2019: Spuren der konjunkturellen Delle zeigen sich auf dem insgesamt guten Arbeitsmarkt

 

  • Beschäftigung wächst, aber langsamer
  • Arbeitslosigkeit bleibt trotz Anstiegs niedrig
  • Mitarbeiter weiter gesucht, Zahl der gemeldeten Stellen ging aber zurück

 

Im Bezirk der Agentur für Arbeit Göppingen, der die Landkreise Esslingen und Göppingen umfasst, zeigte sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2019 noch in guter Verfassung, die konjunkturelle Entwicklung hat aber im Jahresverlauf einen Dämpfer erlebt.  Am Arbeitsmarkt zeigten sich zunehmend zwei Gesichter.

Die Zahl der Beschäftigten wuchs bis zum Sommer weiter, aber nicht mehr so stark wie in den Vorjahren.

Die Arbeitslosigkeit war noch immer niedrig, stieg aber erstmals seit 2016 wieder und lag seit Mai über den Vorjahreswerten.
Der Anstieg zeigte sich in beiden Landkreisen, stärker aber im Landkreis Göppingen. Die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung verzeichnete eine Zunahme – in der steuerfinanzierten Grundsicherung gab es einen Rückgang. Die Zahl der Arbeitslosen ist bei fast allen Personengruppen gestiegen. Lediglich bei Langzeitarbeitslosen ging sie zurück.

Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften ging zurück, bedingt durch strukturelle Veränderungen und konjunkturelle Einflüsse vor allem in der Zeitarbeit und in der Industrie. Das Interesse der Unternehmen an Kurzarbeit nahm hier spürbar zu. In anderen Branchen wie im Handwerk oder in der Pflege gab es weiter Fachkräftemangel.

 

Rückblick auf 2019

Beschäftigung wächst bis zum Sommer weiter, aber schwächer

(Die Daten zur Beschäftigungssituation basieren auf Juni 2019)

Zum 30. Juni 2019 waren 309 372 Männer und Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 0,3 Prozent mehr als zum Vorjahresstichtag. Mit minus 0,1 Prozent sank die Beschäftigung bei Männern, bei Frauen stieg sie um 0,7 Prozent. Überdurchschnittlich hoch war mit plus 2,5 Prozent der Anstieg der Beschäftigung bei 50-Jährigen und Älteren. Bei Ausländern war der Beschäftigungsaufbau mit 2,7 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich.

Mit einer Zunahme der Beschäftigung um 0,3 Prozent lag der Agenturbezirk Göppingen unter der von Baden-Württemberg, die bei plus 1,6 Prozent lag.

Die Beschäftigung entwickelte sich in den Landkreisen Esslingen und Göppingen unterschiedlich. Im Landkreis Esslingen wuchs sie weiter, vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Kommunikation und Information und in der Dienstleistungsbranche. Im Landkreis Göppingen ging die Zahl der Beschäftigten zurück, besonders im Verarbeitenden Gewerbe, der Metall- und Elektroindustrie und der Zeitarbeit.

 

Wie sah die Nachfrage nach Arbeitskräften aus?

Im Jahresverlauf 2019 wurden insgesamt 33 355 Arbeitsstellen dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit und der beiden Jobcenter zur Besetzung neu gemeldet. Das waren 3 989 (minus 10,7 Prozent) weniger als im Vorjahr. Auf Landesebene lag das Minus bei 10,5 Prozent.

Der Bestand an gemeldeten Stellen lag im Jahresdurchschnitt bei
10 194, das waren 13,7 Prozent weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitskräftenachfrage bot damit im vergangenen Jahr noch immer gute Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz. Es gab allerdings in nahezu allen Branchen einen Rückgang bei den offenen Arbeitsstellen, besonders stark fiel dieser im Verarbeitenden Gewerbe, der Zeitarbeit, im Bereich Verkehr und im Lager aus.

Bei 80 Prozent der Stellen werden Fachkräfte, Spezialisten und Experten gesucht, etwa 20 Prozent sind für An- und Ungelernte.

 

Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag 2019 mit 3,3 Prozent (Vorjahr: 3,2 Prozent) leicht über dem Durchschnitt von Baden-Württemberg, der bei 3,2 Prozent lag. 14 733 Frauen und Männer waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet, 519 Menschen mehr als im Jahr 2018. Das war ein Plus von 3,7 Prozent. Auf Landesebene stieg die Arbeitslosigkeit um 0,9 Prozent.

