Faszination in der Bahnstation

Zwei Mal präsentierte die Theatergruppe Impala zu Silvester im jeweils ausverkauften Theater im Bahnhof Rechberghausen die Uraufführung von „Immer wieder Nada“, einer Gaunerkomödie, in deren Zentrum Jürgen M. Brandtners Neuübersetzung und Bearbeitung des Einakters „Cecè“ von Luigi Pirandello steht. Über eine Rahmenhandlung, die jedes Mal aus wenigen vorgefertigten Bausteinen neu improvisiert wird, nimmt das Ensemble die Zuschauer mit in die Generalprobe des eigentlichen Stücks, die aber mit dem Erscheinen des Regisseurs (Regisseur Johannes Soppa) augenblicklich in Frage gestellt wird. Woraufhin gestritten, Lyrik rezitiert, auf dem imaginierten Catwalk stolziert und sich geschminkt wird – bis der Zuschauer sich plötzlich, durchaus im Sinne des Literaturnobelpreisträgers (Wo endet Täuschung, wo beginnt Illusion?), doch in der Kernhandlung jener Generalprobe befindet.

In der geht es dann, ähnlich wie im Original, um Nada und Cecè und um Betrügereien. Das nächste Opfer soll, scheinbar, der korrupte Bauunternehmer Squatriglia sein, der von Cecès charmanten Fähigkeiten einst ordentlich profitierte und sich nun bei diesem revanchieren soll, indem er von Nada Wechsel zurückkauft, die echt sind. Oder doch falsch. Sowohl das Stück, wie auch Soppas gekonnte Inszenierung, die Leichtes ernst und Ernstes leicht nimmt, blinken gerne rechts und biegen dann links ab. Sprachkapriolen und absurde Momente treiben Täuschung oder Illusion bei allen Beteiligten, auch beim Zuschauer, auf die Spitze. Leicht machen die Vier von Impala es sich und ihren Zuschauern nicht. Aber gerade das fasziniert.

Die Schauspieler, die zu Beginn vielleicht noch sich selbst spielen und eine scheinbare Realität darstellen, wandeln sich mit leichter Hand in ihre Kunstfiguren, deren wahres Wesen sich aber aufgrund ständiger Veränderungen dem Zuschauer leicht entziehen kann. Sandra Schwab spielt ihre gaunerische Nada gekonnt im einen Moment abwartend, im nächsten verführerisch, gleich darauf eiskalt, und immer sehr, sehr sexy. Kein Wunder, dass Eddie Gromers Squatriglia bald nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht, und sich in einem bravourös gestalteten Gestammel und innerlichen Schweißattacken verliert, bevor er sein Ziel doch noch erreicht. Und vor und nach dieser zentralen Szene gibt Jürgen M. Brandtner einen facettenreichen Fiesling, der bestens gelernt hat, wie er mit Sprache und Körper umzugehen hat, um voller Leidenschaft einen ebenso gnadenlosen wie charmanten Verführer auf Squatriglia und die von ihm angebetete Nada loszulassen.

Und am Ende? Wenn man vielleicht nicht mehr recht weiß, wer nun eigentlich wen betrogen hat? Da findet man sich wieder im alltäglichen Wahnsinn des Theaters und beklatscht das Ausprobieren der Applausordnung für die Vorstellung, die schließlich doch noch stattfinden soll. Und zwar am 8., 9., 15., 16., 22. und 23. Januar, immer um 20 Uhr im Theater im Bahnhof Rechberghausen (Karten unter www.theaterimbahnhof.de)

Von Antje Albruschat, Freie Journalistin

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1 Kommentar

  1. Vielen Dank für die Veröffentlichung von Frau Albruschats Artikel. Das Ensemble IMPALA freut sich.

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