrieben kommt allerdings nicht eine Bewerbung an. Ausbildung muss attraktiver werden“, sagt Breuning. Deshalb haben die Südwestkammern der Landesregierung ein 10-Punkte-Programm vorgelegt.

Nach Auffassung der baden-württembergischen IHK-Organisation geht es vor allem darum, der beruflichen Aus- und Weiterbildung auch in Politik und Gesellschaft den hohen Stellenwert einzuräumen, den sie in der Wirtschaft längst hat. „Die Landesregierung muss aktiv für eine Karriere mit Lehre werben“, fordert Breuning. „Berufliche und akademische Ausbildung müssen in einer Liga spielen und die Vorzüge der beruflichen Bildung offensiv aufgezeigt werden. Mit ihren modernen Berufsbildern, attraktiven Aufstiegschancen und Einkommensperspektiven ist die berufliche Bildung eine gleichwertige Alternative zum akademischen Weg.“ Diese Fakten seien viel zu wenig bekannt und müssten den Jugendlichen und ihren Eltern vermittelt werden, damit sie gut informiert eine fundierte Berufswahl treffen könnten. Daher müsse die Elternarbeit der Schulen intensiviert und vor allem verbindlich ausgestaltet werden. Breuning: „Gute Berufsorientierung und -beratung darf kein Zufall sein.“ Außerdem muss es faire Bedingungen für alle Weiterbildungsinteressierten geben. „Wir wollen die Meisterprämie nicht nur für das Handwerk, sondern für alle Abschlüsse“, fordert Breuning. Die Landesregierung solle ihre im Koalitionsvertrag angekündigte Prüfung jetzt zügig umsetzen und zu einem positiven Ende bringen. „Die Herausforderungen bleiben groß. Viele Betriebe haben volle Auftragsbücher, aber es fehlt an den Fachkräften, um die Aufträge auch auszuführen. Um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg weiter voranzubringen, brauchen wir dringend beruflich qualifizierte Fachkräfte“, so Breuning.

PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag

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