Die Arbeitslosigkeit bei unter 25-Jährigen stieg mit plus 8,8 Prozent stärker als die Arbeitslosigkeit insgesamt.

Bei Menschen über 50 Jahren ist die Arbeitslosigkeit um 2,0 Prozent gestiegen.

Bei Personen über 55 Jahre beträgt die Zunahme 4,8 Prozent.
Die Zahl der arbeitslosen Ausländer ist um 7,2 Prozent gestiegen.
Die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen stieg um 2,0 Prozent.
Erfreulich ist, dass die Langzeitarbeitslosigkeit um 5,3 Prozent deutlich gesunken ist. Als langzeitarbeitslos gelten Personen, die seit einem Jahr und länger auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind.

 

Entwicklung in den beiden Landkreisen

Im Agenturbezirk Göppingen sind die Arbeitslosenzahlen in beiden Landkreisen gestiegen. Der Landkreis Göppingen war aber stärker betroffen.

Im Landkreis Esslingen stieg die Zahl der arbeitslosen Menschen um 2,9 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag bei 3,2 Prozent.

Im Landkreis Göppingen stieg die Arbeitslosigkeit um 5,2 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag bei 3,5 Prozent.

Die Spanne bei der Veränderung der Zahl der Arbeitslosen bei den Geschäftsstellen reichte von minus 0,5 Prozent bei der Geschäftsstelle Leinfelden-Echterdingen bis plus 9,8 Prozent bei der Geschäftsstelle Kirchheim. Entsprechend unterschiedlich fielen die Arbeitslosenquoten in den Geschäftsstellen der Agentur für Arbeit Göppingen aus. Die niedrigste Arbeitslosenquote verbuchte die Geschäftsstelle in Leinfelden-Echterdingen mit 2,5 Prozent, die höchste hatte mit 3,6 Prozent die Geschäftsstelle in Geislingen.

 

Anstieg in der Arbeitslosenversicherung, Rückgang in der Grundsicherung

Bei den Personen, die von der Agentur für Arbeit Göppingen betreut werden und der Arbeitslosenversicherung (Sozialgesetzbuch III) angehören, ist die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 748 (plus 12,1 Prozent) auf 6 912 Personen gestiegen.

Bei den Menschen in der Grundsicherung (Sozialgesetzbuch II), die von den Jobcentern Landkreis Esslingen und Landkreis Göppingen betreut wurden, ist die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 229 Personen (minus 2,8 Prozent) gesunken. Ihre Zahl lag im Jahresdurchschnitt bei 7 821. Rund 53 Prozent aller Arbeitslosen waren in der Grundsicherung.

 

Unterbeschäftigung

Die Unterbeschäftigung, die neben der Zahl arbeitsloser Menschen auch Personen umfasst, die für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden oder in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit sind, belief sich 2019 durchschnittlich auf 20 787 Personen. Das waren 409 mehr als im Vorjahr (plus 2,0 Prozent).

 

Viel Bewegung am Arbeitsmarkt

Arbeitslosigkeit ist kein fester Block, vielmehr bewegt sich auf dem Arbeitsmarkt viel.

Seit Jahresbeginn gab es 53 664 Zugänge von Arbeitslosen; gegenüber dem Vorjahreszeitraum war das eine Zunahme um 2 677 Meldungen (plus 5,3 Prozent).

Dem gegenüber standen 52 035 Abmeldungen von Arbeitslosen. Das war im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Zunahme um 521 Abmeldungen (plus 1,0 Prozent).

 

Arbeitsagentur investierte rund 60 Mio. Euro in die Integration von Menschen in Arbeit und Ausbildung

Die aktuelle Marktsituation ist durch strukturelle Arbeitslosigkeit (Mismatch) gekennzeichnet – Arbeitskräfte und Arbeitsstellen passen nicht optimal zusammen. Damit müssen die Vermittlungsansätze individuell auf die einzelnen Personen abgestimmt werden. Die Agentur für Arbeit hat dafür einen Koffer an Instrumenten, die sie gezielt einsetzt, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Dabei spielt die Qualifizierung eine tragende Rolle. Wer keinen beruflichen Abschluss hat, trägt ein deutlich größeres Risiko, arbeitslos zu werden und dies zu bleiben: Über die Hälfte der Arbeitslosen (52 Prozent) hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Weiterbildungen mit Berufsabschluss erhöhen die Arbeitsmarktchancen für diese Personen deutlich. Auch Bewerbungsstrategien, neue Suchwege oder arbeitsplatznahe Einarbeitung können der Schlüssel zum Erfolg sein.

