Sonntagsgedanken: Einer trage des anderen Last

Zufrieden lächelnd sitzt das alte Ehepaar mir gegenüber auf dem Sofa. Gerade haben sie mir berichtet von den vielerlei Höhen und Tiefen ihres gemeinsamen Weges.

SpringhoffUnd ich habe dabei gedacht, dass die Zufriedenheit in ihren Augen nicht selbstverständlich ist. Jetzt geht es um den Gottesdienst, den wir anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit feiern werden. Der Trauspruch der beiden soll im Zentrum stehen: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,2) Sie erzählen mir, was ihnen dieser Satz bedeutet. Und ich beginne zu ahnen, woher die Zufriedenheit in ihren Augen kommt. Sie haben Ernst gemacht mit diesem Satz. Sie haben miteinander Sorgen geteilt, Fragen diskutiert, Lasten getragen. Sie haben miteinander gelacht und geweint. Und in ihrem Miteinander haben sie gespürt, dass da einer bei ihnen ist, der sich mitfreut und der Lasten mitträgt. Gottes Segen haben sie erlebt im füreinander da sein.

Nachdenklich gehe ich später nach Hause. Könnten wir in unserem alltäglichen Miteinander, im Zusammenleben in unserer Gesellschaft uns nicht eine Scheibe abschneiden bei diesen zwei Menschen? Die waren sich auch nicht immer einig. Sie hatten verschiedene Interessen, unterschiedliche politische Ansichten und ihre je eigenen Sorgen. Aber sie haben nicht geklagt darüber, dass der Andere Unterstützung braucht und dass das anstrengend ist. Sie haben auch nicht den Mut verloren oder die Hoffnung aufgegeben, wenn sie nicht gleich eine Lösung gesehen haben. Sie haben eben Ernst gemacht mit diesem Bibelwort: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Dieser Satz wird uns übrigens als sogenannter Wochenspruch mit in die nächste Woche gegeben. Wie schön wäre es, wenn viele von uns damit Ernst machen würden – in der Familie, in der Nachbarschaft, im Dorf, in der Kirchengemeinde, im Stadtviertel. Ich bin sicher, es würde etwas spürbar werden von dem, der dann mitten unter uns ist, sich mitfreut und mitträgt; vom Segen Gottes.

Pfarrerin Miriam Springhoff

Dürnau

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