Mit rund 60 Mio. Euro wurden Mittel in erheblichem Umfang eingesetzt, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu beenden:

Um Arbeitsuchende und Arbeitslose im Suchprozess und bei der Aufnahme einer Tätigkeit zu unterstützen, investierte die Arbeitsagentur 7,1 Mio. Euro.

22,5 Mio. Euro flossen in die Qualifizierung von Arbeitsuchenden.

Mit 24,6 Mio. Euro unterstützte die Agentur die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und die Förderung schwerbehinderter Menschen.

Den Übergang von der Schule in den Beruf begleitete die Agentur – auch mit frühzeitigen, präventiven Ansätzen – mit dem finanziellen Einsatz von 6,2 Mio. Euro.

 

Ausgaben für Lohnersatzleistungen

Für die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld wurden im vergangenen Jahr rund 84 Mio. Euro ausgegeben. Zusätzlich wurden rund 61 Mio. Euro an Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt.

 

Ausblick auf 2020

Der Arbeitsmarkt hat sich im langjährigen Vergleich positiv entwickelt und zeigte sich weitgehend robust. Die Auswirkungen der konjunkturellen Eintrübung und der Strukturveränderungen sind aber schwer abzuschätzen. Besonders in der Arbeitslosenversicherung (Rechtskreis Sozialgesetzbuch III) werden konjunkturbedingt steigende Arbeitslosenzahlen erwartet.

Nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für Deutschland stoppt der Konjunkturabschwung vorerst den Abbau der Arbeitslosigkeit. Laut Prognose wird der Jahresdurchschnitt 2020 auf dem Stand von 2019 bleiben. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit wird sich mittelfristig aber fortsetzen, begünstigt von der zunehmenden Knappheit von Arbeitskräften. Das IAB rechnet damit, dass die Konjunktur 2020 wieder an Fahrt gewinnt.

Die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Göppingen geht für den Göppinger Bezirk davon aus, dass das erreichte hohe Niveau der Beschäftigung auch in 2020 gehalten werden kann. Die Zahl der Arbeitslosen hingegen wird zunächst weiter steigen.

 

Aufgaben und Herausforderungen

Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs der Arbeitgeberkunden bleiben 2020 die bewährten Ansätze im Fokus: Die Qualifizierung der Kundinnen und Kunden ist ein wichtiges Instrument, strukturellen Veränderungen und technologischem Wandel mit einem zielgerichteten Investitionseinsatz zu begegnen. Mit dem Qualifizierungschancengesetz gibt es seit nunmehr einem Jahr erweiterte Fördermöglichkeiten bei Beschäftigten. Dazu gehört auch die Beratung von Mitarbeitern und Betrieben.

Insgesamt wird die Beratung ausgebaut. Um mehr Jugendliche früher zu erreichen, wurde 2019 die „Lebensbegleitende Berufsberatung“ vor dem Erwerbsleben eingeführt. Mit frühzeitiger Berufsorientierung, mehr Präsenz an allen Schulen und guter Beratung werden junge Menschen bei der Entwicklung einer tragfähigen Berufs- und Studienwahl unterstützt.

Die Agentur für Arbeit Göppingen nutzt aktiv die Chancen, die sich am Arbeitsmarkt für arbeitslose Menschen im Jahr 2020 bieten. Die Besetzung offener Stellen, individuelle Beratung von Beschäftigten, Berufsrückkehrern und An- und Ungelernten, Qualifizierung von Menschen zu einem Berufsabschluss, weiterer Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit, Realisierung sozialer Teilhabe und das Verdeutlichen der Attraktivität einer beruflichen Ausbildung sind die Kernthemen für das Jahr 2020. Die Agentur für Arbeit bietet im Netzwerk Unterstützung für Betriebe und Beschäftigte beim Strukturwandel durch Digitalisierung und E-Mobilität an. Kern des Handelns ist die Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden – mit individuelleren Lösungen, guten Strategien und einer Stärkung der Beratung.

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PM Agentur für Arbeit Göppingen

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